Gesundheit

Nach 48 Jahren droht Mutter-Kind-Pass das Aus

Seit 1994 sei der Tarif der Untersuchungen nicht mehr angepasst worden, beklagt die Ärztekammer. Ebenso fordert man eine Digitalisierung des Passes.

Sabine Primes
Die Durchführung der Untersuchungen ist Voraussetzung für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes.
Die Durchführung der Untersuchungen ist Voraussetzung für den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes.
Ernst Weingartner / Weingartner-Foto / picturedesk.com

Der Mutter-Kind-Pass gilt in Österreich als Errungenschaft. Ab dem Zeitpunkt der ärztlich bestätigten Schwangerschaft, begleitet er die kindliche Entwicklung bis zum fünften Lebensjahr. Die Durchführung der Untersuchungen in der Schwangerschaft und bis zum 14. Lebensmonat des Kindes ist Voraussetzung für den Erhalt des Kinderbetreuungsgeldes in voller Höhe. Für den vollen Bezug des Kinderbetreuungsgeldes sind fünf Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen der werdenden Mutter und die ersten fünf Untersuchungen des Kindes verpflichtend durchzuführen und durch die ärztlichen Bestätigungen im Mutter-Kind-Pass nachzuweisen.

Eingeführt vor mittlerweile 48 Jahren, konnte die Sterblichkeit von Müttern und Säuglingen deutlich reduziert werden. Nun droht die Ärztekammer im Zuge von Reformverhandlungen mit dem Gesundheitsministerium, diese Kassenleistung zu streichen.

Tarifanpassung und Digitalisierung gefordert

Der Grund: Mittlerweile bietet die Gesundheitsvorsorge im Rahmen des Mutter-Kind-Passes mehr Untersuchungen als ursprünglich, denn auch die Medizin hat sich in 50 Jahren entwickelt. Jedoch wurden seit 28 Jahren die Tarife nicht einmal an die Inflation angepasst. So sei es bis heute beim ursprünglichen Honorar von 18,02 Euro geblieben, obwohl sich die Vorsorge-Leistungen seit 1994 deutlich erhöht hätten. "Seit Jahren führen Ärzte diese so wichtigen medizinischen Untersuchungen unter diesen Voraussetzungen weiterhin engagiert durch, da ist es verständlich, dass sie – nach 28 Jahren – auch endlich eine Anerkennung dafür sehen wollen", sagt Edgar Wutscher, Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte der ÖÄK (BKNÄ): Es gebe keinen anderen Beruf, der 30 Jahre lang nicht einmal eine Wertanpassung erhalten habe: "Dass gerade bei der Gesundheit von jungen Familien seit Jahrzehnten gespart wird, ist ein verheerendes Signal", sagt Wutscher gegenüber der Ärztezeitung. Ebenso fordert man eine Digitalisierung des derzeit noch analogen gelben Heftchens.

Verhandlungen laufen, Ärztekammern drohen mit Ausstieg

Ärztekammer und Gesundheitsministerium verhandeln derzeit intensiv über eine Reform des Mutter-Kind-Passes. Um Druck auszuüben, hat die Ärztekammer nun öffentlich eine Drohung ausgesprochen: In Wien, Niederösterreich und der Steiermark sei der Ausstieg aus dem Mutter-Kind-Pass bereits mit Ende März 2023 beschlossen, in den Ärztekammern in Oberösterreich und Kärnten würden die Vorbereitungen dafür laufen, heißt es.