Einem Arbeiter musste nach einem Unfall im Lainzer Tunnel ein Unterschenkel amputiert werden. Heute müssen sich seine Vorgesetzten dafür verantworten.
Vor fast neun Jahren verlor der heute 37-jährige Arbeiter seinen rechten Unterschenkel: Bei Bauarbeiten im Lainzer Tunnel wurde der Mann von einem Muldenkipper rückwärts überrollt, weil der Fahrer ihn übersehen hatte.
Dem damals 28-Jährigen wurde dabei der rechte Oberschenkel-Kopf aus der Gelenkspfanne gerenkt. Zusätzlich erlitt der Arbeiter einen Bruch des oberen und unteren Schambein-Astes, des Steißbeins, einen doppelten Bruch des Oberschenkels, eine Zerreißung der Beckenboden-Struktur und massive Quetschungen am Unterschenkel, berichtet der ORF.
Fahrer wurde freigesprochen
Der Fahrer wurde bereits vor geraumer Zeit freigesprochen, da er – aufgrund der Bauart des Fahrzeuges – den im toten Winkel befindlichen Kollegen einfach nicht bemerken konnte. In den nächsten drei Tagen müssen sich allerdings der Gesamtbauleiter, zwei Bauleiter, der Baustellen-Koordinator und ein Sicherheits-Fachmann wegen fahrlässiger Körperverletzung vor Gericht verantworten.
Den Bauleitern wird vorgeworfen, arbeitsschutz- und sicherheits-technische Vorschriften missachtet zu haben. So waren damals etwa die Fußwege auf der Baustelle nicht von den Fahrwegen abgegrenzt. Zudem war das Rückwärtsfahren der bis zu 38 Tonnen schweren Fahrzeuge ohne Einweiser erlaubt – obwohl keine ausreichende Sicht vorhanden war. Diese wäre nur gegeben gewesen, wenn am Kipper zusätzliche Spiegel und ein Kamerasystem befestigt gewesen wären, worauf aus Kostengründen verzichtet wurde.
Dem Baustellen-Koordinator und dem Sicherheits-Fachmann legt der Staatsanwalt wiederum zur Last, sich nicht um Warnhinweise und Betretungs-Verbote gekümmert zu haben.
Nicht der einzige Unfall
Zusätzlich belastend: Der Arbeitsunfall mit dem 37-Jährigen war nicht der einzige Vorfall auf der Baustelle. Zwischen Ende Oktober 2007 und Anfang Juni 2008 kam es insgesamt zu vier Unfällen, bei denen jeweils Männer, die sich im toten Winkel befanden, von Baufahrzeugen angefahren wurden. Ein Arbeiter kam am 11. März 2008 sogar ums Leben, als er zwischen einem Beton-Mischwagen und einem Spritzmobil eingeklemmt wurde.
Neben dem Strafverfahren hat der 37-jährige Arbeiter laut ORF auch ein Zivilverfahren angestrengt, bei dem es unter anderem um Schmerzensgeld, eine Entschädigung für die erlittene Verunstaltung sowie Pflegegeld geht. Bis zur Erledigung des Strafprozesses ist dieses allerdings ruhend gestellt. (Red)