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Obduktionen liefern neue Erkenntnisse zum Virus

Bisher war kaum bekannt, was Obduktionen von Opfern über das Virus verraten. Nun gibt es neue Erkenntnisse.

Heute Redaktion
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In Österreich gibt es mehr als 500 Todesfälle, weltweit sind es über 170.000. Andreas Rosenwald, Vorstand des Pathologischen Instituts der Universität Würzburg erklärt gegenüber der "Süddeutschen Zeitung": "Abseits der behandelten Symptome weiß man noch zu wenig darüber, was das Virus tatsächlich im Körper anrichtet."

In Deutschland gab das Robert-Koch-Institut im März die Empfehlung ab, Obduktionen zu vermeiden. Denn es bestehe die Gefahr sich mit dem Coronavirus zu infizieren. Dennoch wurden Obduktionen durchgeführt.

In der Schweiz hätten Pathologen je nach Ausstattung der Autopsiesäle und "je nach Mut" geforscht, sagt Alexandar Tzankov, Leiter des Fachbereichs Autopsie am Universitätsspital Basel. Sie hätten bisher 20 Covid-19-Verstorbene obduziert.

Sauerstoffaustausch funktioniert nicht mehr



Tzankov konnte auch bereits Muster erkennen: "Alle Untersuchten hatten Bluthochdruck und ein Großteil der Patienten war auch deutlich übergewichtig." Und mehr als zwei Drittel hätten vorgeschädigte Herzkranzgefässe aufgewiesen. Zudem war ein Drittel an Diabetes erkrankt."

Auch wurden die Schäden am Lungengewebe der Verstorbenen untersucht. Dazu meint Tzankov: "Die wenigsten Patienten hatten eine Lungenentzündung." Sie hätten unter dem Mikroskop aber schwere Störungen der Mikrozirkulation der Lunge erkannt.

Das bedeute, dass der Sauerstoffaustausch nicht mehr funktioniere. Das erkläre auch die Schwierigkeiten bei der Beatmung der Corona-Patienten. "Man kann dem Patienten so viel Sauerstoff geben, wie man will, der wird dann einfach nicht mehr weiter transportiert."

Virus war oft tatsächlich Todesursache

In Deutschland gibt es bezüglich Obduktionen von Corona-Toten einen Bericht des Hamburger Rechtsmediziners Klaus Püschel. Er hat ungeachtet der Empfehlung des Robert-Koch-Instituts, die mittlerweile zurückgezogen wurde, 65 Verstorbene obduziert.

Der Zeitung liegt der Bericht vor. Die Erkenntnisse von ihm deckten sich mit den Erkenntnissen aus Basel. 55 von den Untersuchten hätten eine "kardiovaskuläre Vorerkrankung", also Bluthochdruck, einen Herzinfarkt, Arteriosklerose oder eine sonstige Herzschwäche. Eine Mehrheit hatten zudem auch eine Vorerkrankung der Lunge.

Weltweit gibt es nur wenige systematische Studien zu Obduktionen von Corona-Toten. Laut der Zeitung ist der Bericht des Hamburger Rechtsmediziners der einzige, der auch versucht die Frage zu beantworten, ob die Patienten mit oder an dem Virus gestorben sind. Die Erkenntnis: Bei 61 von 65 Verstorbenen sei der Virus als Ursache für den Tod vermerkt.

Der Basler Pathologe Alexandar Tzankov hält diese Unterscheidung für "akademisch". Er meint dazu, die Lebenserwartung der Verstorbenen mit vielen Vorerkrankungen sei sicher kürzer gewesen als die von Gesunden. Gleichzeitig hält Tzankov fest: "All diese Patienten hätten wahrscheinlich ohne Coronavirus länger gelebt, vielleicht eine Stunde, vielleicht einen Tag, eine Woche oder ein ganzes Jahr." (20min)