Österreich

Jetzt gibt es 6 Geschlechter in Österreich

Nun kann man neben "männlich" und "weiblich" auch zwischen "divers", "inter", "offen" und "keinem Eintrag" im Zentralen Personenstandsregister wählen.

Teilen
Seit 2018 wurden Dokumente nur  mit dem Eintrag "W", "M" und "X" bzw. "divers" ausgestellt. Neben "männlich" und "weiblich" kann nun auch zwischen "divers", "inter", "offen" und "keinem Eintrag" im Zentralen Personenstandsregister gewählt werden.
Seit 2018 wurden Dokumente nur  mit dem Eintrag "W", "M" und "X" bzw. "divers" ausgestellt. Neben "männlich" und "weiblich" kann nun auch zwischen "divers", "inter", "offen" und "keinem Eintrag" im Zentralen Personenstandsregister gewählt werden.
Austria Presse Agentur (APA)

Die Möglichkeit, nun aus sechs verschiedenen Eintragsoptionen für die Kategorie Geschlecht wählen zu können, ist eine internationale Neuheit. Der Verein intergeschlechtlicher Menschen in Österreich sieht das aber nur als kleinen Fortschritt an. All diese alternativen Einträge stehen nämlich nur jenen Menschen offen, die auf Basis eines Fachgutachtens belegen können, dass es sich um eine körperliche "Variante der Geschlechtsentwicklung" handelt.

Was ist Intergeschlechtlichkeit?

Menschen werden bei oder meistens schon vor der Geburt anhand ihrer Genitalien dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugeordnet. Neben den Genitalien gibt es weitere Faktoren, die für die Ausprägung der körperlichen Geschlechtsmerkmale verantwortlich sind. Neben den Genitalien spielen Chromosomen (weiblich: XX, männlich: XY), Hormone (w: Östrogen, m: Testosteron) und die Keimdrüsen (w: Eierstöcke, m: Hoden) dabei eine Rolle.

Ein Mensch gilt als "weiblich", wenn er XX-Chromosomen, eine Vagina, Eierstöcke und überwiegend Östrogen besitzt. Sind es XY-Chromosomen, Penis, Hoden und überwiegend Testosteron, die ein Mensch aufweist, so gilt er als "männlich". Nun kann es aber auch passieren, dass bei einem Menschen manche dieser Merkmale "männlich" und gleichzeitig andere "weiblich" sind. Das wird in der Medizin als "Intersexualität" bezeichnet. Inter* Menschen weisen also schon bei der Geburt Variationen der körperlichen Geschlechtsmerkmale auf.

Der Erlass

Der neue Erlass zum Umgang der Behörden mit dem Geschlechtseintrag in offiziellen Dokumenten ist seit ein paar Tagen fertig. Das Innenministerium teilte dies mit und stellte klar, dass aber auch noch Änderungen sowie Berichtigungen möglich seien.

Den Erlass haben Innen- und Gesundheitsministerium und der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt in Zusammenarbeit erarbeitet. Er wurde am Dienstag bereits an die Länder und Gemeinden verschickt.

Weiters regelt der Erlass auch, wie das Geschlechts eines neugeborenen Kindes festgelegt wird. Bei der Geburt legt der Arzt oder die Hebamme entweder die Bezeichnung oder keinen Ausdruck zum Geschlecht für das Kind fest. Eine Änderung, Ergänzung oder Löschung des Eintrages im Zentralen Personenstandsregister für eine Person, die weder männlich noch weiblich ist, erfolgt auf Information durch die betroffene Person oder deren gesetzliche Vertretungsperson.

Eine Berichtigung des Geschlechtseintrags "männlich" oder "weiblich" auf eine Bezeichnung des dritten Geschlechts (oder umgekehrt) erfolgt auf Basis eines Fachgutachtens.

Recht auf Eintragung schon seit 2018

Das Recht auf Eintragung jenes Geschlechts, das der persönlichen Identität entspricht, wurde bereits 2018 vom Verfassungsgerichtshof anerkannt. Damit auch die Bezeichnungen "divers", "inter" und "offen". Erstritten worden war die Anerkennung vom intergeschlechtlich geborenen Alex Jürgen bzw. dem Rechtskomitee Lambda.

Zu der Zeit wurden aber nur Dokumente mit dem Eintrag "X" oder "divers" ausgestellt. Den von Jürgen gewünschten Eintrag "inter" verweigerte das Innenministerium und verwies darauf, dass das in der Software des Ministeriums nicht vorgesehen sei.

Im Juli 2020 erfolgte die Eintragung für Jürgen schließlich doch. Dabei handelte es sich aber nur um eine Einzelfallentscheidung. Die Begründung war, dass das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich im Februar bestätigt hatte, dass der Eintrag auf Basis von Erkenntnissen der Höchstgerichte vorzunehmen sei. Zu dem Zeitpunkt wurde eine generelle Handlungsanleitung der Arbeitsgruppe zu Personenstandsfragen angekündigt, die nun da ist.

VIMÖ - Verein intergeschlechtlicher Menschen Österreich

Der Verein intergeschlechtlicher Menschen in Österreich sieht den Erlass aber nur als kleinen Fortschritt an. Denn die Fixierung auf körperliche Geschlechtsmerkmale und deren Pathologisierung bleibe weiterhin bestehen. "Der Schritt zur Selbstbestimmung bleibt in weiter Ferne."

Man geht davon aus, dass es, "nachdem die Grünen seit Jahren den Wunsch der Community nach Selbstbestimmung mittragen, hier wohl Widerstand vom Koalitionspartner" gab.

Weitere konsequente Schritte erforderlich

"In Österreich steht es Menschen, deren Geschlechtsmerkmale nicht in das starre Mann-Frau-Schema fallen, nun offen, zwischen sechs Möglichkeiten beim Geschlechtseintrag zu wählen. Das ist international einzigartig und ein unglaublicher Fortschritt für die Selbstbestimmung intergeschlechtlicher Menschen. Der nächste konsequente Schritt ist das gesetzliche Verbot geschlechtsverändernder medizinischer Maßnahmen an intergeschlechtlichen Kindern und Jugendlichen", so Gabriele Rothuber von der HOSI Salzburg.

Manchmal kann Intergeschlechtlichkeit schon vor der Geburt mittels Pränataldiagnostik festgestellt werden. Nicht allzu selten werden intergeschlechtliche Föten daraufhin abgetrieben. Kommt ein intergeschlechtlicher Säugling zur Welt, so wird sein kleiner Körper durch Operationen und Hormone an die medizinischen Vorstellungen von "männlich" und "weiblich" angepasst. Die daraus resultierenden Konsequenzen sind, dass betroffene Menschen häufig immer wieder operiert werden und das ganze Leben über Hormone nehmen müssen, obwohl sie ja nicht krank sind. Weitere Konsequenzen solcher Eingriffe sind oft Unfruchtbarkeit und die Zerstörung von Nerven.

1/62
Gehe zur Galerie
    <strong>24.04.2024: 365-€-Jahreskarte: Finanzstadtrat macht Preisansage.</strong> Wiens Öffi-Stadtrat Peter Hanke (SP) gibt in <em>"Heute"</em> ein Versprechen ab: Die Jahreskarte der Wiener Linien wird auch 2025 um 365 Euro zu haben sein. <a data-li-document-ref="120032997" href="https://www.heute.at/s/365-jahreskarte-finanzstadtrat-macht-preisansage-120032997">Das ganze Interview &gt;&gt;&gt;</a><a data-li-document-ref="120032711" href="https://www.heute.at/s/dieser-milliardaer-brachte-rene-benko-zu-fall-120032711"></a>
    24.04.2024: 365-€-Jahreskarte: Finanzstadtrat macht Preisansage. Wiens Öffi-Stadtrat Peter Hanke (SP) gibt in "Heute" ein Versprechen ab: Die Jahreskarte der Wiener Linien wird auch 2025 um 365 Euro zu haben sein. Das ganze Interview >>>
    Denise Auer