Wien

Pinker Ärger über Einsparungen bei Rettung und "KiGas"

Dass die Stadt spart, finden auch die Neos gut. Für Kritik sorgt aber, dass der Sparstift bei der Rettung oder in Kindergärten angesetzt wird.

Louis Kraft
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Die Einsparungen bei der Rettung und anderen "sensiblen" Bereichen verärgert die Wiener Neos.
Die Einsparungen bei der Rettung und anderen "sensiblen" Bereichen verärgert die Wiener Neos.
picturedesk.com

"Wir schreiben 2020 wieder schwarze Zahlen", erklärte Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) im Mai 2019. Beim Rechnungsabschluss der Stadt im heurigen Juni gab Hanke bekannt, dass die Stadt sogar den ersten Überschuß seit 13 Jahren erwirtschaftete, "Heute" hat berichtet.

Einen Anteil an der guten Bilanz haben auch die Einsparungsmaßnahmen der Stadt. Dass die Stadt sparen muss und soll, darüber sind sich alle Parteien einig, weniger Harmonie herrscht hingegen bei der Frage, wo diese Einsparungen vorgenommen werden. In einer Anfragebeantwortung von Hanke an Neos-Wien-Chef Christoph Wiederkehr nannte der Stadtrat einige Punkte, die nun für pinke Kritik sorgen: Denn hier sind einige durchaus sensible Bereiche wie Rettung oder Kindergärten vorbei – insgesamt sollen so rund 13,6 Millionen Euro zusammengekommen sein.

Rettungswägen mit 3er-Besatzung halbiert

Unter anderem soll die Stadt die Anzahl der Rettungsfahrzeuge mit drei Sanitätern von 30% auf 14% reduziert haben. Die dabei eingesparte Summe beläuft sich auf 6.480.000 Euro. "Aus medizinisch und personell nachvollziehbaren Gründen ist es bei besonders herausfordernden Einsätzen notwendig, dass drei Sanitäter anwesend sind. Hier zu sparen ist fahrlässig und gefährlich für alle Beteiligten", ärgert sich Wiederkehr.

Eine Sprecherin von Stadtrat Hanke erklärt gegenüber "Heute", dass die genannten Einsparungen Vorschläge im Rahmen der Wiener Struktur- und Ausgabenreform (WiStA) darstellen. Dabei hätten die Wiener Magistratsabteilungen insgesamt rund 700 Vorschläge gemacht, wo man sparen könne. Die Neos hätten sich daraus einige "herausgefischt", ob die Einsparungen tatsächlich durchgeführt wurden, könnten aber nur die zuständigen Stadtratbüros beantworten, heißt es.

"Stadt folgte Empfehlung des Rechnungshofs"

"Heute"  fragt im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) nach. Dort erklärt man zur Halbierung der 3er-Teams in Rettungswägen: "Die Reduktion von drei auf zwei Sanitäter war eine Empfehlung des Rechnungshofes, die sich auch an der Handhabung in anderen Städten orientiert hat. International ist auf Rettungsfahrzeugen eine 2er-Besatzung der Standard. In der überwiegenden Mehrheit der Einsätze reichen zwei Notfallsanitäter für die Versorgung von Patienten auch aus".

Bei hoch priorisierten Einsätzen – also etwa schweren Erkrankungen/Verletzungen – würden durch die Rettungsleitstelle mehrere Fahrzeuge disponiert. Damit sei sichergestellt, dass die Fahrzeuge zielgerichteter eingesetzt werden können und für jeden Einsatz das passende Rettungsmittel verfügbar sei.

Da die Arbeit der Sanitäter aber körperlich fordernd sei, seien auch Fahrzeuge mit 3er-Besatzung im Einsatz. "Dort versehen ältere bzw. körperlich eingeschränkte Kolleginnen und Kollegen ihren Dienst. Sie sind dann zum Beispiel als Lenker am Fahrzeug, können aber ihre fachliche Expertise und Erfahrung im Einsatz einbringen", so die Stadt.

Helfer statt gelernte Pädagogen in den Wiener Kindergärten

Für Kritik sorgt auch, dass die Stadt Kindergartenpädagogen durch Helfer ersetzt haben soll. Die eingesparte Summe beträgt 25.000 Euro. "Bewusst die Qualität an städtischen Kindergarten zu senken, ist nicht tragbar. In keiner Altersstufe kann gute, aufmerksame Betreuung durch Pädagoginnen und Pädagogen mehr bewirken als im Kleinkindalter. Zusätzlich wurde die Möglichkeit zur Höherqualifizierung von Mitarbeitern zu Kindergartenpädagogen eingestellt. Dadurch ersparte sich die Stadt 3.150.000 Euro", so Wiederkehr.

Und das, obwohl die Stadt Wien und die privaten Kindergärten händeringend nach qualifiziertem Personal suche. "Wenn Menschen bereits in diesem Bereich tätig sind und sich höher qualifizieren wollen, dann gilt es das in Anbetracht das Personalmangels in diesem Bereich zu unterstützen", so die Neos.

Stadt widerspricht: "Fördern Weiterbildung, Assistenten nur kurzfristig eingesetzt"

Im Büro des zuständigen Stadtrats Jürgen Czernohroszky stellt man klar: Die Maßnahme beziehe sich auf den Fachkräftemangel im Kindergartenbereich. Sollten aufgrund des aktuellen Fachkräftemangels nicht ausreichend Pädagoginnen und Pädagogen zur Verfügung stehen, so würden kurzfristig Assistenten eingesetzt. Diese finde aber immer in enger Abstimmung mit der zuständigen Behörde, der Stadt Wien – Kinder- und Jugendhilfe statt.

Darüber hinaus ermutige die Stadt ihre Mitarbeiter Weiterbildungen zu machen, etwa als Sonderkindergartenpädagogen oder durch das Bachelorstudium "Elementarbildung: Inklusion und Leadership".

"Die Stadt Wien – Kindergärten arbeiten stets daran, allen Kindern individuelle Bildungsprozesse zu ermöglichen", wird betont. Beispielsweise unterstütze die neue Berufsgruppe der Assistenzpädagogen die kindergruppenführenden Pädagogen oder Sonderkindergartenpädagogen zusätzlich bei ihrer Arbeit.

Tagsatz für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gesenkt

Als drittes Beispiel für "Sparen am falschen Platz" führen die Neos die Reduktion des Tagsatzes für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) an. Dadurch sparte die Stadt 3.920.000 Euro. "Hier wurde bei den Schwächsten gespart. Gerade für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ist es wichtig, dass sie eine qualitativ hochwertige Betreuung kommen, damit Integration erfolgreich gelingen kann. Hier gehe es um Hilfe beim Spracherwerb, der Schule, Ausbildung, Freizeitangebote sowie einer Tagesstruktur.

Dazu heißt es aus dem Büro Hacker, der auch Sozialstadtrat ist: "Was die 'umFs' betrifft, kann nur gemeint sein, dass wir weniger Flüchtlinge versorgen und daher die Ausgaben zurückgegangen sind. Die Tagsätze werden vom Bund gemeinsam mit den Ländern festgelegt,. Die letzte Änderung erfolgte 2016 und das war eine Anhebung".

Neos wollen lieber bei unnützen Polit-Posten sparen

"Einsparungen sind absolut notwendig und wichtig. Sie aber im Gesundheits-und Sozialbereich vorzunehmen, wo wir eine bestmögliche Betreuung brauchen, ist der völlig falsche Weg. Viel besser wäre es , endlich die nicht amtsführenden Stadträte und die Bezirksvorsteher-Stellvertreter abzuschaffen. Hier könnten wir rasch und unkompliziert jährlich über vier Millionen Euro sparen. Würden wir die Anzahl der Wiener Gemeinderäte halbieren, könnten wir weitere 4,8 Millionen Euro pro Jahr einsparen. Das wären Einsparungen, die nicht auf Kosten der Serviceleistung an die Bürgerinnen und Bürger gehen und mit politischem Willen ohne Weiteres umsetzbar sind", so Wiederkehr. 

Abschaffung nichtamtsführender Stadträte bedarf Vefassungsänderung

Die Posten der nicht amtsführenden Stadträte und des nicht amtsführenden Vizebürgermeisters sind ein Unikum der Stadt Wien. Grund ist, dass Wien über ein Verhältnis- oder Proporzsystem verfügt, das die Ressortzuteilung so regelt ist, dass nicht alle Stadträte auch ein Ressort bekommen. Sie sind "Mitglied im Stadtsenat, aber nicht Teil der Stadtregierung.

Die Zusammensetzung des Stadtsenats ist in der Wiener Stadtverfassung geregelt, demnach muss die Anzahl der Stadträte (mit und ohne Ressort) zwischen neun und 15 liegen. Doch obwohl immer wieder über die Abschaffung der unnützen Polit-Posten diskutiert wird, Wien kann das nicht aus eigener Kraft tun. Vielmehr wäre dafür eine Änderung der Bundesverfassung nötig.