Politik

Präsident Gauck: "Deutsche nicht gleich hysterisch"

Heute Redaktion
Teilen

Gerade rechtzeitig machte das oft zitierte "Kaiserwetter" eine kurze Pause, als der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck am Donnerstag Vormittag zu seinem ersten Besuch in der Wiener Hofburg eintraf. Die zarten Wolken machten den militärischen Empfang, den Bundespräsident Heinz Fischer seinem deutschen Amtskollegen angedeihen ließ, kurz frei von der drückenden Hitze, die Berichterstatter wie Schaulustige vorher in der Enge des inneren Burghofes schwitzen hatte lassen.

Gerade rechtzeitig machte das oft zitierte "Kaiserwetter" eine kurze Pause, als der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck am Donnerstag zu seinem ersten Besuch in der Wiener Hofburg eintraf. Die zarten Wolken machten den militärischen Empfang, den Bundespräsident Heinz Fischer seinem deutschen Amtskollegen angedeihen ließ, kurz frei von der drückenden Hitze. Danach ging's an die Arbeit.
Fischer und seine Gattin Margit erwarteten den Konvoi Gaucks, der in Begleitung seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt nach Wien gekommen ist - wobei letztere in den Genuss eines präsidentialen Handkusses bester heimischer Tradition kam.
Nach dem Abspielen der beiden Landeshymnen und dem Abschreiten der Ehrenkompanie des österreichischen Bundesheeres führte das Ehepaar Fischer Gauck und Frau Schadt, deren leuchtend rotes Kleid nahezu exakt der Farbe des Teppiches entsprach, auf dem die Präsidentenpaare die Ehrenformation abschritten, unter Applaus und "Bravo"-Rufen einiger Schaulustiger in die Hofburg.
Gauck besuchte nach einem Gespräch mit dem Bundespräsidenten am Nachmittag auch Bundeskanzler Werner Faymann (S). "Das ist kein Dominanzstreben", mit diesen Worten hat Gauck zuvor die prononcierte Sparhaltung der deutschen Regierung in Berlin zur Bewältigung der gegenwärtigen Eurokrise verteidigt. Fischer überraschte mit einem Appell zur Aufrechterhaltung der intensiven deutsch-französischen Achse innerhalb der EU.
"Deutsche nicht sofort hysterisch"

Gauck begründete die im europäischem Vergleich gesunde ökonomische Situation Deutschlands am Donnerstag mit einem bilateralen Vergleich. Sowohl in Deutschland als auch in Österreich habe man "die Lasten früherer Reformen" - Gauck nannte explizit die SPD-Kanzlerschaft Gerhard Schröders - "in Vorteile umgewandelt" und die Volkswirtschaften "gerüstet". Das nunmehrige Beharren auf einen Sparkurs entspreche keinem "Dominanzstreben", sondern dem Bedürfnis nach "Solidität und Verlässlichkeit" - einem Status, den Deutschland und Österreich "unter Schmerzen" erreicht hätten und nun mit den anderen EU-Staaten "teilen" wollten.
Fischer, der im Unterschied zu Gauck die Gesetze über den Euro-Rettungsschirm und den EU-Fiskalpakt bereits unterzeichnet hat, verwies "Differenzen" zu Gauck, der mit seiner Unterschrift auf das Urteil des deutschen Verfassungsgerichtes am 12.9. wartet, ins Reich der Fabel: Im Gegensatz zu Deutschland sei in Österreich die Unterschrift des Bundespräsidenten unter dem Gesetz nötig, um - bereits angekündigte - Verfassungsbeschwerden erst zu ermöglichen.
Gauck wiederum wollte vor dem Spruch der Karlsruher Richter keinerlei inhaltliche Stellungnahme zu ESM und Fiskalpakt abgeben, sprach aber von seiner "Freude" darüber, dass die deutsche Bevölkerung nicht sofort "hysterisch" werde, wenn sich am europäischen Horizont Konfliktszenarien abzeichneten. "Noch stehen die Menschen zu Europa" mahnte Gauck aber indirekt, es gelte "die Prinzipien der Verlässlichkeit" in Europa darzustellen, um gegenüber den Bevölkerungen etwaige Autonomieabtretungen an die europäische Union argumentieren zu können.
Zum Abschluss des Wien-Besuchs stand für das deutsche Präsidentenpaar noch ein Besuch in der Nationalbibliothek am Josefsplatz auf dem Programm.