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Mysteriöses Leuchten am Himmel über Russland

Eine riesige leuchtende Kugel über Sibirien hat zu wilden Spekulationen über ihren Ursprung gesorgt. Inzwischen weiß man mehr.

Heute Redaktion
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Die Einwohner Nordsibiriens wurden in der Nacht auf Freitag Zeugen eines bemerkenswerten Spektakels am Nachthimmel. Dort erschien aus dem Nichts eine riesige leuchtende Kugel, die immer grösser wurde, bevor sie laut Augenzeugen zu einem Bogen wurde und langsam verschwand.

Das Phänomen konnte über ein riesiges Gebiet beobachtet werden. Die "Siberian Times" zitierte Zeugen aus den Städten Salechard und Streschewoi, die rund 840 Kilometer entfernt voneinander liegen. Viele Menschen fotografierten oder filmten die Erscheinung, darunter auch professionelle Fotografen, die es eigentlich auf Nordlichter abgesehen hatten.

Auf Social Media war schnell von der Ankunft eines Ufos oder einem Riss im Raum-Zeit-Kontinuum die Rede. Andere vermuteten, das Ende aller Tage sei gekommen. "Ich ging raus, um eine Zigarette zu rauchen und dachte, es sei der Weltuntergang", sagte ein Augenzeuge der "Siberian Times".

Mensch gemacht

Doch so furchteinflössend das Ereignis auch gewesen sein mag, Aliens hatten damit nichts zu tun. Die Erklärung ist deutlich trivialer, wenn auch trotzdem nicht ganz unbedenklich. Denn was die Menschen sahen, war eine Begleiterscheinung eines Raketentests. Und zwar dem einer Topol-M-Interkontinentalrakete, die in der Lage ist, nukleare Sprengköpfe an beinahe jeden Punkt der Erde zu transportieren.

Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums ist die Interkontinentalrakete vom Weltraumbahnhof Plessezk im Nordwesten Russlands abgefeuert worden. Sie habe ein Ziel im Übungsgebiet Kura auf der Halbinsel Kamtschatka Tausende Kilometer entfernt getroffen. Die Testreihe, bei der noch drei weitere atomwaffenfähige Langstreckenraketen eingesetzt wurden, wurde laut Nachrichtenagentur Interfax von Präsident Wladimir Putin persönlich beaufsichtigt.

Sonnenbeleuchtete Abgase

Experten gehen davon aus, dass die Leuchtkugel entstand, weil Abgase der Topol-M-Rakete von der Sonne angestrahlt wurden. Denn die Sonne war für die Menschen in Nordsibirien zwar hinter dem Horizont verschwunden, ihre Strahlen erreichten aber die Abgase der Rakete, die hoch oben in der Atmosphäre hingen.

Der Astrophysiker Jonathan McDowell vom Harvard-Smithsonian-Astrophysikzentrum sagte dem "National Geographic": "Raketenabgase breiten sich über hunderte von Meilen aus und wenn das Sonnenlicht dann genau richtig hinein scheint, ist diese Blase sichtbar." Hätte der Test also zwei Stunden später stattgefunden, wäre die Blase unsichtbar gewesen und die Menschen in Nordsibirien hätten eine Geschichte weniger gehabt, die sie ihren Enkeln erzählen können. (jcg)