Szene

Vor dem Mord noch schnell ein Selfie mit der Pistole

Mit Laiendarstellern inszenierte Claudio Giovannesi "Paranza", ein schockierendes Drama über junge Mafiosi.

Heute Redaktion
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Neapel, heute: Die Camorra ist nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die alten Gangster sind tot, im Gefängnis, oder sitzen zuhause mit Fußfessel vor der Glotze. Eine Handvoll Kleinkrimineller hält die Stellung, vertickt Drogen vor der Uni und kassiert Schutzgeld von ärmlichen Ladenbesitzern.

Die Mutter des 15-jährigen Nicola (Francesco Di Napoli) betreibt eine Reinigung. Auch sie muss regelmäßig an die Mafiosi zahlen. Ihr Sohn erinnert sich wehmütig an die Zeiten, als die Strianos im Viertel noch das Sagen hatten. Die kassierten schließlich nur bei denen ab, die es sich auch leisten konnten.

Nun sind von dem einst mächtigen Clan aber nur noch zwei Bürscherln übrig. Als sich Nicola und seine Freunde mit den beiden anfreunden, beginnt ihr Aufstieg in der Unterwelt.

Der Trailer von "Paranza":

Mit dem Schutzgeld in die Disko

Authentischer ließe sich diese Geschichte kaum erzählen. Mit jugendlichen Laiendarstellern aus Neapel verfilmte Claudio Giovannesi ein Drehbuch, das er gemeinsam mit Roberto Saviano verfasst hatte. Jenem italienischen Journalisten und Schriftsteller, der als Mafia-Aufdecker berühmt wurde und seit seinem 2006 erschienenen Bestsellers "Gomorrha" unter Polizeischutz leben muss.

Auf einprägsame Einzeiler und hochstilisierte Ästhetik verzichtet Giovannesi. Auch das Kunstblut lässt er nur äußerst selten spritzen. Lieber zeigt er, wie kleine Jungs mit kleinen Träumen (Marken-T-Shirts, Champagner, Prostituierte!) zu Killern reifen. Die erste Pistole wird von einem Carabiniere gestohlen und anschließend mit offenen Mündern von der Teenager-Paranza (die Bezeichnung für eine eingeschworene Bande) bestaunt. Klar, dass jeder ein Selfie mit der Knarre will.

Schließlich kommen die Kids zu automatischen Waffen. Eine Bedienungsanleitung finden sie auf YouTube und schon steht der Machtübernahme im Viertel nichts mehr im Weg. Jetzt treiben die Nachwuchs-Gangster das Schutzgeld ein und verprassen die Scheine in der Disko. Ihre Unschuld haben sie längst verloren. Beim ersten Mord kommen Nicola noch die Tränen, beim nächsten Mal wird ihm das nicht passieren.

"Paranza – Der Clan der Kinder" startet am 30. August in den österreichischen Kinos.

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