Deepfake-Pornos sind mit Fotos fremder Menschen mit wenigen Klicks ganz einfach zu erstellen – auch Schweizerinnen sind betroffen. 20 Minuten enthüllte, dass im Kanton Zürich schon mehrere Anzeigen eingegangen sind.
Eines der Opfer ist Anja*. Die 39-Jährige hat ein Instagram-Profil mit 3.300 Followern. Ein Unbekannter stahl ihre Fotos und erstellte damit auf einer internationalen Pornoseite ein öffentliches Profil, auf denen man Anja nun mit entblößten Brüsten sieht.
Ein Teil der Bilder ist gefälscht und von künstlicher Intelligenz erstellt, einige sind jedoch auch echt. Sie hat sie privat gegen Bezahlung verschickt, aber die Bilder wurden wohl auf technischem Weg gestohlen. "Jene Fotos, die künstlich gemacht wurden, sind jedoch sehr realistisch. Es sieht aus wie mein Körper, auch mit allen Tattoos, teilweise auch solchen, die ich mittlerweile entfernen ließ."
Ihr Gesicht sei auf einen generierten Körper gestellt worden, "aber es sieht wirklich aus wie ich", sagt Anja. Andere Bilder seien aber auch ganz einfach gestohlen.
Das Hauptproblem von Anja ist, dass die Bilder ohne Registrierung, ohne Alterskontrolle und ohne sonstige Hürde für jedermann öffentlich zugänglich sind. Man braucht nur ihren Nicknamen zu kennen und findet die Fotos mit einer kurzen Google-Suche. "Was ist, wenn meine Söhne sie finden? Oder meine Nachbarn, andere Bekannte – einfach jeder kann sie sehen!" Sie wurde überhaupt erst auf die Pornoseite aufmerksam, weil jemand sie darauf hingewiesen hat, dass er sie auf der Seite entdeckt habe. "Ich kannte die Seite vorher nicht einmal."
Als sich das Opfer an die Rechtsschutzversicherung sowie an die Polizei wandte, wurde ihr gesagt, dass man "nicht viel tun" könne. Sie müsse wohl fortan damit leben, dass die Fotos – sowohl die echten wie auch die gefälschten – wahrscheinlich öffentlich zugänglich bleiben werden. Anzeige hat sie erstattet, aber laut Kantonspolizei könne gegen den User, der die Fotos hinaufgeladen hat, nur vorgegangen werden, wenn es ein Schweizer oder ein Deutscher sei.
"Ich bringe dieses Zeug einfach nicht mehr aus dem Netz", klagt sie. Zwar habe sie sich auf der Seite auch registriert und verfolge das Treiben des Users, der die Bilder hochgeladen hat – aber sie könne nichts dagegen unternehmen. "Er hat auf der Seite sogar einen Gold-Status und ich denke, er verdient damit sogar Geld."
Laut Anfrage beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) verstoßen Deepfakes nicht per se gegen das Gesetz und dienen nicht ausschließlich der kriminellen Anwendung. "Allerdings können Deepfake-Darstellungen je nach Einzelfall strafbare Handlungen gegen das Vermögen, gegen die Ehre und den Geheim- oder Privatbereich, Verbrechen und Vergehen gegen die Freiheit oder gegen die sexuelle Integrität darstellen", sagt Berina Repesa, Mediensprecherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD), zu "20 Minuten".
„Er hat auf der Seite einen Gold-Status und ich denke, er verdient damit sogar Geld“Porno-Opfer Anja* (39)
Zusätzlich sei bei diesem Fall sowie ähnlich gelagerten Fällen naheliegend, dass unter anderem zivilrechtliche Persönlichkeitsverletzungen sowie Verstöße gegen das Urheberrecht vorliegen könnten. Berina Repesa: "Grundsätzlich ist die Strafverfolgung der genannten Straftatbestände in kantonaler Zuständigkeit."
Gegenüber "20 Minuten" wollte jedoch weder die Kantonspolizei Zürich noch die Oberstaatsanwaltschaft mit der gemeinsamen Fachstelle für Cyberkriminalität Angaben dazu machen, wie schwer es für solche Opfer ist, Nacktbilder von sich selber – egal, ob echt oder gefakt – wieder aus dem Netz zu entfernen.
Das Fedpol sagt dazu lediglich, dass eine rechtliche Handhabe nur bezüglich Schweizer Webseiten bestehe, die verbotene pornografische Inhalte verbreiten. Den ausländischen Seitenbetreiber zu zwingen, solche Inhalte zu löschen, den User zu blockieren und die Identität des Users oder dessen IP-Adresse bekanntzugeben, dürfte schwierig werden: Die Seite, auf der die Fotos von Anja verbreitet wurden, wurde im Inselstaat Tonga registriert.
*Name geändert.