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Neue Wiener Bauordnung löst keinen Bauboom aus

Heute Redaktion
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Die Nachfrage nach Wohnungen ist groß, es werden aber zu wenige fertig gestellt.
Die Nachfrage nach Wohnungen ist groß, es werden aber zu wenige fertig gestellt.
Bild: Imago stock & people/Symbolbild

Die kunftige Wiener Bauordnung, die ab 1. Jänner 2019 gelten soll, bringt einige Veränderungen. Immo-Expertin Sandra Bauernfeind von Ehl Wohnen sieht die Novelle nicht nur positiv.

Der Entwurf zur neuen Bauordnung ist derzeit in öffentlicher Begutachtung und soll im Herbst von der Landesregierung beschlossen werden. Laut Sandra Bauernfeind, Geschäftsfuhrende Gesellschafterin von Ehl Wohnen, wird die Novelle allerdings keinen Bauboom auslösen.

"Es war wichtig, dass die in vielen Punkten nicht mehr zeitgemäße und zweckmäßige Wiener Bauordnung uberarbeitet wird. Die jetzt vorgestellte Novelle sollte aber nur ein erster Schritt sein, dem noch einige weitere folgen sollten, wenn die Bauordnung dazu beitragen soll, den Wohnungsmarkt zu entlasten und Wohnen wieder leistbarer zu machen", meint Bauernfeind.

Mindest-Wohnungsgröße auf 25 Quadratmeter reduziert

Positiv sieht sie, dass bei neu gebauten Wohneinheiten die Mindest-Wohnungsgröße von 30 auf 25 Quadratmeter reduziert wird: "Schon jetzt werden im Kurzfrist-Vermietungsbereich Wohneinheiten unter 30 Quadratmetern gut angenommen.

Durch kleinere Wohneinheiten entstehen jedoch auch etwas höhere Baukosten, u.a. durch mehr Steigleitungen, Küchen, Bäder usw.", gibt Bauernfeind zu bedenken.

Weiters entfallen beim Bau neuer Wohnungen die verpflichtenden Kellerabteile sowie die Trennung von Bäder und WCs (ab zwei Aufenthaltsräumen): "Gerade Einlagerungs-Räume werden oft nachgefragt. Ob das die Kunden wirklich annehmen werden, wird uns der Markt zeigen. Allerdings kann man auch eine geringfugige Senkung der Baukosten erwarten", meint die Immobilien-Expertin.

Stellplätze können umgenutzt werden

Auch bei den Stellplätzen gibt es eine Änderung: In der Vergangenheit errichtete, aber nicht mehr benötigte Parkplätze können umgenutzt werden, wenn der Bauträger nachweisen kann, dass der Stellplatz in den letzten zehn Jahren fünf Jahre nicht benutzt wurde. Bauernfeind hält diese Regelung für sinnvoll, da vor allem in zentralen Lagen Bauträger aufgrund fehlender Nachfrage oft mit nicht vermieteten oder verkauften Stellplätzen konfrontiert sind.

Kritisch sieht die Immobilien-Fachfrau hingegen die strengeren Maßnahmen beim Abbruch von Gründerzeit-Häusern: Seit Juli muss der Abriss von Häusern, die vor 1945 errichtet wurden, bewilligt werden – auch wenn sie nicht in einer Schutzzone stehen: "Diese Beschränkung von Abbrüchen hat im Sommer bei Bauträgern zu viel Verunsicherung geführt. Obwohl aufrechte Baubewilligungen vorhanden sind, wurden die Arbeiten eingestellt. Die MA 19 entscheidet, ob ein öffentliches Interesse an dem betreffenden Gebäude besteht oder nicht. Allerdings ist nicht klar, nach welchen Kriterien. Zudem gab es keine Übergangsfrist für die Maßnahme."

Verbot von Kurzfrist-Vermietungen

Die Bauordnungs-Novelle sieht auch ein Verbot von Kurzfrist-Vermietungen (Airbnb) vor – allerdings nur in explizit als Wohnzone ausgewiesenen Gebieten. Und dies betrifft laut Bauernfeind nur einen kleinen Teil des Wohnungsbestands. Zudem muss die Vermietung einem gewerblichen Zweck dienen. Der Effekt des Verbots wird laut Bauernfeind allerdings gering sein, da nur ein kleiner Teil der bisher angebotenen Wohnungen betroffen ist und die vorübergehende Kurzfrist-Vermietung von Privatwohnungen und die Vermietung von einzelnen Zimmern weiter möglich ist.

Ebenfalls keine allzu großen Effekte erwartet sich Bauernfeind von der neuen Widmungskategorie "Geförderter Wohnbau": "Die Erwartung der Stadt, dass dadurch der geförderte Wohnbau massiv anziehen wird, kann ich bislang nicht teilen. Ich rechne vielmehr damit, dass so gewidmete Liegenschaften nur in geringem Maß an Bauträger veräußert werden und umgekehrt große potenzielle Flächenreserven fur den freifinanzierten Wohnbau wegfallen. Kurz- und mittelfristig wird das den Neubau sogar dämpfen, Wachstumsimpulse sind allenfalls auf lange Sicht zu erwarten."

Anzahl an fertig gestellten Wohnungen muss steigen

Die größte Schwäche der Bauordnungs-Reform ortet Bauernfeind aber in den fehlenden Impulsen fur eine rasche und substanzielle Steigerung der Fertigstellungszahlen, durch die Angebot und Nachfrage wieder ins Gleichgewicht gebracht werden könnten. "Leider hat offenbar der Mut zu einer spurbaren Erleichterung und Beschleunigung von Widmungs- und Bauverfahren gefehlt. Eine Vereinfachung der Verfahren brächte auch keinerlei Verschlechterungen der städtebaulichen Qualität, da der weit uberwiegende Teil aller verzögernden Einspruche zu keinerlei Veränderungen an den Bauplänen fuhrt – es wäre nur eine Beschleunigung der Verfahren dringend notwendig."

Laut Bauernfeind werden derzeit pro Jahr 12.000 bis 13.000 Wohneinheiten bewilligt, aber nur 7.000 bis 8.000 tatsächlich fertiggestellt: "Hier gibt es noch Potential nach oben. Denn derzeit werden rund 13.000 bis 15.000 Wohnungen pro Jahr nachgefragt", so die Immobilien-Expertin.

(cz)