Wien

ÖVP mit 8-Punkte-Plan für stärkeren Stadtrechnungshof

Der Stadtrechnungshof ist die Kontrollinstanz in Wien. Dennoch hänge er am Gängelband der SPÖ, kritisiert die ÖVP Wien. Sie will das nun ändern.

Louis Kraft
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Mit einem 8-Punkte-Plan will die ÖVP Wien (v.l.n.r.: Stadtrechnungshofsprecher Michael Gorlitzer und Klubchef Markus Wölbitsch) den Stadtrechnungshof stärker und unabhängiger machen.
Mit einem 8-Punkte-Plan will die ÖVP Wien (v.l.n.r.: Stadtrechnungshofsprecher Michael Gorlitzer und Klubchef Markus Wölbitsch) den Stadtrechnungshof stärker und unabhängiger machen.
Louis Kraft

"Wir sind große Fans des Wiener Stadtrechnungshofs", erklärt der Klubchef der ÖVP Wien, Markus Wölbitsch, am Mittwoch vor Journalisten. Kein Fan sind die Stadt-Türkisen jedoch von der – aus ihrer Sicht – Abhängigkeit der Prüfer vom Wiener Magistrat und damit von Bürgermeister Michael Ludwig.

Mit einem 8-Punkte-Plan wollen Wölbitsch und Stadtrechnungshofsprecher Michael Gorlitzer dem Stadtrechnungshof nun zu mehr Freiheit und neuen Prüfkompetenzen verhelfen. Im kommenden Gemeinderat, bei dem auch der Tätigkeitsbericht der Stadtprüfer für das Jahr 2020 besprochen wird, wollen sie einen entsprechenden Antrag einbringen. Die Chancen auf Umsetzung stehen aber wohl schlecht.

Nur 62 Prozent der Empfehlungen wurden umgesetzt

Im vergangenen Jahr nahmen die 60 Prüfer des Stadtrechnungshofs 119 Geschäftsstücke unter die Lupe, erstellten 55 Prüfberichte. Coronabedingt gab es im vergangenen Jahr statt den sonst fünf nur drei Aussschüsse. Von den insgesamt 388 Empfehlungen, die der Stadtrechnungshof an die geprüften Magistratsabteilungen und Unternehmen aussprach, wurden nur 62% umgesetzt. Und das nicht immer vollständig, wie Gorlitzer kritisierte: "In manchen Fällen, wie etwa dem Volkstheater, wurden von 48 Empfehlungen nur elf halbwegs umgesetzt", so der VP-Gemeinderat. 

Um dem Stadtrechnungshof zu mehr Schlagkraft und vor allem Unabhängigkeit zu verhelfen, hat die ÖVP folgende konkrete Forderungen parat:

8-Punkte-Plan soll Unabhängigkeit und mehr Zuständigkeiten bringen

1
Stadtrechnungshof soll eigenes Organ werden und Personalhoheit bekommen

Die wichtigste betrifft die Ausgegliederung des Stadtrechnungshofs aus dem Wiener Magistrat und die Umwandlung zu einem eigenständigen Organ der Stadt. "Wenn der Stadtrechnungshof derzeit mehr Ressourcen, etwa Personal, benötigt, muss dessen Direktor bei Bürgermeister Ludwig betteln gehen", kritisiert Wölbitsch. Genehmigt würde das aber nur, wenn die Prüfer "brav seien". 

Neben der Ausgliederung, die eine Weisungsfreiheit von der SPÖ mit sich brächte, will die ÖVP für den Stadtrechnungshof auch eine Personalhoheit sowie ein eigenes Dienst- und Besoldungsrecht. Die Abrechnung der Löhne über das Magistrat sei für Gorlitzer aber kein Problem.

2
Stadtrechnungshof soll auch 25% Beteiligungen der Stadt prüfen dürfen

Wie in anderen Bundesländern wie etwa Niederösterreich oder der Steiermark bereits möglich, soll der Stadtrechnungshof künftig auch Unternehmen prüfen können, an denen die Stadt mit zumindest 25 Prozent beteiligt ist. Bisher liegt die Grenze bei 50 Prozent.

Ein Beispiel dafür wären etwa die Volkshochschulen in Wien. "2020 erhielten sie 235 Millionen Euro Förderung, obwohl 30 bis 40 Prozent der angebotenen Kurse gar nicht stattfanden", so Gorlitzer. Daneben gebe es "eine Unzahl" von Unternehmen, bei denen die Stadt indirekt, etwa über die Wien Holding, beteiligt sei. Auch diese sollen künftig unter die Lupe genommen werden können.

3
Stadtrechnungshof soll Großprojekte begleiten

Was in der Steiermark schon gang und gebe ist, soll nach Plan der ÖVP Wien nun auch in Wien kommen. Bei Großprojekten wie etwa dem Bau der neuen Mega-Arena in Neu-Marx (Landstraße) sollen die Prüfer künftig auf die Unterlagen der ohnehin nötigen laufenden Kontrolle zugreifen und bei Problemen rechtzeitig warnen können. Aktuell etwa beim Bau des neuen U2/U5-Linienkreuzes.

Gorlitzer, der im Hauptberuf Herzchirurg an der Klinik Floridsdorf, tätig ist, erinnert sich an die Probleme bei Bau des früher als KH Nord bezeichneten Spitals. Hätte es da eine begleitende Kontrolle gegeben, hätte vieles verhindert werden können. Dass sich durch die begleitende Kontrolle die Bauzeiten der Projekte verlängern könnte, glaubt Wölbitsch nicht. Zwischengeprüft werden soll an wichtigen Abschnitten, etwa nach Abschluss des Architekturwettbewerbs.

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Unternehmen müssen 25% der Empfehlungen innerhalb eines halben Jahres umsetzen 

Bisher hatten durch den Stadtrechnungshof geprüfte Magistratsabteilungen und Unternehmen neun Monate Zeit, die Empfehlungen des Stadtrechnungshofs umzusetzen. Der ÖVP Wien ist das zu lange, sie will die Frist auf sechs Monate kürzen. Damit soll verhindert werden, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen verzögert werden.

Zudem sollen die geprüften Unternehmungen künftig zumindest 25 Prozent der Empfehlungen umsetzen müssen. Geschieht dies nicht, soll eine verpflichtende Nachprüfung folgen. Bisher erfolgt das nur, wenn gar keiner Empfehlung Folge geleistet wird.

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Stadtrechnungshof soll halbjährliche Berichte erstellen

Die Idee, dass der Stadtrechnungshof alle sechs Monate Zwischenberichte erstellt und an den Wiener Gemeinderat übermittelt, hatten schon SPÖ und Neos. Festgeschrieben wurde das auch im rot-pinken Regierungsprogramm. Geschehen sei dennoch nichts, kritisiert Wölbitsch. Er hält die Maßnahme für eine gute und will nun bei der Umsetzung anstoßen. 

6
Auch Bezirke sollen Stadtrechnungshof anrufen können

Im Vergleich zum Bund hinke Wien bei den Prüfkompetenzen nach, kritisiert Wölbitsch. So gebe es etwa die Möglichkeit, wenn sich Parteien bei Untersuchungskommissionen ungerecht behandelt oder zu wenig gehört fühlen, den Verfassungsgerichtshof um Hilfe anzurufen. In Wien soll der Stadtrechnungshof als Helfer in der Kontroll-Not fungieren.

Daneben will die ÖVP Wien auch die Bezirksrechte stärken. So sollen künftig auch die Bezirksvertretungen einmal pro Legislaturperiode (das sind fünf Jahre) ein Prüfansuchen stellen dürfen. Allerdings mit einer Einschränkung: Die Prüfersuchen müssen sich auf den betreffenden Bezirk begrenzen und von Relevanz sein. Polit-Streits um Parkbänke werden die Stadtprüfer also nicht beschäftigen.

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Stadtrechnungshof soll bei Gesamtgebarung von 100.000 Euro prüfen

Tätig werden können sollen die Prüfer künftig auch bei Vereinen, die von der Stadt gefördert werden und die eine jährliche Gesamtgebarung von mindestens 100.000 Euro haben. Darunter fallen etwa von der Stadt subventionierte Horte.

8
Klare Regeln in der Geschäftsordnung

Als letzte Forderung nennen Wölbitsch und Gorlitzer die Festschreibung klarer Regeln und Kompetenzen in der Geschäftsordnung des Stadtrechnungshofs. Bisher sei dessen Funktion nur in der Wiener Stadtverfassung festgeschrieben, über detaillierte Aufgaben und Regeln gebe es dort aber nichts zu lesen. Das führe oft zu Unklarheiten, so die ÖVP Wien.

All die geforderten Zusatzaufgaben bedeutet auch eine Menge zusätzlicher Arbeit für die Prüfer der Stadt. Daher spricht sich die ÖVP für mehr Personal aus. Kommt die geforderte Personalhoheit, kann der Stadtrechnungshof selbst entscheiden, wann und wieviel zusätzliche Prüfer gebraucht werden. 

"Kein Vertrauen in Transparenz-Stadtrat"

Das SPÖ und Neos dem Antrag der ÖVP Wien zustimmen, gilt mehr als fraglich. Zum Einen, weil im Rathaus längst ein Arbeitskreis arbeitet, der die im rot-pinken Regierungsprogramm vereinbarte Stärkung der Kontrollrechte des Stadtrechnungshofs umsetzen soll. Die Erfolge werden Rot-Pink präsentieren, die ÖVP wird dabei keine Rolle spielen.

Zum anderen gibt es in Wien mit Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos) erstmals auch einen Transparenz-Stadtrat. "Zuständig ist Wiederkehr aber nur für sein eigenes Ressort, seitens der SPÖ Wien ist es gar nicht gewünscht, dass jemand Einblick in deren Ressorts erhält. Daher ist haben wir kein Vertrauen in den Transparenz-Stadtrat", so Wölbitsch. 

Für Gorlitzer würde es dennoch wundern, sollten die Neos im Gemeinderat gegen den Antrag stimmen, denn vor der Regierungsbeteiligung hätten die Pinken ähnliches für den Stadtrechnungshof gefordert. Lösen wird sich das bei der Gemeinderatssitzung am 23. Juni.

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