Niederösterreich

Urteil im Pflegeskandal soll am Aschermittwoch fallen

Zügig ging heute der Mammutprozess im mutmaßlichen Pflegeskandal "Clementinum" weiter. Die vier Angeklagten bezogen Stellung zu den Vorwürfen.

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Die 4 Angeklagten des Pflegeheimes
Die 4 Angeklagten des Pflegeheimes
Daniel Schaler, Lielacher

Der Fall rund um vier Pflegekräfte des Clementinums in Kirchstetten (St. Pölten-Land) hatte für landesweites Aufsehen gesorgt.

"Warum sollten wir sowas tun?"

Bei der heutigen Fortsetzung am Landesgericht St. Pölten, dem bereits neunten Prozesstag, konnte der angeklagte Diplompfleger (30) Stellung zu den Vorwürfen der Hauptbelastungszeugen beziehen: "Das sind alles nur boshafte Anschuldigungen. Es gab keine Misshandlungen, blaue Flecken wären dokumentiert worden. Und ja, mit einem Bewohner, einem Ex-Häftling, habe ich derber gesprochen. Aber der wollte das natürlich so. Zu den Vorwürfen, wie Stuhl in den Mund schmieren, fällt mir gar nichts ein. Warum sollten wir sowas Grauenhaftes tun?"

Schock im Oktober 2016

Vor über vier Jahren, im Oktober 2016, waren die Vorwürfe gegen vier Pflegekräfte des Heimes in Kirchstetten (St. Pölten-Land) aufgekommen und hatten das ganze Land geschockt. Das Quartett soll auf herabwürdigende und abscheuliche Weise alte Bewohner gequält, gefoltert und misshandelt haben ("Heute" berichtete). Kurz keimten sogar Mordgerüchte auf, zwei Bewohner wurden sogar exhumiert. Sie sollen mit Medikamenten vergiftet worden sein. Doch die Vorwürfe erwiesen sich als haltlos.

Die Staatsanwaltschaft zählte beim Prozessauftakt im September 2020 die mutmaßlichen Gräueltaten zum Entsetzen der Zuhörer auf: Das Quartett (Mann 30, drei Frauen 34, 52, 55) soll unter anderem demente Senioren geschlagen, heiß oder kalt geduscht, mit Franzbranntwein die Genitalien eingerieben, mit Gewalt gefüttert, die Bewohner zur Belustigung geschminkt und fotografiert sowie sexuell missbraucht (Anm.: z.b. Hoden oder Penis verdreht) haben. Den Fall ins Rollen gebracht hatten laut Staatsanwältin zwei beherzte Kolleginnen.

Anklage wegen Zeugin und WhatsApp

Die Anklage stützte sich dabei fast ausschließlich auf die internen Chatnachrichten der Pfleger (Anm.: die von den Angeklagten gelöscht worden waren und von IT-Profis wieder hergestellt wurden), die auf den ersten Blick vernichtend aussehen: „Ich hätte ihm die Scheißhände abgebrochen“ oder „Übt bei Negern, die haben keine blauen Flecken“ oder „Die braucht an Dildo“ oder "Ich glaub, wir sind die Außenstelle von Lainz" oder "Das Effektivste wäre eine Massenvergewaltigung."

Kurz zusammengefasst ist festzuhalten, dass generell die Qualität der Betreuung damals nicht besonders gewesen sei und ein rauer Umgangston geherrscht haben soll. Anzumerken wäre auch, dass es in diesem Heim, wie in vielen anderen Einrichtungen auch, einen akuten Personalmangel gegeben hatte.

Bis zuletzt bekannten sich die vier Angeklagten nicht schuldig - sie sprachen bereits im Vorfeld nur von Lügen und Intrigen - mehr dazu hier. Es wurde erneut vertagt, am Aschermittwoch (17. Februar 2021) soll es ein Urteil geben. Es gilt für alle Angeklagten die Unschuldsvermutung.

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