Fast drei Viertel (71 Prozent) der Kinder werden in der Bundeshauptstadt in privaten Kinderkrippen und Kindergärten betreut. Doch den Betriebsrätinnen fehlen vor allem klare Rahmenbedingungen, wie sie mit dem Coronavirus umgehen sollen: "Die Ampelschaltung ist für uns nicht nachvollziehbar", erklärte Regina Huprich, Betriebsratsvorsitzende der St. Nikolausstiftung. Wien sei auf orange gestellt, die Schulen und Kindergärten blieben aber auf gelb. "Es gibt für uns keine klaren Regeln und die Vorgaben ändern sich ständig", kritisierte sie. "Die Kolleginnen sind frustriert und teilweise absolut am Limit."
Dem pflichtete die Betriebsratsvorsitzende der Wiener Kinderfreunde, Karin Samer, bei. Man sei bei der Erstellung des Handbuchs mit Empfehlungen auch nicht eingebunden worden. Die Träger erließen teilweise selbstständig strengere Regelungen, weil es sich niemand leisten könne, in der derzeitigen Situation auch nur eine einzige Pädagogin nach Hause zu schicken. Wünschen würde man sich aber klare einheitliche und verbindliche Vorgaben, die im Kindergartenalltag auch umsetzbar seien.
Man sei mit viel zusätzlicher Arbeit konfrontiert, vom regelmäßigen Desinfizieren des Spielzeugs bis zu vermehrten Elterngesprächen. Kindergartenpädagoginnen tragen keinen Mundschutz, weil das Erkennen der Mimik bei kleinen Kindern sehr wichtig sei, und auch die Abstandsregeln könnten nicht eingehalten werden, weil Kinder gewickelt oder getröstet werden müssen. Daher sei die Sorge, sich mit dem Coronavirus anzustecken, bei ihren Kolleginnen "spürbar", so Huprich.
Seit Jahren fordern die Betriebsrätinnen und die Gewerkschaft zudem allgemeine bessere Arbeitsbedingungen. Eigentlich wären bereits öffentliche Betriebsversammlungen geplant gewesen, die aber wegen der Pandemie verschoben werden mussten, erklärte Petra Pesti, Betriebsratsvorsitzende bei "Kinder in Wien" (KIWI). Derzeit stehen in Wien beispielsweise für 25 Drei- bis Sechsjährige eine Pädagogin und eine Assistentin, die auch putzen muss, zur Verfügung. Karin Samer von den Wiener Kinderfreunden fordert daher weniger Kinder und mehr Erwachsene pro Gruppe. Statt wie derzeit 0,5 bis 0,6 Prozent soll ein Prozent des BIP für Elementarpädagogik ausgegeben werden.
Die Kindergarten-Pädagoginnen pochen auch seit Jahren auf österreichweit einheitliche Arbeitsbedingungen. Es sei "überhaupt nicht einzusehen, dass es diesen Fleckerlteppich an Qualitätsstandards gibt", meinte auch Mario Ferrari, Geschäftsführer der Gewerkschaft GPA-djp. Vieles im Kindergartenbereich ist derzeit Länder- oder Gemeindesache, es brauche aber eine "klare Zuständigkeit vonseiten des Bundes". Um Druck zu machen, soll nun eine Unterschriftenaktion gestartet werden.