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Hat Paar Obdachlosen um 400.000 Dollar betrogen?

Heute Redaktion
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Der Obdachlose Johnny Bobbitt half einer Frau aus der Patsche, sie revanchierte sich mit einem Spendenaufruf. Jetzt streiten sie um das gesammelte Vermögen.

Update 16.11.2018: Das Paar und der Obdachlose sollen die Geschichte erfunden haben, um an Spendengelder zu kommen.

Seine selbstlose Tat brachte Johnny Bobbitt (35) in die Schlagzeilen der ganzen Welt: Der Obdachlose aus Philadelphia hatte sein letztes Geld ausgegeben, um für den liegengebliebenen Wagen einer ihm unbekannten Frau Benzin zu besorgen. Aus Dankbarkeit starteten Kate McClure und ihr Lebensgefährte einen Spendenaufruf für ihren Retter, der bald viral ging – "heute.at" berichtete.

Exakt 402.706 US-Dollar konnten so durch 14.357 Spender zusammengetragen werden. Eine Summe, die das ursprünglich angepeilte Ziel um das 40-fache übersteigt.

Doch mittlerweile sitzt Bobbitt wieder auf der Straße, kämpft gegen die Drogensucht und muss jeden Cent drei Mal umdrehen. Mit dem Paar, das den Spendenaufruf für ihn gestartet hatte, verbindet ihn nichts mehr – außer ein heftiger Streit um das viele Geld.

Der Obdachlose bezichtigt Kate McClure (27) und ihren Freund Mark D'Amico (39), ihm mehr als 200.000 US-Dollar vorenthalten zu haben. Gegenüber dem "Inquirer" verbalisiert Bobbitt seine Ängste, dass das Paar den größten Teil des Geldes bereits verprasst haben könnte und dass nur noch wenig, oder sogar gar nichts übrig ist.

Dabei hatte nach seiner selbstlosen Tat alles daraufhin gedeutet, dass der Amerikaner endlich ein normales Leben würde führen können. "Er wird sich niemals wieder um ein Dach über dem Kopf sorgen müssen!", hatte das Paar in einem letzten Update in ihrem Spendenaufruf angekündigt und den edlen Geldgebern ihren Dank ausgesprochen. Gleichzeitig versprachen sie, zwei Treuhandfonds zugunsten des 35-Jährigen einzurichten und einen Anwalt und einen Finanzberater anzuheuern, um das Geld in dessen Zukunft zu investieren.

Kein eigenes Haus, Schrott-Auto

"Als erstes steht ein NEUES Zuhause auf der Liste, das ganz Johnny gehören wird", heißt es da weiter. "Als zweites besorgen wir das Traumauto, das er sich immer gewünscht hat ... einen 1999er Ford Ranger". Beides hat Bobbitt bis heute nicht gesehen. Zwar ließ das Paar ihn in einem Wohnwagen auf ihrem Grundstück wohnen, doch von dem versprochenen Eigenheim ist so eine Bleibe weit entfernt. Und statt dem ersehnten Pick-Up stellten sie ihm einen gebrauchten SUV zur Verfügung, der schon längst wieder den Geist aufgegeben hat.

Nach Angaben des Paares hätten sie die beiden Fahrzeuge auf den Namen von Kate McClure zugelassen, damit ihr Schützling diese nicht verkaufen könne – beide Wägen wurden mittlerweile aber schon wieder veräußert. Während dieser Zeit zehrte die Drogensucht an ihm, wie Bobbitt selber zugibt. Zwei Mal musste er wieder auf Entzug.

Das Pärchen behauptet, ihm genau deshalb nicht alles Geld ausgehändigt zu haben. Zu groß sei die Gefahr, dass er alles auf einmal ausgeben könnte. Innerhalb von zwei Wochen soll Bobbitt so 25.000 Dollar in den Sand gesetzt haben. Zudem hätte er ihr Hab und Gut gestohlen, um mit den Erlösen seine Sucht zu finanzieren. Vorwürfe die der 35-Jährige vehement abstreitet. Nach Angaben von D'Amico habe das Paar 200.000 Dollar auf einem Bankkonto hinterlegt, auf welches Bobbitt erst Zugriff erhalte, wenn dieser einen Job vorweisen kann und keine Drogen mehr nimmt.

Gute Absichten oder Gier?

"Ich werde ihm nie all dieses Geld auf einmal geben, eher verbrenne ich es vor seinen Augen", erklärte D'Amico in einem Interview vergangene Woche. Einem Drogensüchtigen derart viel Bares auszuhändigen, sei als würde er ihm eine "geladene Waffe in die Hand drücken".

Das ehemals warmherzige Verhältnis zwischen dem (erneut) Obdachlosen und seinen vermeintlichen Wohltätern ist sichtlich abgekühlt. Er fühlt sich betrogen und beklagt, keinen direkten Zugriff auf das Geld zu haben und vermutet, dass das Pärchen dieses bereits selbst verprasst hätte. Wie sonst hätten sich die Rezeptionistin und der Tischler einen neuen BMW sowie Trips nach Kalifornien, Florida und Las Vegas leisten können, fragt er. Der 35-Jährige hat eine andere These: "Ich glaube, sie hatten am Anfang noch gute Absichten, doch durch das viele Geld wurde Gier daraus."

Jetzt geht der Streit vor Gericht weiter. Vertreter der Spendenplattform "gofundme.com" und Bobbitts Anwälte wollen nun herausfinden, ob die Spenden für andere Zwecke abgezweigt wurden. Bobbitt lebt derweil bei seinem ebenfalls obdachlosen Bruder Josh (34) – unter einer Brücke. (rcp)