Gesundheit

Neue Gehirnkrankheit wirft Fragen auf

Kanadische Ärzte stießen auf Patienten, die ähnliche Symptome wie bei der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit aufwiesen.

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Eine mysteriöse Gehirnerkrankung ist in der kanadischen Provinz New Brunswick aufgetreten.
Eine mysteriöse Gehirnerkrankung ist in der kanadischen Provinz New Brunswick aufgetreten.
Getty Images

Der Neurologe Alier Marrero ist ratlos. In der Ortschaft Moncton in der kanadischen Provinz New Brunswick werden nun seit Jahren Patienten wegen der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, einer Krankheit im Gehirn, behandelt. Erkrankte leiden unter Gedächtnisschwund, haben Probleme beim Sprechen oder verlieren die Kontrolle über motorische Fähigkeiten. Doch immer mehr kommt vor, dass Patienten mit denselben Symptomen negativ auf Creutzfeldt-Jakob testen.

Seit 2015 wurden allein in Moncton 48 Personen ins Krankenhaus eingeliefert, sechs der Patienten sind bislang gestorben, wie "Washington Post" berichtet. Der Creutzfeldt-Jakob-Test zeigte bei allen ein negatives Ergebnis. Und: Die Krankheit nimmt alle Altersgruppen ins Visier, so waren unter den Erkrankten Personen im Alter zwischen 18 und 85 Jahren sowie Frauen und Männer. Forscher und Ärzte fragen sich nun, was hinter der neuartigen Krankheit stecken könnte.

Patienten denken, ihre Angehörigen wurden ausgetauscht

"Das schnelle Voranschreiten der Krankheit und die Konstellation der Symptome ist etwas, das ich noch nie gesehen habe", so Michael Strong, Neurologe des Kanadischen Institutes für Gesundheitsforschung.

Zunächst könne es bei Patienten zu Verhaltensänderungen wie Angstzuständen, Depressionen und Reizbarkeit kommen, zusammen mit unerklärlichen Schmerzen, Muskelschmerzen und Krämpfen bei zuvor gesunden Personen. Ein Symptom, das für Angehörige besonders verheerend ist, ist der Capgras-Wahn; der Glaube, dass Familienmitglieder durch Hochstapler ersetzt worden sind.

Blut-Proben wiesen keine eindeutigen Hinweise auf, woher die Krankheit stammen könnte. «Unsere erste gemeinsame Idee ist, dass es ein toxisches Element gibt, das in der Umgebung dieses Patienten erworben wurde und die degenerativen Veränderungen auslöst», sagt Doktor Marrero vom Dr. Georges-L.-Dumont University Hospital Center.

Stammt die Krankheit von Meeresalgen?

Demnach gibt es keine Behandlung, abgesehen von der Linderung der Beschwerden bei einigen der Symptome. Im Moment gehe man davon aus, dass die Krankheit nicht genetisch bedingt ist und dass sie eine zweijährige Inkubationszeit habe.

Ein Toxin, das den Forschern ins Visier geraten ist, ist Beta-Methylamino-L-Alanin, das von Cyanobakterien oder Blaualgenblüten produziert wird. Ein anderes ist Domoinsäure, ein natürlich vorkommendes Toxin, das von bestimmten Algenarten produziert wird und 1987 für einen tödlichen Ausbruch von kontaminierten Meeresfrüchten in Kanada verantwortlich war.

Eindeutige Ergebnisse, dass die Krankheit auf die Algen in der Gegend zurückführen lässt, bleiben noch aus. Aufgrund der Corona-Pandemie gehe die Forschung sehr langsam voran, so Michael Strong.