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Verwirrung um Musical "Phantom der Oper"

Heute Redaktion
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"Das Phantom der Oper" von und mit Deborah Sasson am 20.2. in Wien  danach in Bregenz und Salzburg
"Das Phantom der Oper" von und mit Deborah Sasson am 20.2. in Wien danach in Bregenz und Salzburg
Bild: Susannah V. Vergau

Im Februar laufen in Wien gleich zwei völlig unterschiedliche Inszenierungen des Musical-Klassikers innerhalb einer Woche in der Stadthalle. Fans sind nun verunsichert, wir klären auf.

Den Engel der Muse einmal live singen zu hören – das wünschen sich viele Musical-Fans (vor allem zu Weihnachten). Gar nicht inspirierend ist dann aber der Ärger, wenn der Gesang von Chormädchen Christine so gar nicht mit den Ohrwürmern im Kopf harmoniert. Und auch sonst (Text, Handlung, Schauspiel, Kostüme, Bühne) alles irgendwie anders – und im schlimmsten Fall schlechter – als erwartet ist. So scheint es, glaubt man einigen Internet-Foren und enttäuschten "Heute"-Lesern, bei der "Phantom der Oper"-Produktion von Central Musical Company & ASA Events der Fall zu sein.



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Es gibt mehrere Bühnenfassungen des Kult-Romans

Der Grund dafür ist einfach: "Das Phantom der Oper" von Andrew LLoyd Webber und Richard Stilgoe von 1986 ist zwar die (kommerziell) erfolgreichste und eindeutig bekannteste, keinenfalls aber die einzige und originale (Ken Hill kam Webber bereits 1976 zuvor) Bühnenfassung des legendären Gaston-Leroux-Stoffs. Das wissen viele Konsumenten nicht – und genau damit kokettieren (wie bei anderen weltberühmten Musicals, akuell u.a. "Les Misérables") Produzenten bzw. Veranstalter, um den Kartenverkauf in die Höhe zu treiben.

Das Phantom der Oper ist ein Roman des französischen Journalisten und Schriftstellers Gaston Leroux, der in Fortsetzungen in der Zeitung Le Gaulois vom 23.9. 1909 bis zum 8.1.1910 veröffentlicht wurde. Die Geschichte wurde mehrfach verfilmt, und es existieren auch vier Bühnenfassungen des Stücks. Die bekannteste Bearbeitung des Materials stellt das gleichnamige Musical von Andrew Lloyd Webber und Richard Stilgoe dar. Die Geschichte spielt in der Pariser Oper. Die Solistin Carlotta ist erkrankt, das Chormadchen Christine springt ein und singt so klar und fehlerfrei, dass hier etwas nicht stimmen kann. Richtig, das Phantom bringt Christine das Singen bei, erwartet als Gegenleistung ihre Liebe. Doch Christines Herz gehort Graf Raoul de Chagny. Der neue Opernstar muss sich entscheiden. Ihr Verstand spricht fur das Phantom, ihr Herz fur Raoul.

Arbeiterkammer bekrittelt "irreführende Werbung"

Um böse Überraschungen zu vermeiden, warnte die Arbeiterkammer Österreich kürzlich vor "falschen Erwartungshaltungen" und bezieht sich dabei auf eben jene oben genannte Inszenierung, die am 28.2.2018 unter dem Titel "Das Phantom der Oper – Deutsche Neuproduktion von Arndt Gerber & Paul Wilhelm" (Central Music Company & ASA Events) in der Wiener Stadthalle läuft. Die AK beklagt die "irreführende Bewerbung", dafür wird nämlich "der bekannte Titel ,Das Phantom der Oper' abgekupfert". Es gehe dabei aber "nicht um das Musical von Andrew Lloyd Webber, sondern um ein völlig anderes. Aus der Werbung geht das aber nicht klar hervor."

ASA ist "enttäuscht und überrascht"

ASA Events zeigt sich auf "Heute"-Anfrage von dem AK-Bericht "enttäuscht und überrascht", kann den Wirbel nicht verstehen. "Wir reden hier von einer Produktion, die seit 20 Jahren am Markt ist und über 1.200 Vorstellungen vor über 1 Million Besuchern gespielt hat."

Produzent Tings: "Nach Warnung verwechselt man uns"

Besonders ärgerlich ist die schiefe Optik des ohnehin schon sehr entstellten Operngeists aber nicht nur für möglicherweise irregeleitete Konsumenten, sondern für den Produzenten einer weiteren "Phantom der Oper"-Fassung, die ausgerechnet acht Tage davor ebenfalls in der Stadthalle gezeigt wird: Dieter Tings (3for1 Trinity Concerts GmbH): "Wir haben wegen der Warnung der AK vor der anderen Bühnenfassung nun auch extreme Einbußen beim Verkauf – und das, obwohl WIR uns weder in Bewerbung noch in der Inszenierungs selbst mit den Federn des vermeintlichen Webber-Originals schmücken wollen."

Sasson will sich ganz klar von Webber abheben

Ganz im Gegenteil: "Unsere deutschsprachige Neuinszenierung von und mit Deborah Sasson dreht sich nicht nur, wie bei Webber, um die Dreiecks-Liebesbeziehung. Das Musical mit Texten von Jochen Sautter entstand zum 100. Geburtstag des 1910 von Gaston Leroux geschriebenen Romans ,Le Fantome de l'Opera' und hält sich viel naher an die Romanvorlage – und in großen Teilen der Musik, die Sasson selbst komponierte, sind bekannte Opernzitate eingebunden. Dazu gibt's modernste 3D-Videotechnik, die eine perfekte Buhnenillusion kreiert. Sie ermöglicht, fließende Ubergange zwischen den einzelnen Szenen zu schaffen, sowie Bilder vom Ballsaal der Oper, von Kunstlergarderoben, vom Friedhof, von geheimen Gangen und nicht zuletzt vom See und von den geheimen Gemachern des Phantoms tief unter der Oper entstehen zu lassen." Dass sich die Fassung der Central Music Company gleich hinten dranhängte (die Chronologie der Terminfindung bezweifelt ASA wiederum, Anm.), ist für Tings kein Zufall: "Und für den Konsumenten, der nur ,Das Phantom der Oper' liest, ist der Unterschied da natürlich fast nicht zu erkennen."

Lust auf eine Kostprobe? Sasson und Olzinger in Aktion

Sasson: "Bei Webber gibt's nur die Liebesstory, sonst nichts"

Auch die Bostoner Sopranistin Sasson, sie singt die Titelpartie, ärgert sich im "Heute"-Talk: "Es ist so schade. Bei Webber gibt's nur die Liebesgeschichte, sonst nichts. Aber der Roman von Gaston Leroux bietet doch so viel mehr Stoff. Wir haben versucht, zu zeigen, warum Erik zu diesem Wesen geworden ist. Wenn mehr Menschen das Buch lesen würden, wüssten Sie, dass Webbers Werk gar kein ,Original' sein kann."

Zwei Inszenierungen innerhalb einer Woche in Wien

Zwei Musicals, die sich "Phantom der Oper" nennen, innerhalb von acht Tagen an ein und derselben Spielstätte – darf das denn überhaupt sein? "Natürlich", so Martina Amon, Sprecherin der Wiener Stadthalle. "Wir sind ja nur Vermieter und buchen die Veranstaltungen, sofern sie gegen nichts verstoßen, ein. Über Inhalte von Verträgen können wir aber natürlich keine Auskunft geben. Und was den Termin betrifft, dafür ist der Veranstalter Ansprechpartner. Wichtig ist aber schon, dass sich der Kunde, bevor er Tickets kauft, informiert, was er da genau kauft. Das liegt in seiner Verantwortung."

LSK: "Wussten nichts von der zeitlichen Nähe"

Katharina Lattermann von LSK (Veranstalter der Sasson-Produktion in Österreich) sieht das ähnlich – mit einem großen Aber, was das mehr als schlechte Timing betrifft: "Von dieser zeitlichen Nähe zum anderen Stück wussten wir gar nichts. Ursprünglich gab es eine Vereinbarung mit der Stadthalle, diese zwei Produktionen jährlich alternierend zu zeigen. Für uns ist die AK-Warnung hinsichtlich der ASA-Show natürlich geschäftsschädigend. Die Karten gehen jetzt viel schlechter weg, deshalb haben wir auch unsere Werbestrategie angepasst."

Kritik auch an Sasson-Produktion

Natürlich finden sich auch über die Inszenierung von und mit Deborah Sasson neben vielen positiven auch einige negative Einträge im Netz – wie bei Webber übrigens auch. Tings meint dazu: "Wir versuchen den Zuschauern zwei Stunden bestes Entertainment zu bieten, Broadway nach Wien zu bringen, mit einem großen Orchester, einem großartigen Ensemble, mit Weltstar Deborah Sasson und mit einem spektakulären Bühnenbild, welches wir jedes Jahr upgraden . Zu 90 % haben wir jeden Abend Standing Ovations, übrigens auch von Fans der Webber-Version."

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