Österreich

Nach Köpfler gelähmt: "Jetzt bin ich Spitzensportler"

Mit 17 Jahren erlitt Andreas Ernhofer eine inkomplette Querschnittslähmung. Er kämpfte sich zurück und ist heute ein erfolgreicher Para-Schwimmer.

Christine Ziechert
Para-Schwimmer Andreas Ernhofer (25) holte WM-Silber und zweimal EM-Bronze. 
Para-Schwimmer Andreas Ernhofer (25) holte WM-Silber und zweimal EM-Bronze. 
zVg

Dass Wasser sein bevorzugtes Element ist, kann Andreas Ernhofer (26) nicht abstreiten: Doch das kühle Nass am Steinbrunner See (Bgld.) kostete ihm im August 2014 beinahe das Leben: "Ich habe einen Köpfler gemacht und bin dabei in einem ganz schlechten Winkel auf die Wasseroberfläche geprallt. Drei Halswirbel waren gebrochen, von den Schultern abwärts habe ich plötzlich nichts mehr gespürt", erinnert sich der Deutsch-Wagramer (NÖ) im Gespräch mit "Heute".

Doch Ernhofer hatte Glück im Unglück, er war damals nicht allein am See: "Meine Cousins haben mich aus dem Wasser geholt. Sie haben mir das Leben gerettet." Im Krankenhaus erhielt der damals 17-Jährige dann die Diagnose inkomplette Querschnittslähmung: "Die Erstdiagnose war, dass ich Arme und Beine nie wieder bewegen kann. Zum Glück hat sich das nicht komplett bewahrheitet. Aber damals konnte ich mir nicht einmal selbst die Zähne putzen. Das war mein absoluter Tiefpunkt", meint der 26-Jährige. 

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    EXPA / APA / picturedesk.com

    Funke fürs Schwimmen sprang bei Reha über

    Es folgten Reha und zahlreiche Therapien – eine sehr harte Zeit für Ernhofer: "Das erste halbe Jahr nach dem Unfall war sehr schwierig für mich – sowohl mental als auch körperlich. Mein Leben war völlig auf den Kopf gestellt. Ich wollte so schnell wie möglich wieder in die Schule einsteigen und nicht das ganze Schuljahr verlieren", erzählt der Niederösterreicher.

    Doch mit Hilfe seiner TGM-Schulkollegen und viel Durchhaltevermögen konnte Ernhofer 2016 in der Ausbildungsrichtung Informationstechnologie erfolgreich die Matura absolvieren, begann danach Medizinische Informatik an der TU Wien zu studieren. Doch das Wasser ließ ihn nicht los: "Ich habe bei einem Reha-Aufenthalt das Para-Schwimmteam kennen gelernt. Das hat wieder meine Lust aufs Schwimmen geweckt. Ich habe mich dann beim Behinderten-Sport-Verein Weißer Hof in Klosterneuburg gemeldet. Damals habe ich nicht gedacht, dass es so weit gehen wird." 

    "2018 habe ich bei der EM in Dublin Bronze in 50 Meter Brust geholt. Das war ein sehr emotionaler Moment für mich. Da habe ich beschlossen: Das möchte ich wieder erleben" - Andreas Ernhofer

    Doch der Funke war bei Ernhofer entfacht: "Ein Trainer im Weißen Hof hat mir die richtige Technik beigebracht, ohne Beine zu schwimmen", so der 26-Jährige, für den das Hobby schließlich zum Lebensinhalt wurde. "2018 habe ich bei der EM in Dublin Bronze in 50 Meter Brust geholt. Das war ein sehr emotionaler Moment für mich. Da habe ich beschlossen: Das möchte ich wieder erleben."

    Der Sport dominiert derzeit seinen Alltag: "Ja, mittlerweile hat das Schwimmen das Studium überholt", lacht er. Aufgrund der Medaille gelang dem Niederösterreicher 2019 der Sprung zum Heeressport: "Ich bin dort finanziell abgesichert und verfüge über ein Netzwerk und Trainingsmöglichkeiten, die ich sonst nicht hätte."

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      Der 23-jährige Australier Rowan "Magnetbrain" Crothers gewinnt Gold in der Disziplin 50 Meter Schwimmen Freestyle S10. Er ist aber auch E-Sportler.
      Der 23-jährige Australier Rowan "Magnetbrain" Crothers gewinnt Gold in der Disziplin 50 Meter Schwimmen Freestyle S10. Er ist aber auch E-Sportler.
      Twitter.com/Magnetbrain
      "Ich will einmal sagen können: Ich bin der schnellste Schwimmer der Welt. Und eine Paralympics-Medaille wäre auch nicht schlecht – am besten in Gold!" - Andreas Ernhofer

      Von Montag bis Samstag trainiert Ernhofer etwa zwei Stunden täglich im Heeresleistungszentrum Südstadt in Maria Enzersdorf (NÖ), zweimal pro Woche steht Krafttraining für den Oberkörper am Programm – mit Erfolg. 2018 und 2021 erzielte er bei der EM in Dublin bzw. Madeira Bronze in 50 Meter Brust, 2022 bei der WM in Madeira Silber in 150 Meter Lagen. Zudem wurde er im vergangenen Jahr Österreichischer Staatsmeister im Para-Schwimmen. 

      Auf das Erreichte ist Ernhofer stolz, der 26-Jährige hat aber noch große Ziele: "Ich will einmal sagen können: Ich bin der schnellste Schwimmer der Welt. Und eine Paralympics-Medaille wäre auch nicht schlecht – am besten in Gold!", schmunzelt er.

      "Forbes" setzte ihn auf die "Top 30 unter 30"-Liste

      Derzeit hat das Schwimmen noch seine "volle Aufmerksamkeit", der Niederösterreicher denkt aber auch an berufliche Alternativen: "Wenn ich mit dem Studium fertig bin, würde ich gerne in die Forschung gehen, zum Beispiel zu 'Wings for Life' (Stiftung, die sich der Heilung von Querschnittslähmung widmet, Anm.), um bessere Reha-Möglichkeiten für Gelähmte zu entwickeln. Das wäre ein Traum, dort Fuß zu fassen."

      Ernhofer ist zudem als Motivations-Speaker in Firmen und Schulen unterwegs, wurde 2022 vom Wirtschaftsmagazin "Forbes" auf die Liste der 'Top 30 unter 30' gesetzt – eine große Ehre: "Ich versuche aus allem, das Beste zu machen. Ich habe nach dem Unfall sehr viel gelernt – etwa, was im Leben wirklich wichtig ist. Man nimmt oft Dinge als selbstverständlich an. Ich fühle mich dankbar und positiver. Ich bin jetzt in meinem Bonus-Leben und möchte keine Sekunde mehr vergeuden."