Österreich

Obdachlosen geohrfeigt – "Bedingte" für Polizisten

Heute Redaktion
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Das Wiener Straflandesgericht in der Josefstadt
Das Wiener Straflandesgericht in der Josefstadt
Bild: keine Quellenangabe

Vor Gericht rechtfertigte der Beamte am Montag die Schläge damit, dass das Opfer seine Mutter beleidigt hatte. Trotzdem wurde er nicht rechtskräftig verurteilt.

In der Betreuungseinrichtung in Penzing hatte der obdachlose Mann (56) zum Tatzeitpunkt bereits Hausverbot. Vor Gericht bezeugten die Mitarbeiter der Einrichtung, dass das Opfer unter Alkoholeinfluss dazu neigen würde, ausfällig zu werden. Bei seiner Rückkehr nach dem Hausverbot vergangenes Jahr gab es erneut wüste Beschimpfungen und Drohungen für alle Beteiligten.

"Die beste Mutter der Welt"

Die Anwesenheit der alarmierten Polizisten schien den Mann wenig beeindruckt zu haben – die Beschimpfungen gingen unablässig weiter. Auf den Mann einreden half auch nichts. Dann, so der Polizist, wurde es zu viel des Guten: Die Obszönitäten sollen auch vor seiner Mutter nicht Halt gemacht haben. Die bereits angespannte Lage eskalierte.

Der Polizist versetzte laut Anklage dem Streitlustigen einen Schlag mit der flachen Hand auf den Kopf. Der Ärger über die Beleidigungen ließ immer noch nicht nach, weswegen er ihm nur kurz darauf drei weitere Schläge versetzt haben soll.

Dem Gerichtsvorsitzenden Stefan Romstorfer begründete der Polizist die impulsive Tat mit der lebenslangen Opferbereitschaft seiner Mutter. Die hätte als Briefträgerin gearbeitet und trotzdem ihm sowie seinen zwei Geschwistern ein besseres Leben und eine ordentliche Ausbildung ermöglicht. Über die mittlerweile 83-Jährige sagt er, "in meinen Augen ist sie die beste Mutter der Welt."

"4.000 Euro sind angemessen"

Der Geohrfeigte, ein eloquenter Rhetoriker, hat den Vorfall anders in Erinnerung. An den Sachverhalt könnte er sich sehr gut erinnern, weil er gar nicht betrunken war. Niemand hätte ihn auf das Hausverbot aufmerksam gemacht oder ihn weggeschickt. Und ein Mann der derben Worte wäre er schon gar nicht. "Eine Mutter ist die wichtigste Bezugsperson im Leben eines Mannes", so das Opfer. Der ehemalige Akademiker schlug einen Schadensersatz von 1.000 Euro pro Schlag vor. Dieser Vorschlag wurde vom Gericht abgeschmettert.

Fünf Monate bedingt

Unangemessen fand Richter Romstorfer ebenfalls die Reaktion des Polizisten – ungeachtet der Beleidigungen. Fünf Monate bedingt lautete das Urteil. Beide Seiten wollten keine Erklärung abgeben, womit das Urteil nicht rechtskräftig ist.

(bai)