Wien

Internet gelöscht? Wienerinnen machen Omas online-fit

Technik geduldig erklärt – das versprechen die Gründerinnen der "Qualitätszeit". Bei Kaffee und Kuchen erklären sie das Internet und digitale Geräte.

Heute Redaktion
Daniela Weinholtz (42) nimmt Roswita (79) im Einzelcoaching die Scheu im Umgang mit ihrem neuen Smartphone. Den Verein "qualitätszeit" gibt es seit 2016 in der Gumpendorfer Straße. 
Daniela Weinholtz (42) nimmt Roswita (79) im Einzelcoaching die Scheu im Umgang mit ihrem neuen Smartphone. Den Verein "qualitätszeit" gibt es seit 2016 in der Gumpendorfer Straße. 
Helmut Graf

Von wegen, "das ist doch ganz einfach!" Für manche ist das eben nicht einfach zu verstehen, warum ein Computer ohne zu fragen Updates macht (was soll das überhaupt sein?) und warum ständig irgendwelche Seiten Cookies anbieten. Was ist ein Cookie? Ist er gefährlich? Was ist der richtige Klick – annehmen oder lieber ablehnen? Sind meine Daten dann gefährdet?

Bei allen Fragen zu Internet, Smartphone, Tablet und Co. reagieren Daniela Weinholtz (42) und Luise Steinkellner (41) geduldig und ohne Überheblichkeit. Ihre Kunden sind in der Regel 65+. Das Angebot der "qualitätszeit" richtet sich zwar an Senioren. Während der Homeoffice-Zeit wegen Covid kamen aber auch jüngere Kunden, die nicht wussten, wie man MS-Teams und Zoom benutzt – oder Lehrer, die unsicher waren, wie man online Unterricht durchführt oder Therapeuten, für die Online-Beratungen Neuland waren.

Daniela Weinholtz ist gelernte Medienpädagogin und Luise Steinkellner ist Marketing-Expertin. 2012 gründete sich der gemeinnützige Verein, seit 2016 sind sie in dem Ladenlokal in der Gumpendorfer Straße 73 (Mariahilf). "Wir leben davon, im Selbsterhalt – auf Gewinn sind wir nicht ausgerichtet. Wir bieten den Service so günstig wie möglich an".

Luise Steinkellner (41), Daniela Weinholtz (42) und Kobi, der kleine Wachhund in der "qualitätszeit". Den "Trainingsraum für Internet und Technik" haben sie mit analogen Telefonen mit Wählscheibe, alten Radios und anderen Dingen eingerichtet, die ältere Leute nett finden oder noch von früher kennen.
Luise Steinkellner (41), Daniela Weinholtz (42) und Kobi, der kleine Wachhund in der "qualitätszeit". Den "Trainingsraum für Internet und Technik" haben sie mit analogen Telefonen mit Wählscheibe, alten Radios und anderen Dingen eingerichtet, die ältere Leute nett finden oder noch von früher kennen.
Helmut Graf

Gemeinnütziger Verein für Medienarbeit und Generationen

Einer aktuellen Befragung zufolge nutzen mehr als die Hälfte der Menschen über 65 Jahren kein Smartphone. Roswita (79) hat eins: seit April 22. Sie kaufte es, als ihr altes Tastentelefon kaputt ging. Sie fragt sich nun aber oft, was das für Berechtigungen sind, nach denen die Apps fragen. Sie hat Angst, dass wieder SMS und Fotos verschwinden und sie fragt sich, wo ihre Daten landen. "Warum muss ich Updates machen? Ich möchte das alles verstehen", sagt Roswita. "Wir versuchen alles auf Deutsch zu benennen", so Luise Steinkellner. Desktop, Cookies, Update machen auf Deutsch weniger Angst. Aber das Wort "Chat" sei inzwischen eh aus der Politik bekannt.

Pensionisten sollten aufpassen bei Abofallen und nicht blind vertrauen

Ist denn die Angst "vor dem Internet" mancher Pensionisten berechtigt? Daniela Weinholtz erinnert sich an eine alte Dame aus dem Seniorenheim: diese hatte einen Fake-(gefälschten) Anruf angeblich von Microsoft erhalten, dem Anrufer vertraut und ihm Zugriff auf ihren Computer erlaubt. Dann wurden ihr 3.000 Euro abgebucht – für immer verloren. "Wir wollen auf solche Gefahren hinweisen. Und den Menschen trotzdem die Angst vor dem Internet nehmen", so Daniela Weinholtz. Circa 12 Besucher haben sie täglich in ihrem mit Büchern, analogen Telefonen samt Wählscheibe und alten Radios ausgestatteten "Trainingsraum".

Erich (79) ist Stammgast. Und Applewatch-Träger. Es ist viel einfacher hier Fragen zu stellen, als die eigenen Kinder zu strapazieren, sagt er. "Die rollen mit den Augen". Und "man holt mich hier aus der Vergangenheit ins Heute". Für eine Beratung würden sich die Trainerinnen eine ganze Stunde Zeit nehmen. "Geduld ist hier Standard", so Erich dankbar. Man bekommt hier außerdem das Gefühl: "Ich bin nicht nur blöd", sagt Roswita lächelnd.

Viele Aha-Momente hatte Erich schon in der Beratung. Er ist Stammgast und hat technisch aufgerüstet mit Apple-Watch, Smartphone und ThinkPad.
Viele Aha-Momente hatte Erich schon in der Beratung. Er ist Stammgast und hat technisch aufgerüstet mit Apple-Watch, Smartphone und ThinkPad.
Helmut Graf

Frauen trauen sich eher nach Hilfe zu fragen

"Frauen waren bei uns zunächst deutlich in der Überzahl, im Verhältnis von 70:30", erinnert sich Daniela Weinholtz. "Frauen trauen sich eher her". Dann erkannten die Ehemänner "Meine Frau ist ja viel fitter als ich!" – dann wollten sie schleunigst nachziehen. Und "jetzt kommen auch mehr Männer zu uns". Roswita findet, "die Sprache von den Frauen ist anders als von männlichen IT-lern. Man fühlt sich hier nicht deppert und man hört auch kein 'das ist doch lächerlich!', wenn man etwas nicht versteht".

Seit Roswita zu "qualitätszeit" geht, hat sie viel mehr Medienkompetenz und gerät nicht mehr in Panik, wenn das Handy etwas macht, wozu sie es gar nicht aufgefordert hat. "Wenn unsere Kunden uns nicht mehr brauchen, haben wir alles richtig gemacht" fassen Daniela Weinholtz und Luise Steinkellner das Ziel ihrer Arbeit zusammen.

Mehr Infos findest du hier
60 Minuten Einzelstunde im Geschäft: 44,00 Euro
60 Minuten Hausbesuch: 64 Euro
30 Minuten via Fernwartung: 22,00 Euro

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