Antragsflut im Nationalrat

Neos basteln an neuer Integrationspolitik

Mit gleich sechs Anträgen zur Integrationspolitik wollen die Neos zur Lösung der Herausforderungen in diesem Bereich beitragen. "Heute" kennt Details.

Robert Zwickelsdorfer
Neos basteln an neuer Integrationspolitik
Neos-Abgeordneter Yannick Shetty bringt neue Ideen in Sachen Integrationspolitik in die Debatte ein.
Helmut Graf

Eines der Themen, mit denen sich der Nationalrat in seiner ersten Sitzung in diesem Jahr auseinandersetzen wird, ist die Integration. Neos-Abgeordneter Yannick Shetty hat gemeinsam mit Kollegen in diesem Bereich mehrere Entschließungsanträge eingebracht. Die Palette ist dabei durchaus breit. Sie reicht von Staatsbürgerschaft bis zu legalen Fluchtwegen.

Während auf der einen Seite tiefgehende kulturelle und soziale Gräben sichtbar würden, wenn sich unter bestimmten Gruppen von Migranten und Flüchtlingen intolerante Haltungen gegenüber Frauenrechten, Homosexualität oder Andersgläubigen zeigten, gelinge es zugleich nicht, Personen ohne anerkannten Schutzbedarf konsequent rückzuführen. Andererseits würden ukrainische Müttern, die vor Krieg und Konflikt geflohen sind, auf ihrem Weg in die Eigenständigkeit durch Bürokratie gehindert und junge Asylwerber, die in Österreich eine Ausbildung absolviert haben, abgeschoben, so die Neos-Kritik in der Begründung der Anträge.

"Gravierende Fehlentscheidungen in bestehender Migrationspolitik"

Diese Problematik lege nahe, dass die bestehende Migrations- und Integrationspolitik zu "gravierenden Fehlentscheidungen" führe. Daher würden zu oft Personen, die sich erfolgreich in die Gesellschaft einbringen, abgeschoben, während andere, die Grundwerte unserer Gesellschaft ablehnen oder sogar bekämpfen, keine angemessenen Konsequenzen erlebten. Hier fordern die Neos ein Umdenken

Der erste Punkt betrifft ein verpflichtendes Integrationsjahr. Hier fordern die Neos Integrationsministerin Susanne Raab und Arbeitsminister Martin Kocher (beide ÖVP) auf, "nach niederländischem Vorbild ein umfassendes, verpflichtendes Programm für Asylberechtigte zu erarbeiten, das die Integration in Arbeit und Gesellschaft beschleunigt". Am Anfang dieses Integrationsjahres müsse ein verbindlicher Entwicklungsplan entwickelt werden, der auf die Fähigkeiten und Talente der Teilnehmerin bzw. des Teilnehmers abstellt. Je nach persönlicher Situation soll es dann verschiedene Entwicklungspfade Richtung Arbeit bzw. Ausbildung geben. Neben intensiven Sprachkurse und Programmteilen, die auf das Arbeitsleben vorbereiten sollen, dürften dabei auch Wertekurse und Orientierung in Österreich für Fortgeschrittene nicht zu kurz kommen. Während des Programms müssten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von einer Betreuungsperson begleitet werden, die bei Problemen und Fragen helfen und den Fortschritt der Teilnehmerinnen und Teilnehmer monitoren soll.

Jahrelange Verfahren "nicht vertretbar"

Ebenfalls auf dem pinken Wunschzettel: verpflichtende Deutsch- und Orientierungskurse ab dem ersten Tag für Asylsuchende. Diese seien "ein wesentlicher Teil der neuen Integrationspolitik". Es sei nicht vertretbar, Asylsuchende, insbesondere jene mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auf einen dauerhaften Aufenthalt, über Jahre hinweg ohne Integrationsmaßnahmen auf den Abschluss ihrer Verfahren warten zu lassen. Derartige verpflichtende Angebote würden das Zusammenleben zwischen Asylsuchenden und der aufnehmenden Gesellschaft von Anfang an verbessern und verhindern, dass die Zeit während des Asylverfahrens ungenutzt verstreicht. Die schnelle Integration von Personen mit anerkanntem Asylstatus sei ein allgemeines Ziel. Eine solide Basis durch Deutsch- und Orientierungskurse schon während der Asylverfahren sei dafür sehr förderlich, argumentieren die Neos.

Zudem würden diese Maßnahmen Verwirrung und Unmut sowohl bei Neuankömmlingen als auch bei der ansässigen Bevölkerung reduzieren und die Sozialsysteme entlasten. Selbst bei einem negativen Ausgang des Asylverfahrens seien die Bemühungen nicht umsonst, da Beschäftigung und Orientierung hinsichtlich der lokalen Gebräuche und Werte auch während des Verfahrens positive Auswirkungen auf das gesellschaftliche Miteinander haben.

Politik, die das Potenzial von Zuwanderung und kultureller Vielfalt als Bereicherung erkennt, ist essenziell, um gesellschaftlichen Zusammenhalt und Fortschritt zu fördern.
Yannick Shetty
Nationalratsabgeordneter Neos

Eine weitere Forderung: ein modernes Einwanderungsgesetz. Dieses müsse die Bürokratie reduziert. So sei aktuell die Situation rund um die Rot-Weiß-Rot- Karte durch Zuständigkeiten verschiedener Behörden – der Bezirksverwaltungsbehörde, des AMS und neuerdings auch der ABA (Austrian Business Agency) als Vermittler – geprägt, was das Verfahren für Unternehmen und Arbeitskräfte unnötig erschwere. Hier brauche es eine Kompetenzbereinigung, sodass nur eine einzige Behörde für die Abwicklung zuständig ist. Dadurch könnten Verfahren deutlich gestrafft und Fälle statt in Monaten innerhalb einer Woche behandelt werden. Ein überarbeiteter Kriterienkatalog, der sich an den Bedürfnissen der heimischen Wirtschaft und internationalen Best-Practice-Beispielen orientiere, solle das Verfahren ebenfalls erleichtern. Und: Die Neos plädieren auch für eine spezielle Rot-Weiß-Rot-Karte für Lehrlinge, um qualifizierte Jugendliche aus Drittstaaten für eine duale Ausbildung nach Österreich zu holen.

Ein viel diskutiertes Thema ist immer wieder der Einfluss aus dem Ausland auf Moscheen und Vereine – etwa der Türkei über die ATIB. Hier soll die Forderung nach sorgfältiger Prüfung dieser Einrichtungen aus extremistisches, demokratiefeindliches Agieren greifen. Auch hinsichtlich Vereinen und Moscheen müsse unsere liberale Demokratie wehrhaft sein und dürfe nicht zulassen, dass dort gegen ihre Werte gehetzt werde, argumentieren die Pinken. Deswegen sei es "unabdingbar", dass bei der Gründung sowie bei Verdachtsmomenten nach der Gründung sorgfältig und gründlich deren Tätigkeiten überprüft würden. Sollte sich bestätigen, dass die Räumlichkeiten ein Hort von extremistischem, demokratiefeindlichen Gedankengut ist, muss die Möglichkeit bestehen, etwaige Fördermittel zu streichen und sogar die dauerhafte Schließung veranlassen zu können.

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    Zudem brauche es eine Neuregelung der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Ziel dabei müsse sein, unnötige bürokratische und finanzielle Hürden zu minimieren, um engagierten Personen, die Österreicher werden möchten, diesen Weg zu erleichtern. Aktuell stünden viele vor der Herausforderung, hohe Gebühren zu bezahlen und eine Vielzahl an Dokumenten aus ihrem bisherigen Leben beizubringen, was den Prozess unnötig erschwere. Außerdem ist die Einkommensgrenze, die Voraussetzung für den Erwerb der Staatsbürgerschaft ist, zu hoch angesetzt. Gleichzeitig ist es entscheidend, dass neue Staatsbürger die demokratischen Grundwerte Österreichs nicht nur respektieren, sondern auch verinnerlicht haben. Daher sollten die Staatsbürgerschaftstests adaptiert werden: Statt trivialer Faktenfragen, wie etwa nach der Höhe des Stephansdoms, sollten diese Tests verstärkt auf das Verständnis und die Akzeptanz liberal-demokratischer Werte abzielen. Eine vertiefende mündliche Prüfung solle sicherzustellen, dass diese Werte nicht nur theoretisch verstanden, sondern auch praktisch gelebt würden.

    Parlamentarisches Procedere
    Die Neos bringen heute in der Sitzung des Nationalrats sechs Entschließungsanträge zum Thema ein. Diese werden dann verschiedenen zuständigen Ausschüssen zugewiesen. Im Fall des verpflichtenden Integrationsjahres und der verpflichtenden Deutsch- und Orientierungskurse ist das der Ausschuss für Menschenrechte. Für die Resettlement-Programme, die Prüfung von Vereinen und Moscheen sowie die Neuregelung der Verleihung der Staatsbürgerschaft ist der Ausschuss für innere Angelegenheiten zuständig. Der Antrag für ein modernes Einwanderungsgesetz wiederum wird dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zugewiesen. Dort werden die Anträge diskutiert und abgestimmt ehe sie zum endgültigen Beschluss oder zur Ablehnung ins Plenum des Nationalrats zurückgehen.

    Die Neos sprechen sich aber auch für forcierte Resettlement-Programme für schutzsuchende Personen aus. Für besonders gefährdete und schutzbedürftige Personen müssten auch legale Fluchtwege geschaffen werden. So könne Österreich gezielt Schutz bieten, ohne dass diese Menschen ihr Leben aufs Spiel setzen müssten. Durch geordnete Rettungsmaßnahmen würden zudem ausbeuterische Verhältnisse bekämpft und den Schleppern die Geschäftsgrundlage entzogen. In diesem Bereich fordern die Neos die Regierung zur Kooperation mit dem UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR auf.

    Neos fordern "konstruktive, sachorientierte Politik"

    "Es ist an der Zeit, konstruktive und sachorientierte Politik zu etablieren. Politik, die das Potenzial von Zuwanderung und kultureller Vielfalt als Bereicherung erkennt, ist essenziell, um gesellschaftlichen Zusammenhalt und Fortschritt zu fördern. Während eine faire sowie individuell ausgerichtete Integrationspolitik realisiert werden muss, gehören gleichzeitig Extremismen aller Art bekämpft. Österreich steht somit an einem Scheidepunkt, an dem es entscheidend ist, die Chancen der Multikulturalität zu nutzen und daraus eine Stärke zu machen, die allen Mitgliedern unserer Gesellschaft zugutekommt", sagt Neos-Abgeordneter Yannick Shetty.

    bob
    Akt.