Niederösterreich

"Pflegeheim kassierte für eine Nacht ein ganzes Monat"

Politiker Klaus Otzelberger (42) kämpft um seinen Vater. Der 66-Jährige ist ein Pflegefall und wurde angeblich vom Heim Pottenbrunn abgeschoben.

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Sohn Klaus Otzelberger und Originalmail an Pflegeheim
Sohn Klaus Otzelberger und Originalmail an Pflegeheim
privat

Franz Otzelberger (66) hatte eine entbehrliche Kindheit, arbeitete in den 60er-Jahren schon als Zehnjähriger, um das marode Haushaltsbudget aufzubessern. Später wurde er Fliesenleger, dann selbstständig, arbeitete hart, meist sechs bis sieben Tage pro Woche.

Pflegefall mit Anfang 60

Mit 60 Jahren ging der St. Pöltner nach einem leichten Schlaganfall in Pension, in Rente erlitt der Pensionist einen schweren Insult. "Es war schlimm, er konnte nichts mehr alleine, wusste nie wo er ist, wollte immer nur nach Hause und hatte den Drang zu flüchten. Ich wurde schließlich sein Erwachsenenvertreter, meine Mutter kümmerte sich daheim fast rund um die Uhr um meinen Vater, war schwer belastet. Im Frühjahr 2019 beschlossen wir schweren Herzens, meinen Vater in ein Heim zu geben. Doch es war irrsinnig schwer, ich fand für ihn einfach keines", so der FP-Politiker. 

Transfer nach Mauer

Erst St. Pöltens Vizebürgermeister Matthias Adl (VP) half Klaus Otzelberger, Vater Franz bekam einen Platz in St. Pölten-Pottenbrunn. Im November 2019 bezog der damals 65-Jährige sein Zimmer, Sohn Klaus unterschrieb den Vertag. Doch nach nur einer Nacht kam der Anruf: "Das geht so nicht mit ihrem Vater, er gehört nach Mauer zur medikamentösen Einstellung." Klaus Otzelberger protestierte: "Dort wird man nur mit Medikamenten ruhiggestellt. Der Arzt des Pflegeheimes meinte, ich müsse mich ohnedies damit abfinden und mich langsam von meinem Vater verabschieden. Mein Vater ist Mitte 60!"

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    Klaus Otzelberger (FP St. Pölten) kämpft um seinen Vater.
    Klaus Otzelberger (FP St. Pölten) kämpft um seinen Vater.
    Heute/Montage

    Schließlich stimmte Klaus Otzelberger, mangels Alternativen, doch einem Transfer und temporären Verbleib in Mauer zu, das Heim soll versichert haben, den Rentner dann wieder aufzunehmen. Franz Otzelberger war zwei bis drei Wochen in Mauer. "Wir besuchten ihn täglich, am Anfang kam er nicht aus dem Bett, dann ging es halbwegs", erzählt Klaus Otzelberger.

    Pflegevertrag gestohlen?

    Im Dezember 2019 wurde Franz Otzelberger wieder nach Pottenbrunn überstellt, dann laut Otzelberger die böse Überraschung: Das Heim nahm den Rentner nicht mehr auf. "Er wurde nicht mehr aufgenommen, zuerst nach Mauer abgeschoben und dann abgelehnt. Und der Pflegevertrag, der in der Dokumentenmappe meines Vaters im Zimmer in Pottenbrunn war, war weg. Der wurde vom Heim gestohlen (siehe Mailverkehr, Anm.)." Aber für nur eine Nacht wurde dennoch ein Monat berechnet - für die Bereitstellung des Zimmers. "Obwohl schon vorher klar war, schätze ich, dass sie ihn nicht nehmen, sonst wäre der Vertrag nicht weg", so Otzelberger junior.

    Klaus Otzelberger übergab die Causa an einen Anwalt: "Mein Vater war von Anfang an ungewollt, so quasi der Vater eines blauen Politikers. Doch was hat meine politische Gesinnung mit einem gebrechlichen Mann zu tun."

    Das sagt Heim dazu

    Josef Bogner, Geschäftsführer und Hausleiter, meinte zu den Vorwürfen: "Vorweg möchte ich klarstellen, dass alle unsere Maßnahmen zum Wohle von Herrn Otzelberger senior getroffen worden sind.

    Der Hausleiter weiter: "Selbst unsere Entscheidung, den Heimvertrag nach 16 Tagen zu beenden, war im Sinn von Herrn Otzelberger senior, weil zu diesem Zeitpunkt auch nach Rücksprache mit dem behandelnden Facharzt im LK Mauer nicht absehbar war, wie lange die medikamentöse Einstellung noch dauern könnte. Andernfalls wäre die von Herrn Mag. Otzelberger vorgeworfene Verrechnung des „Freihaltetarifs“ für den Pflegeplatz noch länger angefallen. Von unserer Seite ist im Übrigen nicht an Herrn Otzelberger verrechnet worden, sondern wie üblich an das Magistrat St. Pölten als Sozialhilfeträger. Vom Sozialhilfeträger wird dann als Eigenanteil 80% der Pension und des Pflegegeldes einbehalten. Insofern konnte ich vom Anwalt von Herrn Mag. Otzelberger im März 2020 geforderte 308,82 Euro auch nicht zurück überweisen."

    "Kein Vertrag gestohlen"

    "In Abstimmung mit dem Magistrat St. Pölten, das für die Zuteilung der Pflege- und Betreuungsplätze zuständig ist, wurde der Platz wieder neu vergeben. Herrn Mag. Otzelberger, als Erwachsenenvertreter seines Vaters wurde von Beginn an versichert, dass wenn die medikamentöse Einstellung abgeschlossen ist, er über einen aktualisierten (den Betreuungsaufwand betreffend) Heimantrag wieder beim Magistrat einen Platz beantragen kann und so wieder zu einem Platz kommen könnte. Was den Vorwurf des gestohlenen Heimvertrags betrifft, verwehre ich mich gegen diesen Vorwurf sehr vehement. Dieser Vertrag wird üblicherweise nicht am ersten oder zweiten Tag ausgestellt, weil erst nach einer Eingewöhnungsphase eine Pflegestufeneinschätzung möglich ist, ein Heimvertrag wird deswegen erst frühestens nach einer Woche Aufenthalt ausgestellt. Der Vorwurf, dass Herr Otzelberger senior deswegen in unserem Haus unerwünscht sei, weil er der Vater eines blauen Politikers ist, ist völlig haltlos. Umso mehr, als auch eine weitere Bewohnerin von uns die Mutter eines FP Stadtrats ist, der wiederum engagiert als Ehrenamtlicher in unserem Haus tätig ist. Wie in unserem Leitbild ersichtlich, betreuen wir Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihres Glaubens und ihrer Weltanschauung mit dem Grundsatz der Nächstenliebe", so Bogner abschließend.

    Zur Kündigung des Vertrages meint Bogner: "Grund der Kündigung war die zu diesem Zeitpunkt nicht mögliche Sicherstellung einer pflegerischen und medizinischen Betreuung. Unserem Heimarzt wurde von Herrn Klaus Otzelberger die Kompetenz abgesprochen und eine weitere Betreuung durch diesen abgelehnt. Die Ankündigung von Herrn Otzelberger erfolgte keineswegs in einer Form, in der wir Grenzen einer Betreubarkeit befürchten hätten müssen. Selbstverständlich kann auch erst die Verlegung ins Pflegeheim diese Situation ausgelöst haben, aber diese Verlegung wurde augenscheinlich auch Herrn Otzelberger im Vorhinein nicht kommuniziert."

    Widerspruch von Heim

    "So So im Sinne von Herrn Otzelberger senior, mein Vater ist dement, hatte Schlaganfälle, hat einen Erwachsenenvertreter. Wie kann das dann in seinem Sinne sein, das ist doch ein glatter Widerspruch", sagt Klaus Otzelberger.

    Übrigens: Mittlerweile ist Franz Otzelberger im Pflegeheim Clementinum in Kirchstetten (St. Pölten-Land), welches durch den mutmaßlichen Pflegeskandal 2016 in die Schlagzeilen geriet.

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