Politik

Männer schlagen ihre Frauen im Lockdown öfter

In einer Pressekonferenz stellten Nehammer und Raab eine Studie vor, die sich mit häuslicher Gewalt während der Corona-Pandemie auseinandersetzt.

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vlnr.: Leiter des Markt- und Meinungsforschungsinstituts OGM, Wolfgang Bachmayer, Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP).
vlnr.: Leiter des Markt- und Meinungsforschungsinstituts OGM, Wolfgang Bachmayer, Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP).
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Am Montag präsentierten Innenminister Karl Nehammer, Frauenministerin Susanne Raab und der Leiter des Markt- und Meinungsforschungsinstituts OGM Wolfgang Bachmayer im Rahmen einer Pressekonferenz eine Studie zur häuslichen Gewalt während des Covid-19-Lockdowns im März und April 2020.

Der Lockdown hat dazu geführt, dass die Gesamtkriminalität in Österreich seit 16. März im Vergleich zum Vorjahr um 46,4 Prozent gesunken ist. Allerdings wurden während dieser Phase Steigerungen bei häuslicher Gewalt registriert.

Nehammer: "Blick hinter die Kulissen wichtig"

So eröffnete Innenminister Karl Nehammer die Pressekonferenz zu der Vorstellung der Studie. Dennoch sei der Kampf gegen häusliche Gewalt kein leichter, denn "die Polizei [wird] ja immer erst gerufen, wenn schon etwas passiert ist" und könne auch erst dann eingreifen. Die durchgeführte Studie beinhaltet nicht nur die polizeilich ausgewerteten Daten, sondern blickt auch "hinter die Kulissen".

Österreich nimmt, so Nehammer, eine Vorreiterrolle im Kampf gegen häusliche Gewalt ein. Seit 1997 gibt es ein Gesetz, welches die Frauen und Kinder vor familiärer Gewalt schützt. Neben den seit den 1990er-Jahren existierenden Betretungsverboten, gibt es seit dem 1.1.2020 zusätzlich die Möglichkeit, ein Annäherungsverbot auszusprechen. Dennoch stelle die Corona-Pandemie eine besondere Herausforderung hinsichtlich familiärer Gewalt dar.

"Gewalt hat in unserer Gesellschaft weder im öffentlichen Raum noch im privaten Bereich Platz."

Zwar ermöglichen diese Verbote der Polizei ein rasches Einschreiten, aber trotzdem ist nicht zu vergessen, dass nur dort eingegriffen werden kann, wo die Behörden verständigt werden. Daher sei es besonders wichtig, Betroffene dazu zu ermutigen, Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Frauennotrufe Österreich

Autonomes Frauenzentrum (Oberösterreich)
Telefon: 0732 – 60 22 00

Frauen gegen VerGEWALTigung (Tirol)
Telefon: 0512 – 57 44 16

Frauen Notruf Salzburg
Telefon: 0662 88 11 00

NotrufBeratung für vergewaltigte Frauen und Mädchen (Wien, Niederösterreich, Burgenland)
Telefon: 01 – 523 22 22

24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien
Telefon: 01 71 71 9

Frauenhelpline gegen Gewalt
Telefon: 0800 – 222 555

Verein Tara / Frauennotruf Graz
Telefon: 0316 – 31 80 77

Beratungsstelle Tamar – für sexuell missbrauchte Mädchen und Frauen
Telefon: 01 33 40 437

Der Lichtblick – Frauen- und Familienberatungsstelle
Telefon: 02167 – 3338

Raab: "Jeder einzelne Gewaltakt ist einer zu viel"

Frauenministerin Susanne Raab zeigt sich stolz und dankbar, dass Kräfte und Ressourcen gebündelt wurden, um gemeinsam besser zu werden – von der Prävention bis hin zur Intervention. Dennoch ruft sie in Erinnerung, dass im Jahr 2019 36.000 Fälle von Gewalt zur Anzeige gebracht wurden – der höchste Wert seit zehn Jahren. Allein in diesem Jahr gab es bereits 16 Frauenmorde bis August, 39 Frauenmorde waren es 2019.

"Jede fünfte Frau gibt an, mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer und oder sexueller Gewalt geworden zu sein", erklärte Raab.

Hinsichtlich der Maßnahmen zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt bzw. der Gewalt an Frauen wurden während des Lockdowns die Hilfsangebote für Frauen deutlich erhöht, so Raab. 24-Stunden-Frauen-Helplines in mehreren Fremdsprachen sowie Help-Chats wurden eingerichtet.

Dennoch wurde kein signifikanter Anstieg bei der häuslichen Gewalt verzeichnet. Einen "leichten Anstieg" gab es jedoch bei der Zahl der Betretungs- und Annäherungsverbote. Während es im Februar noch 886 waren, stieg die Zahl im April auf 1.081.

"Fazit ist also, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern in Punkto Gewalt gut durch die Krise gekommen sind."

Sie wisse aber, dass es sich hier um offizielle Zahlen handle und die Dunkelziffer dementsprechend höher sei. Daher warnt sie:

"Jeder einzelne Gewaltakt ist einer zu viel."

Ein wichtiges Ziel für sie als Frauenministerin ist es, den Gewaltschutz weiter zu stärken und Frauen und Kinder vor Gewalt zu bewahren. Auch im Bereich des Schutzes der Migrantinnen sei es Raab besonders wichtig, gegen Gewalt, Zwangsheirat und Unterdrückung der Frauen vorzugehen und patriarchale Methoden in Österreich zu brechen.

Wichtig sei es jetzt, weiter wachsam zu sein. Im Herbst verlagert sich das Leben nämlich wieder mehr in das Innere, wodurch auch wieder Konfliktpotenzial entstehe. Österreich sei mit seinem Beratungsangebot und den Maßnahmen der Polizei aber gut aufgestellt. "Sich als Frau aus einer Gewaltbeziehung zu befreien, ist ein sehr schwieriger Schritt", erklärte Raab in ihrer Ausführung. Daher brauche es hier auch viel Sensibilität bei den Polizeibeamten, die in solchen Fällen im Einsatz sind. Aus diesem Grund werde es einen gemeinsamen Gewaltschutz-Gipfel von Innen- und Frauenministerium mit internationalem Austausch zu diesem Thema geben.

"Wir wollen hier das Bewusstsein schärfen, dass jede Frau, jeder Mensch in Österreich, jede Familie das Recht auf ein gewaltfreies Leben hat. Ein gewaltfreies Leben ist die Basis für ein selbstbestimmtes Leben."

Bachmayer: "Vertrauen in Regierung in Krisenzeiten"

Der Leiter des Markt- und Meinungsforschungsinstituts OGM, Wolfgang Bachmayer, legte in seiner Ausführung die Ergebnisse der Studie detailliert dar.

Grundsätzlich habe die Studie ergeben, dass im Bereich der Wahrnehmung der Befragten, welche Art der Kriminalität im Lockdown zugenommen hat, 56 Prozent der Meinung waren, dass häusliche Gewalt zugenommen habe. Das öffentliche Bild zu häuslicher Gewalt habe sich durch mediale Berichterstattung erhöht, die persönliche Wahrnehmung dazu blieb aber unverändert, erklärte Bachmayer.

"Von einem enormen Anstieg im Bereich der Gewalt kann keine Rede sein."

Die Corona-Krise sorge, so Bachmayer, zudem dafür, dass das Vertrauen in die Politik steige, da "die Gesellschaft zusammenrückt und sich hinter den Regierenden schart".

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