Politik

Murks mit Dienstrecht: Lehrer drohen mit Streik!

Heute Redaktion
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Die Regierung will das Lehrerdienstrecht am Dienstag im Ministerrat im Alleingang beschließen. SPÖ und ÖVP seien entschlossen, die Reform gegen den Widerstand der Beamtengewerkschaft durchzusetzen. Diese hofft auf eine Lösung in letzter Minute und droht mit Streik.

Die Regierung will das am Dienstag im Ministerrat im Alleingang beschließen. SPÖ und ÖVP seien entschlossen, die Reform gegen den Widerstand der Beamtengewerkschaft durchzusetzen. Diese hofft auf eine Lösung in letzter Minute und droht allenfalls mit Streik.

Das Lehrerdienstrecht steht kommenden Dienstag auf dem Ministerratsprogramm, wie bereits durchgesickert ist.  Am Montag soll es die letzten Gespräche dazu zwischen Gewerkschaft und Regierung geben.

Streik-Drohung

Chefverhandler Paul Kimberger (FCG) hofft weiter auf eine einvernehmliche Lösung. "Ich gehe davon aus, dass am Montag nicht die letzte Verhandlung stattfindet", sagte er am Freitag. Und weiter: "Ich appelliere an die Verantwortlichen, jetzt keinen unklugen Schritt zu setzen". Nachsatz: "Sonst müssen sie mit gewerkschaftlichen Maßnahmen rechnen."

Die Lehrer an den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) bereiten sich bereits auf eine Konfrontation vor: Die erweiterte Bundesleitung hat auf ihrer aktuellen Tagung einen Resolutionstext beschlossen, in dem von "gewerkschaftliche Maßnahmen bis hin zum unbefristeten Streik" die Rede ist.

Keine Annäherung in Knackpunkten

Kimberger räumt ein, dass Dienstgeber und -nehmer in den Knackpunkten - Gehalt, Arbeitszeit und Unterstützungspersonal zur Entlastung der Pädagogen - genauso weit auseinanderliegen, Lesen Sie die Streitpunkte unten weiter!

"Frotzelei"

Die Regierung hatte nach 33 Runden Mitte August ohne Zustimmung der Gewerkschaft einen Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt, rund 1.700 großteils negative Stellungnahmen sind dazu eingegangen. Eingearbeitet worden sei diese Kritik allerdings nicht, ärgert sich Kimberger. Für ihn ist das eine "demokratiepolitische Frotzelei".

Die Streitpunkte:


Unterrichtszeit: Ab 2019/20 sollen Junglehrer 24 Stunden/Woche (statt derzeit 20-22 Stunden) unterrichten, inklusive Lernzeiten bei Tagesbetreuung. Klassenvorstände bzw. Mentoren ersparen sich eine Stunde, auch Betreuungs-und Beratungsstunden gelten als Abschlagsstunden. Bleibt also mind. 22 Stunden klassischer Unterricht.
Gehalt: Einstiegsgehalt von 2.420 Euro brutto (Bundeslehrer derzeit: rund 2.220 Euro; Landeslehrer: 2.025) und 7 anstelle der derzeit 17 bis 18 Gehaltssprünge. Höchstgehalt nach 39 Jahren: 4.330 Euro (Bundeslehrer derzeit 5.140 Euro; Landeslehrer: 4.500 Euro) plus Zulagen (monatlich bis zu 36 Euro pro Wochenstunde). Extra Geld soll´s für etwa Bildungs-und Schülerberatung oder Berufsorientierung geben.
Ausbildung: Zulassung zum Unterricht künftig nach Abschluss des Bachelor-Studiums auch an AHS und BMHS. Derzeit ist dafür der Abschluss eines (etwas längeren) Magisterstudiums nötig.
Fachfremde Gegenstände: Laut Entwurf sollen Lehrer künftig vorübergehend aus wichtigen Gründen auch Fächer unterrichten dürfen, für die sie nicht lehrbefähigt sind. Das ist derzeit zwar schon in Haupt- und Neuen Mittelschulen Usus, wird aber trotzdem von der Gewerkschaft abgelehnt.


Seit über einem Jahrzehnt hat sich jede Regierung die Verabschiedung eines neuen Dienstrecht und Besoldungsrechts für Lehrer vorgenommen - jeweils ohne Ergebnis. Lesen Sie weiter: So lange murksen Regierungsverantwortliche schon herum.

Am 3. Mai 2012 haben zumindest die offiziellen Verhandlungen mit der Gewerkschaft begonnen, im August 2013 ging ein Entwurf in die Begutachtung. Die Chronologie vom Murks ums Dienstrecht:

 

August 2001: Die damalige Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) kündigt für das Schuljahr 2003/04 ein neues System der Lehrerbesoldung mit einer Anhebung der Einstiegsbezüge bei einem späteren Abflachen der Gehaltskurve an.
November 2008: Im Regierungsprogramm der rot-schwarzen Koalition findet sich die Einführung eines "zeitgemäßen und leistungsorientierten Dienst- und Besoldungsrechts für alle neu eintretenden LehrerInnen".
25. Februar 2009: Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) fordert von Lehrern, als "Solidarbeitrag" in der Wirtschaftskrise zwei Stunden mehr in der Klasse zu unterrichten. Die Gewerkschaft zeigt sich erbost.
20. April 2009: Schmied verzichtet auf die Anhebung der Unterrichtsverpflichtung und kündigt an, "gleich übermorgen" Verhandlungen über ein neues Dienstrecht zu beginnen.
5. April 2011: Start der Verhandlungen mit Gewerkschaftschef Fritz Neugebauer (ÖVP), Schmied, Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ), Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka (ÖVP) und VP-Bildungssprecher Werner Amon. Ziel ist ein Abschluss bis Ende 2011. Vertreter der Lehrergewerkschaft sind nicht eingeladen. Erst am 2. Mai beginnen die Gespräche mit der Lehrergewerkschaft auf Beamtenebene.
3. Mai 2012: Schmied, Heinisch-Hosek und Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) übergeben den Gewerkschaftern erstmals einen ausformulierten Gesetzesentwurf.
17. Mai 2012: Die Gewerkschaft fordert "ordentliche" Nachbesserungen, später spricht Chefverhandler Paul Kimberger (FCG) von einem "Lehrer-Sparpaket".
Juni bis Dezember 2012: Die Verhandlungen werden auf Beamtenebene fortgeführt - jeweils mit dem Ergebnis, dass die Gewerkschaft im Anschluss Nachbesserungen fordert.
 20. Dezember 2012: Schmied, Heinisch-Hosek und Fekter verständigen sich auf nicht näher präzisierte "marginale" Änderungen.
   Februar bis Mai 2013: Weitere Verhandlungsrunden - diesmal mit Ministerinnenbeteiligung - bringen kein Ergebnis.
 Juni 2013: ÖVP und Gewerkschaft fordern gemeinsam eine neue Arbeitszeitstudie und setzen auf einen Alternativentwurf, der in wesentlichen Punkten dem Regierungsmodell widerspricht. Die offiziellen Verhandlungen laufen ergebnislos weiter.
3. Juli 2013: Heinisch-Hosek und Schmied bzw. die Lehrer legen jeweils adaptierte Vorschläge vor. Das neue Regierungsmodell sieht eine um zwei Stunden geringere Unterrichtsverpflichtung für Klassenvorstände, Beratungslehrer und Mentoren vor.
5. Juli 2013: Fekter lehnt den Lehrer-Vorschlag als zu teuer ab.
16. Juli 2013: Die drei Ministerinnen sehen nach Verhandlungsrunde 31 eine "Fast-schon-Einigung" und nur noch Bedarf nach "Feinadjustierungen". Die Lehrer treten indes auf die "Euphoriebremse": Man sei noch "meilenweit" vom Abschluss entfernt.
27. Juli 2013: Auch nach der 33. Verhandlungsrunde gibt es keine Einigung. Vor allem die Lehrer an AHS und BMHS machen klar, dass die Differenzen in den Kernpunkten Arbeitszeit und Gehalt nach wie vor bestehen.
13. August: 2013: Die Regierung schickt ohne Zustimmung der Gewerkschaft einen Dienstrechtsentwurf in Begutachtung.
29. September 2013: Neuwahlen bringen keine wesentlichen Kräfteverschiebungen. ÖVP und SPÖ nehmen etwas später wieder Koalitionsverhandlungen auf.
11. November: Die Gewerkschaft erhält einen adaptierten, in den wesentlichen Punkten aber unveränderten Entwurf - wieder keine Einigung.