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Neue Straßenschlachten nach Gewalt-Nacht

Heute Redaktion
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Bild: AP

Die Gewalt in Istanbul nimmt kein Ende. Nachdem in der Nacht schon Hunderte Menschen verletzt worden waren, lieferten sich Polizei und Demonstranten auch am Sonntag erneut heftige Straßenkämpfe. Auch in Ankara kam es zu Konfrontationen. In Wien fanden am Wochenende zwei friedliche Protestaktionen statt.

Auf der zum Taksim-Platz führenden Einkaufsstraße Istiklal setzte die Polizei am Nachmittag Tränengas und Wasserwerfer ein, berichteten Augenzeugen. Die Demonstranten warfen Steine und skandierten Sprechchöre gegen die Regierung. Istanbuls Gouverneur Huseyin Avnni Mutlu sagte indes, eine neuerliche Demonstration am Taksim-Platz um 16:00 Uhr werde nicht zugelassen.

Zusammenstöße wurden auch aus der Hauptstadt Ankara gemeldet. Türkische Medien berichteten, die Polizeiführung habe aus den Provinzen im Südosten des Landes Polizeikräfte nach Istanbul verlegt.

Hunderte Verletzte

Mit der hat Istanbul eine der gewalttätigsten Nächte seit Beginn der Proteste hinter sich. Tränengas, Gummigeschoße und Schockgranaten wurden verwendet. Hunderte Menschen wurden nach Angaben der Protestbewegung in der Nacht auf Sonntag verletzt.

Die Protestierenden werfen den Sicherheitskräften Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor, weil zur Zeit der Räumung auch viele Frauen mit Kindern sowie ältere Menschen in dem Park gewesen seien. Die Taksim-Plattform verlangte, die Polizei müsse auch aufhören, die Arbeit von Ärzten zu behindern, die den Demonstranten freiwillig helfen.

"Gewalt wie im Krieg"

Die Polizei habe ihren Einsatz mit einer Gewalt wie im Krieg geführt, kritisierte die Taksim-Plattform. Die Gewalt werde aber die Proteste im Land nicht stoppen können. Dagegen kündigte die Regierung an, hart gegen weitere Proteste vorzugehen. Wer den Taksim-Platz betrete, werde als Terrorrist behandelt, zitierte die "Hürriyet Daily News" den für die Verhandlungen mit der EU zuständigen Minister Egemen Bagis.

Aus Solidarität mit den Protestierenden war auch eine österreichische Delegation nach Istanbul gereist. Der Tiroler Kabarettist Markus Koschuh berichtete, dass man es durch die Proteste heute "mit einer anderen Türkei zu tun (habe) als etwa vor drei Wochen". Nach der Räumung des Gezi-Parks sei es in vielen Stadtteilen zu improvisierten Solidaritätskundgebungen gekommen. "Unser Eindruck ist, dass durch das gewaltsame Vorgehen ein Solidarisierungsschub durch die türkische Gesellschaft geht und eine weitere Eskalation droht."

Am Sonntagabend versammelten sich Erdogans Anhänger

Hunderttausende Anhänger des türkischen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan kamen am Sonntag in Istanbul zusammen, um ihre Unterstützung für den Regierungschef zu demonstrieren.

Die landesweite Protestwelle in der Türkei hatte sich vor zwei Wochen an der brutalen Räumung eines Protestlagers im Gezi-Park entzündet. Die Regierung plant dort den Nachbau einer osmanischen Kaserne, in der es Wohnungen, Geschäfte oder ein Museum geben soll. Inzwischen richten sich die Demonstrationen aber vor allem gegen den autoritären Regierungsstil von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan.

Symbol des Widerstands

Erschütternd das Schicksal der Berliner Event-Managerin Lobna Allamii (34): Sie liegt  noch immer im Koma, nachdem sie vor mehr als zwei Wochen von einer Tränengas-Granate getroffen wurde. Fotos von der Frau, wie sie im blutbefleckten T-Shirt auf einer Trage liegt, wurden zu Symbolbildern des türkischen Widerstandes.

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