Österreich

Personalnot am AKH: Spitzenärzte im Clinch

Die neuen Dienstzeiten führen zu einem Mangel an Medizinern. Die Ärzte fürchten um das "wunderbare" AKH, der Rektor sieht keine Gefahr.

Heute Redaktion
Teilen
Picture
Bild: Reuters

Die neuen Dienstzeiten führen zu einem Mangel an Medizinern. Die Ärzte fürchten um das "wunderbare" AKH, der Rektor sieht keine Gefahr.

Eine Änderung der Betriebsvereinbarung an der Wiener Universitätsklinik (MedUni Wien) führt zu   , kann längere Wartezeiten und geringere Behandlungskapazitäten an Österreichs Spitzenklinik bedeuten. Maßgebliche Klinikchefs beklagen einen katastrophalen Personalmangel. Rektor Wolfgang Schütz hingegen sieht vorübergehende "Defizite".

"Mir tut es leid, dass dieses wunderbare Spital vor die Hunde geht. (...) Dieses Spital wird heruntergewirtschaftet", so Peter Husslein, Vorstand der Universitäts-Frauenklinik.

Obendrein muss das AKH werden.

Keine Gefahr

"Ich sehe keine Gefahr. (...) Das höhere Gut sind ausgeruhte Ärzte. Wir hoffen, das jetzige Defizit (an verfügbaren Ärzten) wieder ausgleichen zu können", sagt hingegen der MedUni-Wien-Rektor Wolfgang Schütz, Arbeitgeber der Ärzte an den Wiener Uni-Kliniken (im Endeffekt aber das Wissenschaftsministerium).

Bisher unverantwortlich

Der Hintergrund, so der Rektor: "Wir haben eine neue Betriebsvereinbarung auf der Basis des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes." Damit wird die durchgängig mögliche Arbeitszeit eines Arztes am Patienten von 32 auf höchstens 25 Stunden reduziert. Dies betrifft die Nachtdienste. Laut Schütz hätten die Ärzte der Uni-Kliniken im Wiener AKH ehemals bis zu 72 Wochenstunden absolviert. Da wäre mit 32 Stunden Dienst (acht Stunden Tagdienst, 16 Stunden Bereitschaftsdienst/Nachtdienst plus noch einmal acht Stunden Tagdienst) bereits die Frage der Unverantwortbarkeit entstanden.

Mehr Platz für die Forschung

Die neue Betriebsvereinbarung gilt seit 1. September 2013. Der Wiener Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres, ehemals selbst Betriebsrat, bezeichnet die Grundsätze der neuen Vereinbarung als gut – vor allem, weil damit annehmbare Dienstzeitenregelungen verbunden und auch Platz für Forschung sei.

Zu wenig Mann am Patienten

Doch die von allen Betroffenen auch zugegebene Kehrseite ist der offenbare ärztliche Personalmangel an den Wiener Universitätskliniken – vor allem zu den "Stoßzeiten" am Vormittag. Der Grund: Mit der Betriebsvereinbarung geht jeder Arzt nach einem Nachtdienst und Dienstübergabe aus dem patientenbezogenen Dienst. An der Uni-Klinik bzw. an der MedUni Wien soll und kann er dann seine Forschungsarbeit bzw. die Lehre betreiben. Bisher gab es an den Wiener Universitätskliniken 173 Ärzte im Nachtdienst.

OP-Säle stehen leer

Freilich, genau diese Mediziner fehlen am Tag nach dem Nacht-/Bereitschaftsdienst für die Patientenversorgung. Das Beispiel der Wiener Universitäts-Frauenklinik, auch eine der größten Entbindungskliniken: Es gibt jede Nacht neun diensthabende Ärzte. Sie fallen am nächsten Vormittag aus. Die Anästhesie hat laut einem Klinikchef 24 diensthabende Ärzte in der Nacht – und die fehlen dann ebenfalls jeden Tag. Die Kritik eines der maßgeblichen Klinikchefs: Es stehen beispielsweise Operationssäle leer, Operationen werden verschoben.

Zu wenig Therapie bei Krebs

"Unter den voraussichtlich ab Herbst gegebenen Umständen sehen wir uns allerdings zur Aufrechterhaltung der notwendigen Qualität der Patientenbehandlung gezwungen, die Zahl der in unserer Klinik behandelten Patienten mit Implementierung der neuen Betriebsvereinbarung deutlich zu reduzieren", schrieb bereits im Juni der Chef der Uniklinik für Strahlentherapie, Richard Pötter, an die Wiener Klinikchefs. Die Angelegenheit hat besondere Brisanz wegen des in einer europäischen Vergleichsstudie von "Lancet Oncology" eindeutig erhobenen Defizits von 20 Prozent bei den Strahlentherapie-Kapazitäten für Krebspatienten in Österreich.

Flugblattaktion der Patienten

Zu einer Aufsehen erregenden Aktion gerade unter besonders Betroffenen – Krebspatienten - kam es am Dienstag dieser Woche rund um die mit jährlich rund 7.000 Patienten frequentierten Tageskliniken der Klinischen Abteilung für Onkologie der Universitätsklinik für Innere Medizin I. Ausgerechnet dort, wo einerseits auch komplexe Chemotherapien und Behandlungen im Rahmen der modernsten zielgerichteten und individualisierten Krebsbehandlung möglichst patientenfreundlich und kostensparend (keine stationäre Aufnahme) erfolgen, wurden Flugblätter mit eher alarmierendem Inhalt verteilt.

"Bisher ist es uns nicht gelungen, die äußerst restriktive Personalpolitik des Rektorats der medizinischen Universität in Hinblick auf die Zuteilung von Ärztestellen durch organisatorische Maßnahmen seitens der Klinikleitung zu kompensieren. Dementsprechend kann es heute und wahrscheinlich in Zukunft zu deutlichen Verzögerungen in Ihrer Versorgung kommen", hieß es da.