Wien

Nazi-Rapper Mr. Bond dichtete das "Adolf Unser"

Einer berüchtigten Figur aus der Neonazi-Szene drohen wegen ihrer Songtexte 20 Jahre Haft. Der 37-Jährige soll schon 2013 radikal gewesen sein.

Clemens Pilz
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"Mr. Bond" versteckte sich hinter einem Smiley, rechts sein mitangeklagter Bruder.
"Mr. Bond" versteckte sich hinter einem Smiley, rechts sein mitangeklagter Bruder.
Denise Auer

Hinter einem Smiley-Sticker versteckte er sein Gesicht vor den Pressefotografen, zum Lachen war dem gebürtigen Lienzer am Dienstag vor dem Wiener Landesgericht aber nicht zumute. Denn die Vorwürfe gegen ihn wiegen schwer: Als Nazi-Rapper "Mr. Bond" soll der Versicherungsangestellte fünf Alben und zwei Musikvideos mit NS-verherrlichenden Texten produziert und dadurch gegen das Verbotsgesetz verstoßen haben. Wegen besonderer Gefährlichkeit drohen dem Angeklagten bis zu 20 Jahre Haft, schwer bewaffnete WEGA-Beamte sicherten den Prozess.

Vor Gericht stand neben dem radikalen Musiker auch sein Bruder, der bei der Verbreitung der Songs geholfen haben soll und laut Anklage eine Webseite betrieb, auf der jüdische Persönlichkeiten und deren Unterstützer angeprangert wurden. Die Geschwister wollten keine Fragen beantworten und blieben bis auf die Verlesung von vorbereiteten Stellungnahmen stumm. Der Rapper bekannte sich dabei vollinhaltlich schuldig: Er habe erst in der 14-monatigen U-Haft eingesehen, "dass das falsch war. Ich war verblendet und erkenne erst jetzt die Tragweite meines Handelns", so der Erstangeklagte. "Es tut mir Leid." Sein Bruder legte ein Teilgeständnis ab.

Ins Visier des Geheimdiensts war der Lienzer 2019 nach dem Anschlag in Halle (D) geraten, bei dem ein antisemitischer Terrorist zwei Menschen erschoss. Der Attentäter übertrug seine Tat live ins Internet und untermalte den Stream mit einem Lied des NS-Rappers "Mr. Bond". Über Daten des Bezahldienstes "PayPal" gelang es den Verfassungsschützern schließlich, den 37-Jährigen als Interpreten auszuforschen. 

Vaterunser umgedichtet, Reichskriegsflagge über dem Bett

Die Vorwürfe beziehen sich auf den Zeitraum zwischen 2016 und 2019, rechtsextremes Gedankengut hegte der Angeklagte laut einem Verfassungsschützer, der als Zeuge vernommen wurde, aber schon lange davor. 2013 habe der spätere Nazi-Musiker etwa das Vaterunser als "Adolf Unser" umgedichtet. Das gehe aus umfangreichen Beweismitteln hervor, die bei zwei Hausdurchsuchungen sichergestellt wurden. Neben diversen Datenträgern und belastenden E-Mails fanden die Ermittler dabei auch Nazi-Literatur, Fahnen mit verbotenen Symbolen und Waffen. Über dem Bett des Erstangeklagten war eine Reichskriegsflagge aufgehängt.

Mit seiner Musik soll der 37-Jährige auch Spenden gesammelt haben. So kamen laut Staatsschutz 25.000 bis 28.000 Euro in Bitcoin zusammen, die der Rapper von Unterstützern in den USA, Kanada, Deutschland und dem nördlichen Europa erhielt. Seine Songs wurden hunderttausendfach abgerufen und bescherten dem Angestellten, der im "echten Leben" wenig soziale und berufliche Erfolge vorweisen konnte, treue Fans in der internationalen rechtsextremen Szene.

Vier Nazi-Songs vorgespielt

Beklemmend wurde es, als der Richter drei deutsche und einen englischen Song des NS-Rappers vorspielen ließ. Zwanzig Minuten lang hörten die Geschworenen die hetzerischen Texte. In den musikalisch eher belanglosen Liedern wurde die Vergasung von Juden gefeiert, das Dritte Reich verehrt und dunkelhäutige Menschen verunglimpft. Auf den Alben des Osttirolers sind Adolf Hitler, ein Hakenkreuz und deutsche Panzer abgebildet, für die Anklageschrift wurden seitenweise Textzeilen wie "Scheiß auf Juden, ich werde ein Lager bauen und sie dorthin schicken und stelle sie meinem Nigga-Doktor Mengele vor" vom Englischen ins Deutsche übersetzt. Die Werke verherrlichen auch rechtsextremen Terror wie das Attentat in Christchurch (Neuseeland), bei dem 51 Menschen ermordet wurden.

Ein Urteil wird am Donnerstag erwartet, "Heute" berichtet.