Österreich

Neues Kompetenzzentrum für 340 Mio. Euro

Heute Redaktion
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Von dem neuen Campus Mariannengasse der MedUni Wien sollen Patienten und Forscher profitieren. Nun wurde das Ergebnis des Architekturwettbewerbs präsentiert.

Bisher waren wesentliche Teile der vorklinischen Einrichtungen der Medizinischen Universität in abgenutzten Gebäuden in Nähe des AKH Wien untergebracht. Das soll sich nun mit dem neuen Campus Mariannengasse (Alsergrund) näher. Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF), die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) sowie die Medizinische Universität Wien (MedUni Wien) ziehen hier die vorklinischen Abteilungen in einem neuen Zentrum auf rund 35.000 Quadratmeter zusammen.

Wo früher Wien Energie zuhause war, entsteht bis Wintersemester 2025/26 für rund 340 Millionen Euro ein neues Kompetenzzentrum. Insgesamt 744 Wissenschafter erhalten dadurch ein neues Hi-Tech-Arbeitsumfeld. Durch diese Bündelung der Kräfte in einem Zentrum für Grundlagenforschung und Lehre sowie der direkten Anbindung an die Universitätskliniken der MedUni Wien sollen Synergien und Infrastruktur besser genutzt werden. Vor allem sollen auch die Patienten noch schneller vom Nutzen der Grundlagenforschung profitieren.

Siegerprojekt steht nun fest

Seit kurzem ist der EU-weite Architekturwettbewerb für das Bauprojekt entschieden: Die Bietergemeinschaft Delugan Meissl Associated Architects und Architektur Consult aus Wien konnte sich mit ihrem Entwurf gegen 27 internationale Mitbewerber durchsetzen und startet nun aufbauend auf dem Wettbewerbskonzept mit der Planung für den neuen MedUni Campus Mariannengasse im 9. Bezirk.

Am Donnerstag stellten Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP), MedUni-Wien-Rektor Markus Müller und BIG-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss das Projekt vor.

Faßmann will "optimale Bedingungen für Forschung"

"Exzellente Infrastruktur ist eine wesentliche Grundlage für hervorragende Lehr- und Forschungsleistungen einer Hochschule. Ich habe daher das klare Ziel, für unsere Universitäten bestmögliche Rahmenbedingungen für Forschung und Lehre zu schaffen, damit sich Studierende und Lehrende optimal entfalten können", erklärte Bundesminister Faßmann.

"Unser Ziel ist es, PatientInnen möglichst rasch von den Ergebnissen der Grundlagenforschung profitieren zu lassen. Die historisch erstmalige, räumliche Anbindung der Vorklinik an unsere Universitätskliniken ist hierfür ein entscheidender Schritt", betonte Rektor Müller. Mit dem Campus Mariannengasse sei auch sichergestellt, dass die MedUni Wien auch in Zukunft ein international sichtbarer Innovationstreiber in der medizinischen Forschung und in der Ausbildung von Medizinern sein werde.

Neuer Campus bietet hohe Flexibilität und Variabilität

Eine hochkarätige Jury mit Vertretern des des BMBWF, der MedUni Wien, der BIG, der Stadt Wien und der Kammer der Ziviltechniker unter Vorsitz von Elsa Prochazka prüfte die Einreichungen. Ausschlaggebend für die Wahl des Siegerprojektes waren die vor allem einladende Campus-Situation, die vorbildhafte Durchwegung des Quartiers und die leichte Orientierung.

Auch die Idee, einen Mitteltrakt zu schaffen, der optimal auf die Anforderung der Labornutzung reagiere und in dem der Großteil der geforderten Laborflächen untergebracht werden soll, sei einzigartig und sehr überzeugend. Diese Lösung erfülle nicht nur das Raum- und Funktionsprogramm, sondern biete auch ein hohes Maß an Flexibilität und Variabilität für zukünftige Nutzungsänderungen, so die Jury.

Hier entsteht der neue Campus:

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(Bild: MedUni Wien)

Neue Aula als Bindeglied

Der neue Campus entsteht anstelle der ehemaligen Liegenschaften der Wien Energie zwischen Mariannengasse, Höfer-, Rummelhardt- und Spitalgasse und besteht aus mehreren - teilweise denkmalgeschützten - Häusern.

Um die Gebäudekomplexe zwischen Spitalgasse im Osten und Höfergasse im Westen künftig miteinander zu verbinden, sieht der Wettbewerbsentwurf der Architekten im Erdgeschoß eine zentrale Halle, die zwischen dem Häuserblock an der Spitalgasse, einem Mitteltrakt und den Gebäuden an der Höfergasse verläuft, vor. Die neue Halle oder Aula ermöglicht eine zentrale Erschließung und Durchwegung der Bauteile. Um die unterschiedlichen Straßenniveaus der Gebäude auszugleichen, verfügt die Aula über Terrassen, Sitzstufen und Rampen, die auch als "Mobiliar" für informelle Gespräche, zum Arbeiten oder zur Erholung genutzt werden können.

Innen besticht die neue Aula durch einen Materialmix aus Terrazzo, Sichtbeton und Holz. Im Zusammenspiel mit Tages-, Kunstlicht und dem Grün der Innenhöfe sollen entstehen abwechslungsreiche Bereiche und Atmosphären entstehen.

Forschungsflächen in den Obergeschoßen

Von der Aula aus gelangen Lehrende und Studierende direkt zu den zentralen Lehr- und Lernbereichen im Erdgeschoß und ersten Obergeschoß. Zudem sind eine Cafeteria an der Spitalgasse und eine Mensa an der Höfergasse vorgesehen. In den darüber liegenden Stockwerken werden die Institute und Zentren der MedUni Wien mit Seminarräumen, Labors, Trainingsflächen und Büros angesiedelt.

In den beiden Untergeschoßen befinden sich eine Tiefgarage, Lager-, Technik-, Archiv- und Anlieferungsbereiche sowie die Sezierräume. Um interdisziplinäres Lernen und Forschen zu fördern, sind die drei Hauptgebäude zwischen Höfer- und Spitalgasse in allen Stockwerken direkt miteinander verbunden.

Markanter Auftritt nach außen

Auch von der Außenseite wird das Erscheinungsbild des Campus verändert. An der Spital- und der Rummelhardtgasse werden zwei Haupteingänge angelegt, die Erdgeschoßbereiche werden großflächig verglast und mit zarten Glasfaserbeton-Lamellen versehen. Die Fassaden der darüber liegenden Stockwerke bekommen hell eingefärbten Glasfaserbeton-Platten mit feinem, lamellenartigem Relief. Große Fenster sorgen für viel Tageslicht, zweischalige Verglasungen mit zwischengelagertem Sonnenschutz schützen vor Überhitzung.

Darüber hinaus bekommen die Innenhöfe eine wichtige Bedeutung für die Einzigartigkeit des Campus. Denn sie sorgen für ausreichend Belichtung der innenliegenden Gebäudeteile mit der Aula und erleichtern die Orientierung auf dem Areal.

MedUni setzt auf Nachhaltigkeit

Für eine nachhaltige Nutzung des neuen MedUni Campus sorgen unter anderem die Warmwasserversorgung per Wärmepumpe und Erdwärme, die Nutzung von Regenwasser zur Bewässerung der Außenanlagen sowie die Möglichkeit zur Installation einer Photovoltaikanlage auf den Dächern.

Die Labors werden direkt aus den Technikräumen mit medizinischen Gasen versorgt und die Installationen offen unter den Decken ausgeführt, sodass eine spätere Nutzungsänderung problemlos möglich ist.

Über 740 Wissenschafter und 2.000 Studierende siedeln um

Der Baubeginn für den neuen Campus Mariannengasse ist für Ende 2020 geplant, die Fertigstellung soll bis zum Wintersemester 2025/2026 erfolgen.

Insgesamt werden 744 Wissenschafter in das neue "Hi-Tech-Arbeitsumfeld" sowie 2.000 Studierende in den neuen Campus umziehen. Das Kompenzzentrum wird etwa die Abteilungen Physiologie und Pharmakologie, Anatomie und Zellbiologie sowie Pathobiochemie und Genetik beherbergen. Auch das Institut für Krebsforschung wird vom bisherigen Standort auf den neuen Campus übersiedeln.

Damit wird einerseits das aktuelle Platzproblem gelöst, andererseits ist ein Arbeitsumfeld auf dem neuesten Stand der Technik geplant. Studierende und Doktoranden sollen auf dem Campus Mariannengasse eine moderne Lernumgebung vorfinden, zu der neben flexiblen Lehrraumkonzepten, Labors und Skillslab auch Flächen zur interdisziplinären Vernetzung und einer zentral nutzbaren Forschungsinfrastruktur gehören.

Hier soll es auch hochmoderne Geräte etwa für Massenspektrometrie (für Verfahren zum Messen der Masse von Atomen und Molekülen), DNA-Zytometrie (Methode zur Frühdiagnose bösartiger Tumoren durch Messung des Gehaltes an Erbsubstanz in ihren Zellen) und Raster-Elektronen-Mikroskopie geben. (lok)