Gesundheit

Neuer Ivermectin-Aufreger nach Aussage vor Gericht

Das Medikament Ivermectin war während der Corona-Pandemie oft Thema. Nun flammt die Diskussion erneut auf – was dahintersteckt.

Das Medikament Ivermectin wird erneut im Zusammenhang mit Corona thematisiert.
Das Medikament Ivermectin wird erneut im Zusammenhang mit Corona thematisiert.
REUTERS

Über den Einsatz des Medikaments Ivermectin wurde während der Pandemie heiß diskutiert. Während Fachleute und -gesellschaften immer wieder auf fehlende wissenschaftliche Belege im Zusammenhang mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 hinwiesen, ließen sich andere nicht davon abhalten, es off-label zu verschreiben, oder es selbst einzunehmen, mitunter mit tödlichem Ausgang. Auch die FPÖ mischte sich in die Diskussion ein. Diejenigen, die sich seriös damit befassten, wurden mit Hass überschüttet.

Aktuell kursiert die Behauptung, die US-Arzneimittelbehörde FDA habe ihren Kurs geändert und erlaube Ärztinnen und Ärzten nun, Ivermectin zur Behandlung von Covid-19 zu verschreiben (zum Beispiel hier und hier). Auch der SVP-Politiker und ehemalige Nationalrat Claudio Zanetti hat einen entsprechenden Post auf der Plattform X (ehemals Twitter) geteilt. Doch die Behauptung ist falsch.

FDA kann Einsatz von Ivermectin gegen Covid-19 gar nicht verbieten

Die Behauptung ist schon deswegen falsch, weil die FDA gar keine Möglichkeit hat, die Off-Label-Verschreibung von einmal von ihr zugelassenen Medikamenten zu verbieten. Und Ivermectin ist in den USA zugelassen. Allerdings nicht gegen Covid-19, sondern "zur Behandlung von Menschen mit intestinaler Strongyloidiasis und Onchozerkose", zwei Erkrankungen, die durch parasitäre Würmer verursacht würden, wie es auf Fda.org heißt. Auch zur Behandlung äußerer Parasiten wie Kopfläusen und bei Hauterkrankungen wie Rosacea ist Ivermectin zugelassen. Eine tierische Form ist für den Einsatz bei Tieren erlaubt. Die FDA regelt, wie die Hersteller von Arzneimitteln in der Öffentlichkeit und bei Ärzten für ihre Medikamente werben und sie kennzeichnen können, aber diese Befugnis erstreckt sich nicht auf die Regelung, wie Ärzte diese Medikamente verschreiben.

FDA rät aber von Ivermectin gegen Covid-19 ab

Die FDA rät von der Einnahme gegen Covid-19 ab, weil unklar ist, ob Ivermectin dafür sicher oder wirksam ist, wie sie in einem X-Post vom 17. August 2023 schreibt. Laut dem National Institute of Health gibt es zwar Hinweise, dass das Mittel die Vermehrung von Sars-CoV-2 in Zellkulturen hemmt, für diese Wirkung seien aber bis zu 100-fach höhere Dosen nötig als für die Anwendung beim Menschen zugelassenen sind. Bei einer Überdosierung drohten Krampfanfälle, Koma, Lungen- und Herzprobleme, mitunter auch der Tod, so die FDA.

Ivermectin und Covid-19
Bereits im Frühjahr 2020 warnte die US-Arzneimittelbehörde FDA davor, Ivermectin zum Schutz vor Covid-19 einzunehmen. Insbesondere von jenen Präparaten, die aus der Veterinärmedizin stammen, sollte man die Finger lassen: "Sie können bei Menschen ernsthafte Schäden verursachen." Bei einer zu hohen Dosis könne es auch zum Tod führen. Doch auch die für den menschlichen Gebrauch zugelassenen Ivermectin-Spiegel können mit anderen Medikamenten wie Blutverdünnern interagieren und Nebenwirkungen hervorrufen. Eine US-Apotheke liess sich im Jahr zwei der Pandemie sogar Fotos von Pferden als Beweis zeigen, wenn jemand Ivermectin kaufen wollte. Wissenschaftlich anerkannte Belege dafür, dass das Medikament eine positive Wirkung gegen das Coronavirus hat, gibt es nicht.

Falschbehauptung basiert auf Aussage vor Gericht

Die Behauptung, dass die FDA nun eingestanden habe, dass Ivermectin zur Behandlung von Covid-19 verschrieben werden dürfte, basiert auf einer Klage von drei Ärzten gegen das US-Gesundheitsministerium. Bei einer der Klagenden handelt es sich um eine HNO-Ärztin, die suspendiert worden war, nachdem sie sich geweigert hatte, gegen Covid-19 geimpfte Patientinnen und Patienten aufzunehmen und gefährliche Falschinformationen geteilt hatte.

Die drei argumentierten, dass ihre Rechte durch die Aussagen der FDA gegen Ivermectin verfassungswidrig eingeschränkt wurden. Sie verloren den Prozess im Dezember 2022 und legten Berufung gegen das Urteil ein. Das Berufungsverfahren begann am 8. August 2023. In der ersten Anhörung erklärte die Anwältin der FDA, Ashley Cheung Honold: "Die FDA erkennt ausdrücklich an, dass Ärzte befugt sind, Ivermectin zur Behandlung von Covid-19 zu verschreiben." Dies lieferte den Grundstein für die nun kursierende falsche Behauptung, so Snopes.com.

Aussage schon früher so getätigt

Es ist übrigens nicht das erste Mal, dass sich die FDA derart äußert. In einem Dokument aus dem Oktober 2020 heißt es etwa: "Sobald die FDA ein Medikament für eine Krankheit oder einen medizinischen Zustand zugelassen hat, können Gesundheitsdienstleister das Medikament in der klinischen Praxis im Allgemeinen für eine nicht genehmigte Verwendung verschreiben oder verabreichen, die nicht in der genehmigten Kennzeichnung beschrieben ist (z. B. off-label)." Dabei sei jedoch zu berücksichtigen, dass die FDA die Sicherheit oder Wirksamkeit einer solchen Verwendung nicht bewertet habe. Dies hat auch nach 2023 noch Gültigkeit, wie eine aktualisierte Version zeigt. Ihre Haltung gegenüber einer Off-Label-Nutzung von Ivermectin bei Covid-19 hat die FDA auch nicht geändert, wie dieser X-Post zeigt:

Fazit

Die Behauptung, die FDA habe im August gegenüber dem Medikament Ivermectin ihren Kurs geändert und es "offen als Covid-19 Medikament anerkannt", wie unter anderem SVP-Politiker Claudio Zanetti schreibt, ist falsch. So kann die FDA nicht bestimmen, wie Ärztinnen und Ärzte einmal von ihr zugelassene Medikamente verschreiben. Entsprechend hat sie die Verabreichung von Ivermectin gegen Covid-19 nie verboten. Es wurde vielmehr eine Aussage vor Gericht verdreht. Die Behörde hat sich immer dagegen ausgesprochen. Und das tut sie nach wie vor, wie ihr X-Post zeigt.

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