Der Grenzübergang zwischen Ägypten und dem Gazastreifen wird nach Berichten des ägyptischen Fernsehens am Freitag für Hilfslieferungen für das abgeriegelte Palästinensergebiet geöffnet. Das berichtete der staatsnahe TV-Sender Al Kahera News am Donnerstag unter Berufung auf nicht näher genannte "Quellen". Der Rafah-Grenzübergang ist der einzige nicht von Israel kontrollierte Zugang zum Gazastreifen. 20 Lastwägen mit Hilfsgütern sollen in einer Art "Probelauf" die Grenze überqueren dürfen, bevor über weitere Hilfslieferungen entschieden werde.
Steuert alles auf eine Eskalation an der Grenze zu? "Wir erleben eine schrittweise Eskalation, auch im Süden des Libanons", so der Nahost-Experte Marcus Schneider von der Friedrich-Ebert-Stiftung, der am späten Donnerstagabend in ORF-"ZIB2"-Studio mit Moderatorin Margit Laufer aus Beirut zugeschaltet war. Vorerst gebe es noch "Spielregeln", die Frage aber sei, was die Hisbollah tun werde, wenn Israel seine Bodenoffensive starte. "Dann haben wir einen Zwei-Fronten-Krieg", sollte die Hisbollah ihre Drohungen wahr machen, so Schneider. Das Ultimatum laute: Wenn Israel in den Gazastreifen einschreite, werde die Hisbollah eine zweite Front gegen Israel eröffnen.
"Im Augenblick sind das Drohungen", so Schneider, es sei aber "eine gravierende Situation", in der alles ganz schnell gehen könne. Der Libanon sei in einer schwierigen Lage, mit einer sozialen und wirtschaftlichen Krise. Er glaube, dass auch die Hisbollah diesen Konflikt eigentlich nicht wolle, aber sich selbst unter Zugzwang gebracht habe.
Israel könnte bei einem Kampf mit dem Libanon recht schnell Flughäfen bombardieren, für ausländische Menschen gebe es dann "kein Entkommen mehr". Aus dem Libanon ist am Donnerstag erneut eine Raketensalve auf Israel abgefeuert worden. Im Norden des Landes heulten am Donnerstag die Warnsirenen, wie das israelische Militär mitteilte. Es seien mindestens sechs Geschosse abgefeuert worden. Fünf seien in freien Gebieten eingeschlagen, eines sei von der israelischen Raketenabwehr abgefangen worden. Die Armee habe das Feuer erwidert und Ziele im Libanon angegriffen, hieß es.
In Sachen Hilfslieferungen glaubt der Experte, dass diese sehr wohl bei der Zivilbevölkerung im Gazastreifen ankommen werde. Das Problem sei aber vorerst die geringe Zahl an Gütern. Israel knüpfe weitere Hilfslieferungen daran, dass nicht die Hamas von den Gütern profitieren dürfe, was schwer zu überprüfen sein werde, so der Experte. In Ägypten wiederum sei die Furcht groß, man wolle nicht als Kollaborateur Israels angesehen werden – in den jüngsten Jahren hätten sich die Beziehungen zu Israel stabilisiert. Es bestehe jedenfalls die Gefahr eines Flächenbrandes, so der Experte, aus einem Zwei-Fronten-Kampf könne auch schnell ein Drei-Fronten-Kampf werden.
Eine weitere Gefahr droht nun aus dem Jemen. Im Jemen haben die Huthi-Rebellen eine großangelegte Mobilisierung von Dschihad-Kämpfern angekündigt, um die Hamas in ihrem Kampf gegen Israel zu unterstützen. Damit könnte die Terrororganisation Hilfe von einer schlagkräftigen Kampftruppe erhalten, die auch über Raketen mit größerer Reichweite verfügen. Denn die Bürgerkriegspartei, die im Westen weite Teile von Jemen kontrolliert, verfügt laut internationalen Beobachtern über ein massives Arsenal von ballistischen Raketen aus iranischer Produktion.
Über die nötige Reichweite, um das gut 1.800 Kilometer entfernte Israel zu erreichen, würden aber nur die wenigsten Raketen verfügen. Westliche Beobachter fürchten aber, dass die antisemitischen Rebellen Organisationen wie die Hisbollah mit Waffen und Kämpfern ausstatten könnten.