Ukraine

ORF-Star in Ukraine: "Dann müssen wir uns zurückziehen"

ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz berichtet seit Tag 1 von der russischen Invasion in der Ukraine. Im Interview erzählt er von seinem Alltag.

Leo Stempfl
    Wir schreiben mittlerweile Tag 16 im Ukraine-Krieg und die Lage spitzt sich weiter zu. "Die Leute haben angefangen, um Lebensmittel zu kämpfen", erklärt das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zur Lage in der Stadt Mariupol.
    Wir schreiben mittlerweile Tag 16 im Ukraine-Krieg und die Lage spitzt sich weiter zu. "Die Leute haben angefangen, um Lebensmittel zu kämpfen", erklärt das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zur Lage in der Stadt Mariupol.
    ARIS MESSINIS / AFP / picturedesk.com

    Seit dem ersten Tag des Kriegs und auch bei den stetig voranschreitenden Truppen Russlands bleibt einer unerschrocken in der Ukraine: ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz. Mehrmals musste er bereits seinen Ort wechseln, weil es zu brenzlig wurde. Erst Mariupol, das mittlerweile eingekesselt ist, dann das Kiewer Regierungsviertel, wo es am Tag mehrere Attentatsversuche gibt.

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    Mittlerweile berichtet er aus Bila Zerkwa, einer 200.000 Einwohner großen Stadt 70 Kilometer südlich von Kiew. Im Interview mit dem "Horizont" berichtet der Miliz-Major und Militärdolmetscher (Russisch und Ukrainisch) von seinem neuen Alltag.

    Kriegsberichte sollten härter sein

    Diesen verbringt er mit seinem Team, das aus einem Kameramann, einem Fahrer und einem Produzenten besteht. In Kiew erhalte man zwar die besten Bilder, doch wenig tatsächlich der Großangriff startet, erreichen diese die Außenwelt wohl nicht mehr. Noch schlimmer – "es könnten freilich auch die letzten gewesen sein", so Wehrschütz.

    Die brutalsten Bilder bleiben den ORF-Zusehern aber verwehrt. Auch wenn der Star-Reporter der Meinung ist, "dass man in der Kriegsberichterstattung durchaus härter sein sollte. Weil Krieg heißt nun einmal Opfer – und nicht nur Zerstörungen. So schlimm das ist."

    Bei der Recherche ist es hilfreich, dass er fließend Russisch und Ukrainisch spricht. Neben den Medien spielt vor allem Telegram eine wichtige Rolle. "Nicht auf Telegram zu sein im postsowjetischen Raum, bedeutet Analphabet zu sein."

    Rückzug erst bei russischem Überrollen

    Auch wenn sich in der Heimat Frau, Kinder und Enkel sorgen: "Ich bleibe, solange es eine Internetverbindung gibt, solange wir hier arbeiten können und solange ich sehen kann, dass das Gebiet nicht russisch überrollt wird", kündigt Wehrschütz im "Horizont" an. "Dann müssen wir uns zurückziehen."

    Schwierig sei die Berichterstattung auch, weil in einem Krieg stets beide Seiten versuchen, "Journa­list:innen zu manipulieren und sie auf ihre Seite zu ziehen." Nach so vielen Jahren durchschaue Wehrschütz aber selbstverständlich auch die ukrainische Propaganda. 

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