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Netanjahu: "Gabriel war äußerst instinktlos"

Heute Redaktion
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Israels Premierminister Benjamin Netanyahu nimmt zum Polit-Eklat Stellung.
Israels Premierminister Benjamin Netanyahu nimmt zum Polit-Eklat Stellung.
Bild: Reuters/Amir Cohen

Benjamin Netanjahu sagte ein Treffen mit dem deutschen Außenminister ab – in der "Bild"-Zeitung nimmt Israels Premier jetzt Stellung zum Polit-Eklat.

Weil sich Sigmar Gabriel weigerte, Anti-Israel-Organisationen zu treffen, die das Land diffamieren, ließ Netanjahu das geplante Treffen platzen. Jetzt erklärt Israels Premier, wie es dazu kam.

BILD: Herr Premier, in deutschen Zeitungen werden Sie als „Wladimir Tayyip Netanjahu" bezeichnet, israelische Medien sprechen vom größten Skandal seit Jahrzehnten – das alles nach der Absage Ihres Treffens mit dem deutschen Außenminister. Was ist mit dem deutsch-israelischen Verhältnis los?

Netanjahu: „Die Beziehung zwischen Israel und Deutschland ist außerordentlich stark. Sie beruht auf den gemeinsamen Werten unserer Völker. Israel ist die einzige wahre Demokratie im Nahen Osten. Deutschland trägt umfassend zur Sicherheit Israels bei, dafür sind wir sehr dankbar."

Was genau hat Sie veranlasst, das Treffen mit dem deutschen Außenminister abzusagen?

Netanjahu: „Mein Grundsatz ist ganz einfach: Ich empfange keine Diplomaten anderer Länder, die Israel besuchen und sich dabei mit Organisationen treffen, die unsere Soldaten Kriegsverbrecher nennen. Das ist der Grund, warum das Treffen nicht stattfand."

Bild: Was ist an Organisationen „Breaking the Silence" und „B'Tselem" problematisch?

Netanjahu: „,Breaking the Silence' ist keine Menschenrechtsorganisation. Ihr geht es darum, israelische Soldaten zu kriminalisieren. ,Breaking the Silence' ruft dazu auf, sie wegen Kriegsverbrechen vor Gericht zu stellen."

In Ländern wie China oder Russland treffen sich unsere Bundeskanzlerin oder unser Außenminister bei offiziellen Staatsbesuchen mit Menschenrechtsaktivisten oder oppositionellen Gruppen. Finden Sie nicht, dass dies auch in einer Demokratie wie Israel möglich sein sollte?

Netanjahu: „Ausländische Diplomaten dürfen sich gerne mit Aktivisten aus der Zivilgesellschaft, mit Oppositionsmitgliedern oder mit wem auch immer treffen. Sie können sich sogar mit ,Breaking the Silence' treffen. Doch meine rote Linie lautet, dass ich mich nicht mit Diplomaten treffen werde, die nach Israel kommen und radikalen Randgruppen Legitimität verleihen, die unseren Soldaten zu Unrecht Kriegsverbrechen vorwerfen, die Sicherheit Israels untergraben. Können Sie sich vorstellen, dass ein Diplomat vom US-Präsidenten oder der britischen Premierministerin empfangen würde, nachdem er sich mit NGOs getroffen hat, die amerikanische bzw. britische Soldaten als Kriegsverbrecher bezeichnen?"Als Außenminister Gabriel in Jerusalem eintraf, gedachte Israel des Holocaust – der sechs Millionen von den Nazis ermordeten Juden.

Bild: Hätten Sie angesichts dieses Datums mehr Sensibilität erwartet, vor allem von einem deutschen Politiker?

Netanjahu: „Ich finde, es war äußerst instinktlos, zu diesem Zeitpunkt ein solches Treffen stattfinden zu lassen. An diesen Tagen trauern wir um die im Holocaust ermordeten Angehörigen unseres Volkes und um unsere gefallenen Soldaten. Die israelische Armee ist die einzige Macht, die heutzutage die Sicherheit unseres Volkes gewährleistet."

Im Interview erklärte Netanjahu weiters, dass er telefonisch versucht hätte, seinen Standpunkt zu erläutern, Gabriel aber nicht abhob. Auf die Frage ob Gariel ein wahrer Freund Israels sei, sagte der Premier, "die deutsch-israelische Beziehung sei stark und wird es bleiben". Er hoffe bei Gabriels nächstem Israel-Besuch, dass sich dieser "mit ihm statt mit radikalen Randgruppen treffe", die Israels Sicherheit untergrabe. Weiters betonte Netanjahu, "dass es jedem frei steht, Israels Politik zu kritisieren".

(isa)

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