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"Olympische Spiele werden zum Selbstmordauftrag"

Die Angst vor Olympia geht um. Die Gegenwehr in Japan wächst. Petitionen, Demonstrationen und mächtige CEOs machen sich für eine Absage stark.

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In Tokio kommt es zu Demonstrationen gegen die Olympischen Spiele.
In Tokio kommt es zu Demonstrationen gegen die Olympischen Spiele.
imago images

Zehn Wochen vor dem geplanten Beginn der Olympischen Spiele in Tokio hat die japanische Regierung den Corona-Notstand ausgeweitet. Nach den Präfekturen Tokio, Kyoto, Osaka und Hyogo gilt er nun in drei weiteren Regionen, darunter auf der nördlichen Insel Hokkaido, wo der olympische Marathon stattfinden soll.

Japan hat derzeit mit einer vierten Corona-Infektionswelle zu kämpfen: Das Gesundheitssystem des Inselstaats ist stark belastet. In der japanischen Hauptstadt und weiteren Landesteilen gilt bereits der Corona-Notstand. Viele Japaner sind deshalb für eine Absage der Olympischen Sommerspiele – sie befürchten, dass das sportliche Großereignis zu einem weiteren Infektionsherd werden könnte. Am Freitag übergab der frühere Gouverneurskandidat Kenji Utsunomiya eine Petition mit 351.000 Unterschriften gegen die Abhaltung der Spiele an die Tokioter Gouverneurin Yuriko Koike. "Die Olympischen Spiele unter diesen Bedingungen abzuhalten, bedeutet, dass wir wertvolle medizinische Ressourcen dafür binden müssen", kritisierte er. Man wolle noch weitere Unterschriften sammeln – "bis die Absage (der Spiele) verkündet wird", wie Utsunomiya sagte. "Leben ist wichtiger als Geld", fügte er hinzu.

CEOs von Großunternehmen kritisieren die Spiele

Bereits am Donnerstag hatte ein japanischer Ärzteverband vor der Abhaltung der Olympischen Spiele unter Corona-Bedingungen gewarnt. Es sei "unmöglich", für sichere Spiele zu sorgen, erklärte er. Zu den prominentesten Kritikern der Spiele gehört auch der Geschäftsführer des japanischen Konzerns Softbank, Masayoshi Son. Er sagte dem Sender CNBC, er fürchte sich vor dem Großereignis. Auch Hiroshi Mikitani, CEO von Rakuten – einem der zehn größten Internetunternehmen der Welt, hat sich öffentlich gegen die Olympischen Spiele ausgesprochen. Er warnt vor gravierenden Folgen und spricht von einem "Selbstmordauftrag". Es sei nicht zu spät die Spiele abzusagen.

Für weitere Kritik in der Bevölkerung sorgten in dieser Woche Medienberichte, wonach rund 2500 Personen der japanischen Sportverbände priorisiert werden bei der Impfkampagne. Heißt: Olympia-Teilnehmer und Staff sollen vor der allgemeinen Bevölkerung geimpft werden. Biontech/Pfizer hat sich zudem bereit erklärt, Corona-Impfstoff für die Teilnehmer der Olympischen Sommerspiele in Tokio zu spenden. Der Corona-Impfstoff für die Athleten werde "zusätzlich zu den Dosen bereitgestellt, die im Rahmen von Liefervereinbarungen mit Regierungen weltweit bereitgestellt werden", erklärten die Pharma-Unternehmen.

IOC rechnet mit hoher Impfquote

Die japanischen Olympia-Organisatoren argumentieren dagegen, dass Hygiene-Maßnahmen eine sichere Abhaltung der Spiele gewährleisten können. In den vergangenen Tagen organisierten sie eine Reihe erfolgreicher Test-Ereignisse, darunter auch solche, an denen ausländische Athleten teilnahmen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) rechnet zudem für die Sommerspiele in Tokio mit einer hohen Impfquote bei den Teilnehmern. "Eine große Mehrheit im Athletendorf wird geimpft sein", sagte IOC-Sprecher Mark Adams. Dies schließe neben den Sportlerinnen und Sportlern auch die Trainer und Betreuungsteams ein, die während der Spiele im olympischen Dorf wohnen werden.

Wegen der Corona-Pandemie waren die Sommerspiele im März 2020 um ein Jahr verschoben worden. Sie sollen nun vom 23. Juli bis 8. August stattfinden. Die Olympia-Verantwortlichen und Organisatoren pochen auf einer Ausrichtung der Spiele. Allerdings wurde die Einreise von Zuschauern aus dem Ausland bereits untersagt.

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