Österreich

Neue Schau über den "Traum vom neuen Menschen"

Heute Redaktion
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Er war Arzt, Wissenschafter und Stadtrat. Julius Tandler war eine zentrale Persönlichkeit des "Roten Wien". Der "Waschsalon im Karl-Marx-Hof" in Döbling widmet Tandler jetzt eine eigene Sonderausstellung. Am Mittwoch steigt die Eröffnung der Schau mit dem Titel "Julius Tandler oder Der Traum vom 'neuen Menschen'".

Er war Arzt, Wissenschafter und Stadtrat. Julius Tandler war eine zentrale Persönlichkeit des "Roten Wien". Der "Waschsalon im Karl-Marx-Hof" in Döbling widmet Tandler jetzt eine eigene Sonderausstellung. Am Mittwoch steigt die Eröffnung der Schau mit dem Titel "Julius Tandler oder Der Traum vom 'neuen Menschen'".
Unter der Ägide von Julius Tandler wurde soziale Hilfe zum Rechtsanspruch für alle, die sie brauchen. Ab 1920 war Tandler in Wien Stadtrat für Wohlfahrts- und Gesundheitswesen, statt einer "gewährten Gnade" entwickelte er das System der "geschlossenen Fürsorge". Anlässlich des 80. Todestags von Julius Tandler läuft im "Waschsalon im Karl-Marx-Hof" eine Schau über den Stadtpolitiker. Gezeigt werden etwa Briefe aus dem im "Josephinum" befindlichen Nachlass.

"Das Umfassende in Tandlers Gesundheitspolitik ist Teil seines umfassenden Menschenbildes gewesen, seines Traums vom 'neuen Menschen'", sagt Karl Sablik 2010 über Julius Tandler.

Aus einfachen Verhältnissen auf die Uni

Julius Tandler wurde am 16. Februar 1869 im mährischen Iglau (Jihlava) geboren. Bald darauf zog seine Familie nach Wien. Der aus einfachen Verhältnissen stammende Tandler brachte es dennoch bis zum Medizinstudium an der Wiener Universität. Emil Zuckerkandl, der Leiter des Anatomischen Instituts, wurde zu seinem Mentor. 1910 folgte Julius Tandler seinem Lehrer als Leiter des Anatomischen Instituts nach. Als engagierter Arzt und renommierter Wissenschafter sah Tandler seine Aufgabe nicht nur im Behandeln, sondern auch im Verhindern von Krankheiten, sagte "Nicht jeder Doktor der Medizin ist ein Arzt!"

Ab 1896 veröffentlichte Tandler erste wissenschaftliche Arbeiten. 1901 erschien der Atlas über die „Topographie des weiblichen Ureters mit besonderer Berücksichtigung der pathologischen Zustände und der gynäkologischen Operationen“ (Julius Tandler und Josef Halban), mit dem Tandler der wissenschaftliche Durchbruch gelang.

Neuorganisation des Fürsorgewesens

1919 wurde Tandler in den Gemeinderat gewählt. war mit der Ausarbeitung eines bundesweiten Krankenanstaltengesetzes befasst. Damit wird die Verpflichtung des Staates, sich an den Kosten der Heilbehandlung sämtlicher Staatsbürger finanziell zu beteiligen, zum ersten Mal gesetzlich verankert. Ab 1920 war Tandler als Stadtrat für das Wohlfahrts- und Gesundheitswesen für die Neuorganisation des Wiener Fürsorgewesens verantwortlich. Tandlers Wohlfahrtspolitik war umfassend – und deren Inanspruchnahme freiwillig: „Er zeigte, wie durch die einfachsten Maßnahmen ohne jede Androhung von Strafen hygienische Lebensnotwendigkeiten Eingang in die Bevölkerung gefunden haben“, schrieb die Vossische Zeitung 1927.

Fürsorge, Eheberatung und Säuglingspaket

Tandlers neues System der „Geschlossenheit der Fürsorge“ war neu und revolutionär. Die Gemeinde Wien errichtete ein dichtes Netz von Fürsorgestellen, das ab 1932 durch ambulante Dienste ergänzt wurde. Gleichzeitig erfasste die Fürsorge die Menschen von der Zeugung bis zum Tod und reichte weit in andere Bereiche hinein – von Infrastruktureinrichtungen in Wohnbauten über Sportstätten und Bäder bis hin zur Arbeitslosenunterstützung.

Aufsehenerregend war auch, dass Tandler eine Eheberatung einführte, in der auch über Empfängnisverhütung informiert wurde. Und: Auf Initiative Tandlers wurde 1927 das Säuglingswäschepaket eingeführt – eine kostenlose Erstausstattung für Wiener Kinder – das es heute noch gibt.

 

Ab Donnerstag läuft die bis 1. Mai 2017.

 

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