Österreich

Neue Hightech-"Pfote" macht Henrys Hundeleben leichter

Ein Projekt an der Vetmed-Uni in Wien testet neue Prothesen an Tieren – Schäferhund Henry ist einer davon.

Christine Ziechert
Schäferhund Henry testet für die Vetmed-Uni eine neuartige Prothese.
Schäferhund Henry testet für die Vetmed-Uni eine neuartige Prothese.
Thomas Suchanek/Vetmeduni

60 Prozent des Körpergewichts lasten bei gesunden Hunden auf den Vorderpfoten. Ein Forschungsprojekt der Wiener Vetmed-Uni in Zusammenarbeit mit dem FH Technikum und der Orthopädietechnik-Firma Kerkoc versucht nun, durch eine innovative Prothese Hunden eine bessere künstliche Pfote zu ermöglichen und die negativen Auswirkungen auf andere (gesunde) Gliedmaßen zu minimieren..

Fünf Hunde sind derzeit Teil der Studie, Henry (5) ist einer davon. Der Belgische Schäferhund landete mit zwei Monaten im Tierheim. Als er sechs Monate alt war, verlor er beim Kampf mit einem Rottweiler seine rechte Vorderpfote: "Sein Glück war, dass ihm nicht der ganze Vorderlauf bis zur Schulter amputiert wurde – was in der Tiermedizin bei solchen Verletzungen durchaus üblich ist", erklärt Eva Schnabl-Feichter, Chirurgin an der Vetmeduni.

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    Hund Henry testet eine neuartige Hightech-Prothese der Vetmed-Uni.
    Hund Henry testet eine neuartige Hightech-Prothese der Vetmed-Uni.
    Thomas Suchanek/Vetmeduni
    "Einen Tag klappt es besser mit der neuen Prothese, am nächsten mag er nur mit der alten laufen" - Henrys Besitzerin Tina Sigala

    Henrys Ellenbogen ist intakt, wodurch er für die "Hightech-Vorderpfote" in Frage kam. Seine erste Prothese bekam der Rüde im Alter von einem Jahr. Diese ermöglichte es ihm, zu rennen und zu springen. Kurze Zeit später lernte er sein Frauerl Tina Sigala kennen, die sich sofort in den sanften Dreibeiner "verliebte": "Er war sehr menschenscheu, als ich ihn bekommen habe", erinnert sich Sigala.

    Neben der "alten" Prothese verwendet Henry auch die neue High-Tech-Version: "Einen Tag klappt es besser mit der neuen Prothese, am nächsten mag er nur mit der alten laufen", berichtet Sigala. Für den Fall, dass Henry beim Gassigehen die Kräfte verlassen, hat seine Besitzerin mit einem Wagerl vorgesorgt: "Das nutzt er sehr gerne. Schwupps, liegt er dort drin und wartet, dass ich ihn nach Hause ziehe, wenn er genug erkundet hat", erzählt sie lachend.

    "Wir sehen bei Tieren mit amputierten Gliedmaßen oft Probleme. Jedes Gramm weniger kommt seinen Gelenken zugute" - Tierärztin Eva Schnabl-Feichter

    Henry liebt es auch, zu schwimmen und geht mit seiner Prothese ins Wasser. Eine neue Schwimmweste unterstützt den Belgischen Schäferhund dabei. Während sich Henry im Wasser schwerelos fühlt, ist die Belastung an Land für seine Pfoten durchaus spürbar: "Wir sehen bei Tieren mit amputierten Gliedmaßen oft Probleme", meint Vetmed-Chirurgin Schnabl-Feichter.

    Denn durch die ungleichmäßige Gewichtsverteilung werden die intakten Pfoten überbelastet. Das Gangbild verändert sich und zieht eine ganze Reihe an Komplikationen und vor allem Schmerzen für die Tiere nach sich. Im Fall von Henry ist sein linker Vorderlauf nach innen zum Brustkorb verlagert, das Ellenbogengelenk durch die Fehl- und Überbelastung geschwollen. Die neuartigen Prothesen sollen diese Überbelastung abfedern: "Jedes Gramm weniger kommt seinen Gelenken zugute", so Schnabl-Feichter.

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      Mischling Mariechen lebte in Rumänien ein echtes Hundeleben
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      Wienerfellnasen

      Hund steuert Prothese selbst

      Die teilamputierte Gliedmaße wird genau vermessen und die Prothese individuell gefertigt. "Die Prothese wird über das intakte Gelenk gesteuert", erklärt FH-Student Dominik Schneeberger. Sobald das Ellenbogengelenk bewegt wird, bewegt sich die künstliche Pfote über eine Strebe nach unten. Befestigt sie über einen Brustpanzer, um den Druck über den Brustkorb abzulenken und so die Belastung von den Gelenken zu nehmen.

      Um die Fortschritte zu dokumentieren, sind regelmäßige Besuche im Bewegungsanalyse-Labor nötig. Henry läuft ein paar Mal ohne und ein paar Mal mit Prothese im Schritttempo über eine Messplatte. Eine Videokamera zeichnet das Ganze auf, die Messplatte registriert den Druck und erstellt am PC ein Gangbild anhand der Belastung seiner drei Pfoten und der Prothese.

      "Alles, was wir jetzt machen, ist nicht nur für Henry, sondern auch für nachfolgende Hunde" - Tina Sigala

      "Das ist der Beginn einer großen Sache", freut sich Veterinärin Schnabl-Feichter. Wenn alles klappt, wäre später sogar eine computergesteuerte Prothese für Hunde denkbar, die ein fehlendes Gelenk ersetzen kann. "Alles, was wir jetzt machen, ist nicht nur für Henry, sondern auch für nachfolgende Hunde", ist sich Besitzerin Tina Sigala sicher.