Politik

ÖVP zu U-Ausschuss: Einsetzung durch ein Viertel

Heute Redaktion
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Die ÖVP hat nichts mehr dagegen, dass parlamentarische Untersuchungsausschüsse künftig schon von einem Viertel der Abgeordneten eingesetzt werden können. In der Vorsitzfrage spricht sich Klubobmann Reinhold Lopatka aber weiter gegen einen Politiker aus - einer der wenigen Unterschiede zum SPÖ-Modell. Die Reform dürfe aber nicht an dieser Frage scheitern, betonte Lopatka am Dienstag.

Die ÖVP hat nichts mehr dagegen, dass . Die Reform dürfe aber nicht an dieser Frage scheitern, betonte Lopatka am Dienstag.

Die ÖVP verfolge bei ihrem Reformmodell vier Ziele, erklärte Lopatka bei einer Pressekonferenz: Man wolle den demokratiepolitischen Anliegen der Österreicher Rechnung tragen, weiters die "Ernsthaftigkeit" und Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens durch einen unabhängigen Richter als Vorsitzenden sichern sowie die Persönlichkeitsrechte der Auskunftspersonen durch die Stärkung des Verfahrensanwaltes schützen. Außerdem wolle man durch eine entsprechende Medienöffentlichkeit für Transparenz sorgen.

Insgesamt 24 Punkte hat die ÖVP dazu ausgearbeitet (siehe eigene Hintergrund-Meldung). Die Einsetzung eines U-Ausschusses soll wie lange versprochen Minderheitenrecht werden, 25 Prozent der Mandatare sollten einen solchen beantragen können.

Vorsitz soll raus aus "politischem Hick-Hack"

Vorsitz und Streitbeilegung will Lopatka aus dem "politischen Hick-Hack" heraushalten, in beiden Fragen ist die SPÖ-Position eine andere. Die SPÖ will ja an der Spitze die Nationalratspräsidenten und als Schlichtungsstelle zunächst einen "Weisenrat" und in bestimmten Fällen den Verfassungsgerichtshof.

Der Vorsitzende solle kein Politiker, sondern eine rechtskundige, in der Verfahrensführung erfahrene Person sein, meinte dagegen Lopatka. Am Beginn jeder Gesetzgebungsperiode solle eine Liste mit geeigneten Persönlichkeiten festgelegt werden. Eine unabhängige Person an der Spitze sei immerhin die "Gewähr, dass es um die Sache geht".

Eilverfahren vor VfGH bei Streit

Die Minderheit kann nach dem ÖVP-Modell grundsätzlich auch Zeugen und Akten beantragen. Ist eine Mehrheit dagegen und es kommt zu Streitigkeiten, soll ein Eilverfahren vor dem VfGH entscheiden. Die Strafen etwa für Fernbleiben sollen erhöht werden. Geht es nach Lopatka, soll das Gremium außerdem auf ein Jahr beschränkt sein und sechs Monate vor einer Nationalratswahl enden, weil dann nur mehr "politisches Kleingeld" gewechselt würde.

Um die Persönlichkeitsrechte der Zeugen zu schützen, will Lopatka den Verfahrensanwalt stärken und die Immunität der Abgeordneten einschränken, vor allem wenn es um Verleumdung oder üble Nachrede geht, solle der Schutz nicht greifen. Prinzipiell sollen Bild- und Tonaufnahmen im Ausschuss zwar erlaubt werden, in Ausnahmefällen wünscht sich die ÖVP aber die Möglichkeit, die Öffentlichkeit auszuschließen.

Damit die Arbeit in U-Ausschüssen künftig nicht die Justiz behindert, erwartet sich Lopatka entsprechende Vorschläge des Justizministers. Der Untersuchungsgegenstand soll sich nach dem ÖVP-Modell auf einen "abgeschlossenen Akt der Vollziehung des Bundes" beziehen.

Lopatka gegen U-Ausschuss zur Hypo

Jetzt einen Hypo-U-Ausschuss einzusetzen, hielte Lopatka aber "mehrfach für einen Fehler". Man habe einen Kriminalfall mit über 100 Verfahren, die Bank sei noch nicht abgewickelt und außerdem arbeite gerade die vom Finanzministerium ins Leben gerufene "unabhängige Untersuchungskommission". Wenn deren Ergebnisse vorliegen, könne er sagen, ob er einen U-Ausschuss für notwendig halte, bekräftigte Lopatka.

Opposition antwortet mit gemischten Gefühlen

Der - und weiter optimistisch für einen Hypo-U-Ausschuss. Sollten SPÖ und ÖVP bei der Reform aber "Fluchtversuche durch die Seitentür" unternehmen, werde man "wieder Druck aufbauen", sagte er am Dienstag.

Kogler sieht "einige Kompromissmöglichkeiten" - etwa hinsichtlich des Vorsitzes, wo die ÖVP für einen Richter, SPÖ und Grüne aber für einen Parlamentarier sind. Wichtig sei nur, dass ein Abgeordneter eine zentrale Rolle bei der Planung hat. Denkbar ist ein Doppelvorsitz aus Richter und Parlamentarier oder auch ein rotierender Vorsitz. Unvorstellbar ist für Kogler eine zeitliche Befristung: Ein fixes Ende hätte einen "verzerrenden Einfluss" auf Zeugenaussagen. Den Vorschlag von Lopatka, die Verhandlungen prinzipiell öffentlich zu gestalten, begrüßte er als "außerordentlich vernünftig".

Den Freiheitlichen und dem Team Stronach missfallen die Vorschläge der ÖVP. Sowohl diese als auch die SPÖ-Vorschläge würden offenbar dem Ziel dienen, das Minderheitenrecht "von Anfang an zu 'kastrieren'", meinte FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl. Er plädierte dafür, die Vorsitzführung im Parlament zu belassen.

Seite 2: Die Vorschläge der ÖVP im Detail!

 
Die ÖVP hat ihre Vorstellungen für eine Reform der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse vorgelegt. Die 24 Punkte enthalten das Recht auf Einsetzung eines U-Ausschusses durch ein Viertel der Abgeordneten, den Verfassungsgerichtshof als Streitschlichter und Richter als Vorsitzende.

EINSETZUNG

Ein U-Ausschuss kann nach ÖVP-Modell künftig von einem Viertel der Abgeordneten des Nationalrates, also einer Minderheit, beantragt werden.

QUANTITATIVE BESCHRÄNKUNG

Zur selben Zeit darf es nur einen von einer Minderheit verlangten Untersuchungsausschuss geben. Die Mehrheit kann aber weitere Untersuchungsausschüsse einsetzen, das derzeitige entsprechende Recht bleibt also unberührt.

UNTERSUCHUNGSGEGENSTAND

Die Untersuchung muss sich auf einen "konkreten, bestimmt bezeichneten und abgeschlossenen Akt der Vollziehung des Bundes" beschränken.

ZEITRAHMEN

Nach einem Jahr ist Schluss: U-Ausschüsse sollen nach neun Monaten - mit einer einmaligen Verlängerungsmöglichkeit um drei Monate - abgeschlossen werden.

WAHLKAMPF

In Wahlkampfzeiten soll es keine U-Ausschüsse geben: Konkret sechs Monate vor einer Nationalratswahl sollen keine Ausschüsse mehr stattfinden, damit sie nicht zum "Wahlkampfinstrument" werden.

VORSITZ

"Um eine objektive Verfahrensführung" zu gewährleisten, wünscht sich die ÖVP einen aktiven oder emeritierten Richter als Vorsitzenden, bzw. eine rechtskundige, in der Verfahrensführung erfahrene Person. Am Beginn jeder Gesetzgebungsperiode soll dafür eine Liste mit geeigneten Persönlichkeiten erstellt werden, alle Fraktionen sollen jemanden nennen dürfen.

MITGLIEDER

Die Größe des Untersuchungsausschusses wird nach ÖVP-Vorstellung im Geschäftsordnungsausschuss beschlossen und hat nach d'Hondt zu erfolgen. In der aktuellen Gesetzgebungsperiode käme also die Ausschussgröße von 18 infrage.

ARBEIT DES AUSSCHUSSES

Dem Untersuchungsausschuss sei "der Tribunalcharakter zu nehmen", meint die ÖVP, die schwache Stellung der Auskunftspersonen müsse ausgeglichen werden. Die Strafen etwa für ein Fernbleiben der Zeugen sollen erhöht werden. Nach deutschem Vorbild soll künftig ein Ermittlungsbeauftragter eingesetzt werden können.

REDEZEITEN

Die Gestaltung der Redezeiten im U-Ausschuss soll nach dem Vorbild der Plenarsitzungen erfolgen ("Wiener Stunde").

STRAFVERFAHREN

Die Justiz darf nach Ansicht der ÖVP durch die gleichzeitige Arbeit eines U-Ausschusses nicht bei der Wahrheitsfindung behindert werden. Man erwartet dazu Vorschläge des Justizministers.

KONFLIKTE

Streitigkeiten im Ausschuss sollen durch externe Stellen entschieden werden. Kommt es zwischen einer Minderheit und einer Mehrheit beispielsweise zu Uneinigkeit über bestimmte Zeugenladungen, soll ein Eilverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) stattfinden.

PERSÖNLICHKEITSRECHTE

Die Persönlichkeitsrechte der Auskunftsperson sollen verbessert werden durch Stärkung des Verfahrensanwaltes - konkretes wird in dem Papier nicht genannt.

IMMUNITÄT

Die ÖVP will eine Diskussion über die Einschränkung der Immunität der Abgeordneten hinsichtlich bestimmter Delikte (zB. Verleumdung, üble Nachrede) - bezogen auf die Tätigkeit im Untersuchungsausschuss.

ÖFFENTLICHKEIT

Grundsätzlich sollen während der Sitzung Bild- und Tonaufnahmen zulässig sein. Wenn Umstände "aus dem persönlichen Lebensbereich der Auskunftsperson oder von Dritten" erörtert werden, soll die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.

VERTRAULICHKEIT

"Die Vertraulichkeit der Akten eines Untersuchungsausschusses muss gewahrt sein", heißt es in dem Papier.

VERWERTUNGSVERBOT

Es soll ein Verwertungsverbot mit Sanktionen hinsichtlich Akten, die in nicht-öffentlicher Sitzung verlesen wurden, geschaffen werden.

DATENSCHUTZ

Es müsse geklärt werden, wie Datenschutz, Bank-, Steuer- und andere Geheimnisbereiche gehandhabt und das Privat- und Familienleben im Ausschuss geschützt werden. Damit könne man Streitigkeiten etwa hinsichtlich Aktenschwärzungen vermeiden.

SACHVERSTÄNDIGE

Festlegen will die ÖVP auch klare Regeln über die Einholung von Rechts- und anderen Fachgutachten sowie die Beiziehung von Sachverständigen.

ORGANISATORISCHE RAHMENBEDINGUNGEN

Der Zutritt und das Verlassen des Ausschusslokales dürfe für Auskunftspersonen kein "Spießrutenlauf" mehr sein.

PRESSEKONFERENZEN

Die ÖVP wünscht sich gemeinsame Pressekonferenzen der Fraktionsführer nach Sitzungsende, "um den Medien die Möglichkeit zu geben, die Sichtweisen aller Fraktionen dargelegt zu bekommen".

ARBEITSPLÄTZE FÜR MEDIEN

Für Medienvertreter soll ein eigener Raum mit ordentlichen Arbeitsplätzen eingerichtet werden, in welchen eine Bild- und Tonübertragung des Ausschussgeschehens erfolgt.

PROTOKOLLE

Ausschussprotokolle werden durch das Präsidium des Nationalrates veröffentlicht, ihnen können vor Veröffentlichung Einwendungen beigefügt werden.

SCHLUSSBERICHT

Der Schlussbericht über die Tätigkeit und die Erkenntnisse des Untersuchungsausschusses an das Plenum des Nationalrates soll nicht wie bisher von den Politikern, sondern vom vorsitzenden Richter erstellt werden. Die Fraktionen könnten ihre eigenen Erkenntnisse beifügen.

REGELVERLETZUNGEN

Als mögliche Sanktionen des Vorsitzenden gegen Regelverstöße durch Mandatare schlägt die ÖVP den Entzug des Wortes, einen Ausschluss aus der Sitzung und Ordnungsgeld vor.