Österreich

Neos erstatten Anzeige gegen Ex-KAV-Führung

Die Wiener Neos verdächtigen die Ex-Direktoren Janßen und Balasz der Bilanzenfälschung und schalten die Korruptionsstaatsanwaltschaft ein.

Heute Redaktion
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Die Untersuchungskommission zum Krankenhaus Nord (Floridsdorf) biegt in die Zielgerade. Wie der Klubchef der Wiener Neos Christoph Wiederkehr am Mittwoch in einer Pressekonferenz kritisierte, mehrten sich nun die Anzeichen, dass die rot-grüne Mehrheit in dem Endbericht nur Handlungsempfehlungen für die Zukunft, nicht aber die Frage der politischen Verantwortung beim Krisenspital thematisieren wollen.

"Es kann nicht sein, dass die Kernaufgabe der U-Kommission, nämlich die politische Verantwortung zu klären, einfach vom Tisch gewischt wird", erklärt Wiederkehr. Daher werden die Neos nun von sich aus aktiv und erstatten Anzeige gegen die ehemaligen KAV-Direktoren Udo Janßen und Thomas Balasz sowie Ex-Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ).

Angeblich geschönter Wirtschaftsplan als Stein des Anstoßes

Der Verdacht lautet auf Amtsmißbrauch und Untreue, konkret der Vorwurf dass die ehemalige KAV-Führung den Wirtschaftsplan 2018 beschönigt habe.

Im Jahr 2012 rechnete die Stadt für das KH Nord noch mit Errichtungskosten von 825 Millionen Euro. Diese Zahl ist kontinuierlich gestiegen, bis sich im Wirtschaftsplan 2018, der von dem ehemaligen Generaldirektor Udo Janßen unter Mitwirkung des den Finanzbereich zuständigen ehemaligen Direktors Thomas Balasz vorgelegt wurde, schließlich die Gesamtsumme von 1,289 Milliarden Euro fand.

"Im KAV-Wirtschaftsplan 2018, der im Oktober 2017 vorgelegt wurde, wurden die Kosten um weitere 200 Millionen Euro überschritten. Da diese Summe aber den von der Stadt festgelegten Grenzwert überschreitet, hätte der Gemeinderat die Erhöhungen genehmigen. Weil aber Janßen und Balasz im Wirtschaftsplan Regressforderungen von 200 Millionen Euro abzogen, bestand offenbar dazu kein Grund. Somit wurde der Gemeinderat um seine Kontrollrechte gebracht", kritisiert Wiederkehr.

Gemeinderat um Kontrolle betrogen?

"Würde das bei einem privaten Unternehmen geschehen, wäre das eine Bilanzfälschung", erklärt auch der Strafrechtsexperte und ehemalige Co-Leiter der Wirtschaftsgruppe in der Staatsanwaltschaft Wien Volkert Sackmann. "In den Wirtschaftsplan wird suggeriert, dass die 200 Millionen Euro an Rückforderungen wieder zurück kommen, realistisch wären aber maximal 50 Millionen Euro", so der Jurist.

Nun steht der Verdacht im Raum, dass der KAV gezielt eine unrichtige Darstellung des Wirtschafts- und Finanzplanes vorgelegt habe und den Wiener Gemeinderat als Kontrollorgan umgangen habe.

"Den Organen des KAV kommt eine funktionale Amtsträgerschaft zu, die sie verpflichtet, mit den richtigen Informationen die rechtliche Voraussetzung für das Tätigwerden des Gemeinderats zu schaffen", so Sackmann.

Konkret heißt das, der KAV hätte die korrekten Zahlen liefern müssen, um dem Gemeinderat die Prüfung und ein Einschreiten zu ermöglichen. Das hätte dem Wiener Steuerzahler vermutlich viel Geld erspart.

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(v.li: Jurist Volkert Sackmann und Neos-Klubchef Christoph Wiederkehr, Bild: Neos Wien)

Neos wollen "große Köpfe" prüfen lassen

Mit der Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wollen die Wiener Neos nun prüfen lassen, ob hier ein strafrechtlich relevantes Fehlverhalten, etwa ein Missbrauch der Amtsgewalt vorliegt und wie weit Ex-Stadträtin Wehsely darin beteiligt war oder davon gewusst hat.

"Es sind bereits einige Verfahren anhängig, doch diese betreffen die eher kleinen Player wie etwa den Energetiker", so Wiederkehr. Nun gehe es erstmals darum, auch die Verantwortung der großen Köpfe durch die Staatsanwaltschaft prüfen zu lassen.

Auch Verdacht auf Misswirtschaft

Für Kritik sorgt auch die Aufnahme eines Kredits für das KH Nord bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) im Juli 2010. Für diesen seien keine Vergleichsangebote eingeholt worden, die genauen Kreditkonditionen seien erst nach Abschluss der Verträge und auf Basis mündlicher Vereinbarungen in das Auszahlungsangebot der EIB eingeflossen.

Zudem sei Ende 2010 eine Gesamtsumme von 225 Millionen Euro abgerufen wurden, obwohl das Geld zu dieser Zeit gar nicht benötigt wurde. Wer oder warum diese Entscheidung getroffen hat, ist offen, die Anzeige bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft richtet sich gegen eine unbekannte Person. Fix ist aber, dass dadurch durch den Zinsaufwand ein Schaden von rund 30 Millionen Euro entstanden ist. Wäre der Kredit hingegen in einzelnen Tranchen abgerufen worden, hätte man sich das sparen können.

Wann die Staatsanwaltschaft zu ersten Ergebnissen kommt, lässt sich aus heutiger Sicht nicht sagen. "Die Staatsanwaltschaft muss sich gemeinsam mit Wirtschaftsprüfen genau anschauen, wie der KAV gewirtschaftet hat, das wird einige Zeit in Anspruch nehmen", so Jurist Sackmann. Laut einer vorsichtige Schätzung könnte man aber in zwei Jahren mehr wissen. (lok)

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