Szene

Peinlicher Musikpreis für total belanglose Menschen

Der International Music Award war genau das was man sich erwartet hat. Eine Show ohne Ecken und Kanten. Perfekt zum Einschlafen.

Heute Redaktion
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Der Echo ging mit einem großen Knall zu Bruch. Den Grund kennt mittlerweile wohl jeder: Die Award-Verleihung an Skandal-Rapper Kollegah und Farid Bang, die für ihre antisemitischen Zeilen große Kritik ernteten – und eben auch einen Echo. Es folgte eine Reihe von angekündigten Boykotten und viele Rückgaben von hoch angesehenen Künstlern.

Wer sind diese Menschen?

Über ein Jahr später wollte man zurückkehren. Mit neuem Namen, einem neuen Image und einem neuen Konzept. Es gab beispielsweise keine "traditionellen Preise" mehr für die besten Künstler. Nun unterteilt man die Kategorien in bedeutungsschwangere Ausdrücke wie "Commitment" ("Hingabe ans Ganze"), "Future", "Sound", "Visuals" und "Beginner".

Man versuchte die Show mit Toni Garn und Billie Porter edel wirken zu lassen. Jedoch konnte man nicht darüber hinwegtäuschen wie belanglos die Preise tatsächlich waren. So bekam den allerersten IMA in der Berliner Verti Music Hall eine gewisse Anna Calvi. Kennst du nicht? Da bist du höchstwahrscheinlich nicht alleine. Das bekannteste Video der Britin hat 1,3 Millionen Klicks und wurde vor 8 Jahren hochgeladen. Zum Vergleich: Eine Mathea – aus Österreich – hat dieselbe Anzahl in unter einem Monat hinbekommen.

Probleme zu Beginn des Abends

Nominiert war die Salzburgerin aber nicht. So abwegig wäre das aber gar nicht gewesen, denn die Nominierten (wenn sie denn überhaupt vorgestellt wurden) folgten keinem roten Faden. Großteils unbekannte Künstler wurden für Preise vorgeschlagen, bei denen man sowieso nicht wusste, um was es eigentlich geht.

Ganz verrückt wurde es in der zweiten belanglosen Kategorie, bei der Rammstein als Sieger hervorging. Bevor der Preis verliehen wurde, kam es zu einer absoluten Peinlichkeit: Nachdem die Nominierten vorgestellt wurden, war plötzlich die Laudatorin Peaches in einem Hendl-Kostüm zu sehen. Du kennst Peaches nicht? Keine Sorge, du bist nicht alleine. Jedenfalls war sie ziemlich sprachlos, und rief immer wieder: "Ich weiß nicht was ich sagen soll. Kann mir jemand helfen?" Offenbar gab es technische Probleme, deshalb wurden die Nominierten einfach nochmal gezeigt.

Wannabe-Popstar-Flair

Danach: Fremdschäm-Alarm! Zu der Laudatorin gesellten sich zahlreiche nackte Frauen. Eine turnte auf einem Trapez über dem Publikum. Mit einem Laserpointer im Hintern. Kein Scherz. Und ja, wir wünschten auch, wir hätten es nicht gesehen.

Besser wurde es nicht. Die Künstlerin Holly Herndon machte irgendwas auf der Bühne. Singen war es definitiv nicht. Sie hat etwas ins Micro gesäuselt und herauskam einer verwirrende Heliumstimme. Wie sollte es anders sein: Sie bekam einen Preis. Wie viel man dem Publikum zahlen musste, damit sie alle paar Sekunden kreischten bleibt fraglich.

Hier ein eine Single der Siegerin:

Auch mit der K-Pop-Band "The Rose" wurde es nicht sonderlich besser. Offenbar haben die Megastars "BTS" abgesagt, deshalb suchte man sich einen Abklatsch, der an dem Tag der IMAs Zeit hatte. Es wurde halt The Rose. Die waren ok, mehr aber auch nicht.

Wo sind die wahren Stars?

Tatsächlich ging es so ewig weiter: Total unbekannte Künstler bekamen total belanglose Preise. Ja, es gab Auftritte von richtigen Stars wie Sting, Iggy Azalea und auch deutschen Top-Acts wie Rea Garvey, Max Herre oder Udo Lindenberg. Retten konnten sie das Event aber auch nicht mehr – obwohl Udo mit seinen Reden in halb deutsch und halb englisch sehr, sehr nah dran war. Ganz klar das Highlight des Abends!

Man wollte offenbar auf zehn Nummern sichergehen. Das aktuelle Mainstream-Genre in Deutschland – deutscher Hiphop – wurde total ignoriert. Klar, man wollte, aus welchem Grund auch immer, einen weiteren internationalen Musikpreis veranstalten. Der ist aber definitiv überflüssig. Vor allem wenn man dabei seine heimischen Künstler ignoriert, die um ein vielfaches bekannter sind als die meisten Sieger der IMAs.

Sicher ist natürlich, dass man damit nicht aneckt und keinen Skandal riskiert. Ob man sich damit Freunde macht? Wahrscheinlich nicht. Ob man sich damit etablieren kann? Wahrscheinlich auch nicht. Wozu das ganze? Keine Ahnung. Tänzerin Nikita Thompson brachte den Abend mit einem Satz auf den Punkt. Auf die Frage, worauf sie sich am meisten freue, antwortete sie: "Auf die Aftershow-Party!"

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