Wirtschaft

Österreichs Wirtschaft fehlen 162.000 Fachkräfte

Den heimischen Unternehmen fehlen qualifizierte Arbeitskräfte. WKO-Chef Mahrer will, dass die Regierung gegensteuert.

Heute Redaktion
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Österreichs Wirtschaft brummt, heuer wird sie um 3,1 Prozent zulegen. Doch ein Umstand hemmt den Aufschwung: Der Wirtschaft fehlen 162.000 Fachkräfte. Laut einer Studie der Wirtschaftskammer spüren bereits 87 Prozent der Unternehmen den Fachkräftemangel.

"Wenn wir nicht gegensteuern, wird der Fachkräftemangel zu einem Problem, das in der Endlosschleife läuft", warnte WKÖ-Präsident Harald Mahrer. Knapp die Hälfte der Unternehmen klagten, dass der Fachkräftemangel dazu führe, dass sie Produkt- und Serviceinnovationen einschränken müssen.

Mehr Lehrlinge könnten das Problem mildern. Doch die Bundesregierung will Asylwerbern den Zugang zur Lehre verbieten. Derzeit sind rund 1.000 asylwerbende Personen unter 25 Jahren in einer Lehre tätig – der Großteil im Gastronomiegewerbe.

Der Appell

Die Internetplattform "aufstehn.at" hat deshalb den Appell "Lasst sie eine Lehre machen!" an Bundeskanzler Sebastian Kurz und Sozialministerin Beate Klein-Hartinger gerichtet. Die Bundesregierung solle Asylwerbern den Zugang zur Lehre nicht verbieten.

Bisher hatte ein Erlass aus dem Jahr 2012 Asylwerbern erlaubt, eine Lehre in Mangelberufen zu machen. Damit wurde eine Möglichkeit für Unternehmen geschaffen, dringend benötigte Lehrlinge als Fachkräfte auszubilden. Dieser Erlass soll jetzt aufgehoben werden. Bis Freitag Mittag hatten mehr als 31.000 Menschen den Appell bereits unterzeichnet.

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Starker Fachkräftemangel

Der Fachkräftemangel sei bereits für 87 Prozent der Betriebe spürbar, 75 Prozent der Betriebe litten bereits unter starkem Fachkräftemangel. Zum Vergleich: 2017 fühlten sich „erst" zwei Drittel der Betriebe vom Fachkräftemangel betroffen. 60 Prozent der Betriebe sagten, dass der Fachkräftemangel zu Umsatzeinbußen führe oder bald führen werde. 82 Prozent der Betriebe befürchteten in den nächsten drei Jahren eine weitere Verschärfung des Fachkräftemangels in ihrer Branche.

Arbeitskräfte werden weniger

Hintergrund des Fachkräftemangels sei der Rückgang des Arbeitskräfteangebots, so Mahrer: Die Zahl der 20- bis 60-Jährigen, also der Personen im Erwerbsalter, erreiche heuer ihren Höhepunkt. Ab 2019 nehme die Zahl ab und werde bis zum Jahr 2030 um mehr als 230.000 Personen zurückgehen. Schon 2024 werde es um 40.000 60-Jährige mehr als 20-Jährige geben.



"Gegensteuern"

"Wenn wir nicht gegensteuern, wird der Fachkräftemangel zu einem Problem, das in der Endlosschleife läuft", warnte Mahrer am Rande eines Besuchs in Singapur im Gespräch mit der APA. Dabei setzt die WKÖ auf die Ausbildung von Ausländerinnen und Ausländern in heimischen Lehrbetrieben: Mahrer will einen eigenen Aufenthaltstitel für Lehrlinge aus Drittstaaten, wie es ihn bereits für Schüler und Schülerinnen sowie Studierende gebe.

Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte

Die Rot-Weiß-Rot-Karte müsse reformiert werden, damit die Verfahren schneller und unbürokratischer werden. Die Mangelberufsliste soll regional erstellt werden. Dann könnten etwa Köche und Köchinnen und Programmierer und Programmiererinnen aus Drittstaaten (außerhalb der EU) gezielt für ein Bundesland, wo derartige Fachkräfte gesucht werden, eine Arbeitsgenehmigung bekommen, so Mahrer.

Humanitäres Bleiberecht

Asylwerber und Asylwerberinnen, die eine Lehre in einem Mangelberuf machen und deren Asylantrag abgelehnt wird, könnten über das humanitäre Bleiberecht ein Aufenthaltsrecht bekommen. Dabei würden die Integration, die Deutschkenntnisse des Lehrlings und der Bedarf der Wirtschaft geprüft - der bei einer Lehre im Mangelberuf wohl vorhanden sei, so Mahrer.

Das Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft (ibw) hatte im Auftrag der WKÖ Betriebe befragt und rund 4.500 Antworten ausgewertet. Die Hochrechnung der Ergebnisse besagt, dass österreichweit rund 162.000 Fachkräfte gesucht werden. Durch die Betriebsbefragung ergeben sich laut WKÖ genauere Zahlen, da viele Unternehmen ihren Bedarf gar nicht mehr dem Arbeitsmarktservice (AMS) melden.

(red)