Österreich

"Nicht auf Hoppalas der Regierung herumreiten"

Heute Redaktion
Teilen
AK-OÖ-Präsident Johann Kalliauer sprach mit "Heute" über die Corona-Krise.
AK-OÖ-Präsident Johann Kalliauer sprach mit "Heute" über die Corona-Krise.
Bild: picturedesk.com

Die Arbeiterkammer war eine ganz wichtige Anlaufstelle in der Corona-Krise. Wir haben mit Präsident Johann Kalliauer ein ausführliches Gespräch geführt.

Es waren intensive Wochen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Arbeiterkammer. Denn durch die Corona-Krise kamen viele Fragen auf. Wir haben mit dem oberösterreichischen AK-Präsidenten Johann Kalliauer (67) gesprochen.

Heute: Herr Kalliauer, sitzen Sie im Büro oder im Home-Office?

Johann Kalliauer: Ich gehöre ja rein altersmäßig schon zur Risikogruppe (lacht), also sitze ich im Home-Office.

Heute: Wie waren die vergangenen Wochen in der AK?

Kalliauer: Gerade in der ersten Phase war der Ansturm enorm, es hat sich jetzt auf einem hohen Niveau eingependelt. Wir haben jetzt rund 1.000 Beratungen am Tag.

Heute: Was sind sind die Themen?



Kalliauer: Die Hauptfrage ist natürlich alles rund um die Kurzarbeit. Oft wird gefragt, ob es zulässig sei, dass der Betrieb Kurzarbeit angemeldet hat, die Mitarbeiter aber voll arbeiten müssen. Das ist aber kein Massenphänomen, ein Großteil der Betriebe hält sich an die Regeln. Weitere Fragen sind: Darf ich arbeiten? Muss ich arbeiten? Gehöre ich zur Risikogruppe? Da ist die Regierung noch immer säumig. Es gibt keine klaren Regeln. Bei den Bediensteten der systemerhaltenden Berufe sind es vor allem Sicherheitsfragen.

Heute: Hat sich das Standing der Arbeiterkammer durch die Krise verbessert?

Kalliauer: Das Ansehen der AK und auch der Gewerkschaft in der Gesamtbevölkerung ist sicher gestiegen. Weil wir jetzt eine wesentliche Rolle bei der Bewältigung der Krise habe. Die Frage ist aber immer: Wie länge hält das an?

Heute: Derzeit wird viel über die Helden das Alltags gesprochen. Wie kann man da langfristig für Verbesserung bei den Betroffenen sorgen.

Kalliauer: Die Frage ist, wie lange die Bewunderung anhält. Eine Prämie ist sehr schön, aber das ist ein Einmal-Effekt. Wir werden sicher nicht von der Diskussion um eine bessere Bezahlung in diesen Bereichen herunter gehen.

Heute: In der Krise hat sich gezeigt, dass die Sozialpartnerschaft in Österreich doch noch funktioniert. Wird das so bleiben?

Kalliauer: Es hat sich gezeigt, dass sie gerade bei so wichtigen Themen die Sozialpartner mit einbindet und sie hat bei der Kurzarbeit gezeigt, dass man praktisch über Nacht was zusammenbringen kann. Die Gefahr besteht aber natürlich, dass man im Alltagstrott dann alles wieder auf die Seite schiebt. Es hat sich gezeigt, dass es gut war, dass wir lästig waren und der Sozialstaat in wesentlichen Bereichen erhalten geblieben ist. Wir sind gut beraten, wenn man den vernünftigen Weg, den man in den vergangenen Jahrzehnten gegangen ist, weiter geht.

Heute: Wie beurteilen sie die Maßnahmen der Regierung?

Kalliauer: Man hat die Bevölkerung sehr klar und strategisch nicht ungeschickt in mehreren Portionen vorbereitet. Natürlich haben sich ein paar Hoppalas eingeschlichen. Aber wenn man auf denen herumreiten würde, wäre das unfair. Weil das passiert in so einer Krisensituation immer wieder. Leider hat man auf die Arbeitnehmer ein wenig vergessen, denn alleine in OÖ haben 60.000 Menschen jetzt keinen Job, die müssen mit 55 Prozent ihres Gehalts auskommen.

Heute: Wie lange hält man so einen Lockdown noch aus?

Kalliauer: Man hält das schon noch eine Zeit aus, auch wirtschaftlich. Die Frage ist aber immer, wie gleicht man die gesundheitspolitischen und die wirtschaftlichen Überlegungen aus. Ich bin der Meinung, die Priorität muss in dieser Frage das Gesundheitsthema haben. Es wäre falsch, jetzt die Nerven wegzuwerfen und alles anzustarten. Dann ist das Geld, das man jetzt investiert hat, auch verpufft.

Heute: Wie sehen sie das Thema Home-Office?

Kalliauer: Da hat es natürlich viele Anfragen gegeben, vor allem was die Bereitstellung der Infrastruktur (Internet, Computer etc.) betrifft. Ich denke auch, dass viele Unternehmen unverkrampfter an die Sache herangehen, weil sie sehen, dass ihre Mitarbeiter auch daheim arbeiten. Wir haben aber auch viele Rückmeldungen von Arbeitnehmern, die sich schon freuen, wieder ins Büro gehen zu können. Vielen geht der persönliche Kontakt ab.