Vor neuer Israel-Offensive

Österreicherin in Rafah: Leid "absolut unvorstellbar"

1,5 Millionen Palästinenser sind vor der israelischen Armee nach Rafah geflohen. Die Grenzstadt platzt aus allen Nähten, die Lage ist katastrophal.

Roman Palman
Österreicherin in Rafah: Leid "absolut unvorstellbar"
Lisa Macheiner ist Projektkoordinatorin für Ärzte ohne Grenzen, war schon in Afghanistan, Libyen und jetzt in Rafah.
Ärzte ohne Grenzen Österreich / YouTube

Israels Verteidigungsminister Yoav Galant hat am Mittwoch einen baldigen Beginn der geplanten Militäroffensive in der südlichen Stadt Rafah angedeutet. "Es gibt keinen sicheren Hafen für Terroristen in Gaza", sagte er am Mittwoch. Auch Israels rechter Regierungschef Benjamin Netanyahu hält trotz internationaler Warnungen – Joe Biden erklärte es zur "roten Linie" – an der Offensive fest, sehnt einen "absoluten Sieg" herbei.

In Rafah an der Grenze zu Ägypten suchen derzeit rund 1,5 Millionen Palästinenser auf engstem Raum und unter elenden Bedingungen Schutz vor dem Vormarsch der israelischen Armee. Die Lage dort ist katastrophal, sagt Lisa Macheiner am Donnerstag im Interview mit dem "Ö1-Morgenjournal". Die Projektkoordinatorin bei Ärzte ohne Grenzen ist erst am Wochenende nach einem Monat in Rafah zurück nach Österreich gekommen.

"Unglaubliche Verzweiflung"

"Mir fehlen ein bisschen die Worte. Ich hab viel überlegt, aber es ist einfach eine unglaubliche Verzweiflung, eine unglaubliche Angst. Egal wo man hinschaut, drängen sich die Menschen dicht zusammen und versuchen irgendwo in Rafah, Sicherheit zu finden. Das habe ich in diesem Ausmaß so noch nie gesehen", schildert die erfahrene Krisenhelferin bedrückt.

Ramadan im Flüchtlingscamp: Palästinenser beim gemeinsamen Abendmahl Iftar am 11. März 2024 in Rafah.
Ramadan im Flüchtlingscamp: Palästinenser beim gemeinsamen Abendmahl Iftar am 11. März 2024 in Rafah.
SAID KHATIB / AFP / picturedesk.com

2020 und 2021 hatte sie zehn Monate an der Gesundheitsgrundversorgung in Libyens Internierungslagern gearbeitet, doch selbst vor diesem Hintergrund schockt sie die Lage in Gaza: "Es fehlt an allem. Das Gesundheitssystem ist absolut kollabiert, es existiert nicht mehr."

Infektionskrankheiten breiten sich aus

Ärzte ohne Grenzen versuche vor Ort zu helfen, "wie es nur irgendwie geht." Unter anderem wurde ein Feldkrankenhaus mit 80 Betten errichtet. "Wir haben hauptsächlich Menschen mit schweren Kriegsverletzungen, Traumaverletzungen, schwere Verbrennungen." Die würden nach den notwendigen Operationen auch eine Nachsorge benötigen. Gerade das sei schwierig, weil die Patienten immer wieder flüchten müssten.

Dazu würden sie unter Bedingungen leben, die "absolut unvorstellbar" sind. Es gibt keine Hygiene, keine Toiletten, Duschen, zu wenig Zelte. Nicht zuletzt aus medizinischer Sicht eine Katastrophe: "Die Wunden infizieren sich und müssen neu versorgt werden", so Macheiner. "Wir sehen auch immer mehr, wie sich infektiöse Krankheiten verbreiten."

"Den Wasserhahn endlich aufdrehen"

Luftabwürfe von Hilfsgütern seien "zu wenig und absolut unzureichend". Die Österreicherin sieht nur eine Lösung: Die Grenzübergänge müssten aufgemacht werden.

"Für mich ist das wirklich das Bild von einem Wasserhahn: Es kommt ein Tropfen, immer mal wieder. Was es aber braucht, ist, dass jemand diesen Wasserhahn aufdreht und die ganzen Lastwägen, die an der Grenze stehen, einfahren können und wir unsere Arbeit machen können."

"Man kann sich das überhaupt nicht vorstellen"

Das menschliche Leid im Gazastreifen sei unbeschreiblich: "Die haben ihre Häuser verloren, ihr Hab und Gut, ihre Familienmitglieder. Die sind müde, die wollen einen Frieden, die wollen einen Waffenstillstand. Man kann sich das überhaupt nicht vorstellen, wie Menschen dort leben."

Und wie sehen die Geflüchteten die Rolle der Hamas bei alledem? "Die Menschen, die ich sehe, sind schwer verwundet. Da geht es einmal darum, dass man ihr Überleben sicherstellt. Das ist nicht ein Thema, das diskutiert wird", verwies Macheiner auf ihre vorrangig medizinische Tätigkeit.

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