Szene
Obonya über Lederhosen und "singende Rechte"
Dieser Sound (of Music) wird wohl nie verklingen – am 8.12. stimmen die Trapps in einer ORF-Premiere ihr Liedchen an. Cornelius Obonya spielt Verräter Konrad. Der Talk:
"Die Trapp-Familie – Ein Leben für die Musik" (8.12., 20.15 Uhr, ORF 2) ist kein Remake, sondern "eine ganz andere Erzählung", so Regisseur Ben Verbong über das Movie, das 2015 anlässlich des 50jährigen Jubiläums der weltweit erfolgreichsten Musicalverfilmung ins Kino kam. Der Film erzählt die Geschichte hinter der Legende. "Alle Filme bisher geben die Sicht der Maria von Trapp wieder. Unser Projekt basiert auf den Memoiren der ältesten Trapp-Tochter Agathe."
Familiengeschichte zwischen Monarchie, Hitler und Welterfolg
Neben Golden-Globe-Gewinnerin und Oscar-Nominee Rosemary Harris, Matthew Macfadyen, Eliza Hope Bennett sind auch die Österreicher Cornelius Obonya (spielt Chauffer Konrad, dessen Eifersucht sich in einer Art Hass entlädt, den er mit Hilfe seines Naziseins kanalisieren kann) und Johannes Nussbaum, sowie Annette Dasch, Yvonne Catterfeld und Robert Seeliger zu sehen. Das Drehbuch stammt von Tim Sullivan und Christoph Silber – nach der Autobiografie von Agathe von Trapp "Memories Before and After The Sound of Music". Anschließend, um 22.00 Uhr, erzählt die Dokumentation „Sound of Austria" von Gerhard Jelinek und Birgit Mosser-Schuöcker an Original-Schauplätzen und mit Archivmaterial die Geschichte einer Familie zwischen Habsburger-Monarchie, Weltwirtschaftskrise, Hitler und dem Welterfolg in Amerika.
The Sound of Music (wörtlich übersetzt: Der Klang der Musik) ist ein Musical mit der Musik von Richard Rodgers und Texten von Oscar Hammerstein. Das Buch stammt von Howard Lindsay und Russel Crouse. Die Broadway-Premiere war am 16. November 1959 im Lunt-Fontanne Theatre in New York; die Show erreichte 1443 Aufführungen. Der auf dem Musical basierende Film feierte 1965 in New York Premiere. Er zählt zu den vier erfolgreichsten Hollywood-Musikfilmen überhaupt, ist weltweit einer der meistgesehenen Filme der Geschichte und prägt vor allem in den Vereinigten Staaten, Lateinamerika und Japan das Österreich-Image bis zum heutigen Tag, während er im deutschsprachigen Raum nur auf mäßigen Erfolg stieß und dort bis heute weitgehend unbekannt ist.
Interview mit Cornelius Obonya
"Heute": Die Geschichte der Trapp-Familie bzw. "The Sound of Music" gehört (vor allem) in den USA quasi zum Allgemeinwissen – bei uns hat den Film aber kaum jemand tatsächlich gesehen. Woher rührt Ihrer Meinung nach diese fast schon hysterische Faszination der Trapps?
Obonya: Meine Mutter war in den 50ern als Austauschschülerin in den USA. Dort waren alle sehr erstaunt, dass in Österreich nicht alle in Lederhosen und Dirndl ständig jodelnd durch die Berge springen. Genauso wie hierzulande nach dem Krieg noch ältere Damen in Ohnmacht fielen, als die ersten schwarzen GIs aus den Panzern stiegen. Es hat mit viel Unkenntnis in den damaligen Jahren zu tun. Es war in Amerika einfach etwas ganz Eigenes, eine singende Familie in der Tracht des gerade besiegten Landes zu sehen, die keine Nazis waren. Und es muss auch etwas "Westernhaftes"gehabt haben - es war erdig.
"Heute": Welche Werte prägen diese Familie – und damit ihren großen Erfolg?
Obonya: Gemeinschaft, Familie, genau das, was Amerika in seinem Selbstverständnis groß werden ließ.
"Heute": Sie sind im Film ein echter Verräter. War Konrad das schon immer oder wird er es erst im Laufe der Zeit? Gibt's da ein ganz spezielles auslösendes Moment?
Obonya: Nein, es ist eine Reihe von Dingen, eines führt zum anderen, dieser Mann glaubt noch an das "Sozial" im Nationalsozialismus, wie viele seiner Zeit, aber eben über den nationalen, ausgrenzenden Weg, was immer noch schiefgelaufen ist. Zu jeder Zeit. Das Elend, das er sehen muss, die soldatische Demütigung des 1. Weltkrieges, die persönlichen Zurücksetzungen. Ein Cocktail, aus dem immer nur Gift kommen konnte.
"Heute: Lederhosen, Dirndl, Trachten – hatte diese historisch durchaus belastete "Mode" auf die Stimmung am Set, das Gefühl bei den Dreharbeiten irgendeinen Einfluss?
Obonya: Die englischen Kollegen fanden das durchaus lustig, Tracht zu tragen. Es war neu für sie. Damals, in den Vierzigern war es einfach normal. Farblich übrigens eigentlich frischer. Sieht man auch im Fim – ungewohnt, aber so wars. Erst durch die Nazi-Zeit hat die Tracht diesen "Geruch" bekommen. Darüber sind wir ja raus – auch wenn daraus heute wieder ein Erkennungszeichen einer konservativ-nationalen Identität gemacht wird. Natürlich nur von den Konservativ-Nationalen. Das ist leider ein Schritt zurück.
"Heute": Besitzen Sie eine Tracht? Wenn ja, zu welchen Anlässen tragen Sie sie?
Obonya: Ich besitze eine Lederhose aus Bad Aussee mit traditioneller Randung, sodaß der Kenner weiß, dass es sich um eine "Bad Ausseer" handelt. Habe ich schönerweise lernen dürfen. Trage sie gerne einfach im Sommer - aber nie in kompletter Montur, die ich gar nicht besitze. Das sehen die Ausseer bei Wienern zu Recht nicht so gerne. Aber ein Zeichen der Zugehörigkeit nach 30 Jahren in der Gegend ist es allemal und wird als einzelnes Teil gerne akzeptiert. Ich trage auch gerne Kilt.
"Heute": "Frauen im Dirndl, die singen und durch die Wälder laufen. Das ost irgendie gruselig" – so beschreibt Johannes Nussbaum (er gibt ein Sozialdemokrat und Mitarbeiter einer Arbeiterzeitung, Anm.) das Bild von Österreich in Amerika. Wie würden Sie einem Amerikaner Österreich beschreiben?
Obonya: Ich denke, dass dies Bild längst veraltet ist. Wenn wir in den nächsten Jahren allerdings nicht aufpassen, dann werden wir noch ein paar andere Filme drehen müssen, damit das Bild nicht wieder heißt: Singende Rechte in dirndelnden Hosen, die durch die Wälder toben und brüllen: "Lasst's nur nix Neues rein ins Land!"