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Neuseeland zieht Gesetze aus der Keksdose

Das neuseeländische Parlament hat eine skurrile aber liebenswerte Art, Gesetzesanträge zu debattieren: Sie werden aus einer Keksdose gezogen.

Heute Redaktion
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Gesetzesanträge werden in Neuseeland aus der Keksdose gezogen
Gesetzesanträge werden in Neuseeland aus der Keksdose gezogen
Bild: zVg

Abgeordnete haben oft progressive Ideen für neue Gesetze, doch vor allem als Oppositioneller ist es schwierig, sie überhaupt im Parlament debattieren zu lassen – in den meisten Ländern entscheidet eine übergeordnete Stelle, etwa das Parlamentspräsidium, darüber, welche Anträge zugelassen werden und welche nicht. Neuseeland geht einen ganz anderen Weg, und das mit überraschendem Erfolg.

In Neuseeland werden die Anträge aus einer Keksdose gezogen. Das funktioniert wie eine Lotterie oder beim Spiel Bingo: Jeder Antrag bekommt eine Nummer zugewiesen, alle Nummern kommen in die Dose. Die glücklichen Gewinner werden dann im Parlament behandelt. Oft befinden sich mehr als 40 Nummern in der Dose.

Neuseeland verwendet dieses charmante System seit 30 Jahren, allerdings fand es jetzt nach einem BBC-Bericht internationale Beachtung. "Endlich! Unser ausgeklügeltes Zufallssystem bekommt die Anerkennung, die es verdient," twitterte das neuseeländische Parlament augenzwinkernd.

Damaliger Stand der Technik

Parlamentspräsident Trevor Mallard erklärte, das System entspricht einfach dem, "was damals verfügbar war." Zuvor, hatte es bis in die 1980er eine Liste gegeben, auf die die Gesetzesanträge gesetzt wurden. Doch "die Liste war ineffizient; man ist nie zu den meisten Anträgen auf der Liste gekommen."

Aber wieso dann eine Keksdose? "Ich nehme an, dass vor 30 Jahren Computer mit Zufallsgeneratoren seltener als heute waren, und das war einfach eine praktische Lösung", erklärt Mallard. Genauso locker ist die Verwahrung der Dose: Sie steht nicht in einem Safe oder an einem besonders sicheren Ort, sondern einfach in einem Parlamentsbüro.

Umstrittene Gesetze umgesetzt

Neuseeland ist stolz auf dieses etwas schrullige aber einzigartige System. Denn so sind immer wieder Anträge zur Debatte gekommen – und schließlich Gesetze geworden – die es oft nur schwer auf die Tagesordnung geschafft hätten: Unter anderem die Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe, die Straffreiheit für Prostitution und vielleicht bald die Legalisierung der Sterbehilfe, über die nächstes Jahr abgestimmt wird.

"Regierungen sträuben sich oft dagegen, soziale Veränderungen einzuleiten", sagt Mallard. "Doch es gibt oft Abgeordnete die bereit sind, ihren Kopf hinzuhalten und das zu tun, was sie für richtig halten. Und [dieses System] gibt ihnen etwas mehr Möglichkeiten, das zu tun."

Und so wird die Keksdose auch weiterhin in Verwendung bleiben, verspricht Mallard: "Sie wurde gemacht, um Kekse frisch zu halten. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass die Losnummern in den nächsten Hundert Jahren schlecht werden."

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