Österreich

Prölls Kulturbilanz: "Das Risiko hat sich gelohnt"

Heute Redaktion
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"Kritiker meinten, kein Mensch würde zu einem Klassikkonzert nach Grafenegg fahren, heute ist es ein Eldorado": Erwin Pröll dirigierte 25 Jahre lang das kulturelle Geschehen in Niederösterreich.
"Kritiker meinten, kein Mensch würde zu einem Klassikkonzert nach Grafenegg fahren, heute ist es ein Eldorado": Erwin Pröll dirigierte 25 Jahre lang das kulturelle Geschehen in Niederösterreich.
Bild: Daniel Schaler

25 Jahre lang dirigierte Erwin Pröll das Kulturgeschehen in NÖ. Am 19. April fällt für ihn im Landhaus "der letzte Vorhang". Nun zog er Bilanz.

"Bei Grafenegg hat es anfangs geheißen: Da wird kein Mensch hingehen. Und heute können wir sagen, es ist ein Eldorado und hat internationale Strahlkraft", stellte Erwin Pröll am Dienstag bei einem Hintergrundgespräch zu "25 Jahre Kulturpolitik" fest. Schon zu Beginn seiner Tätigkeit als Landeshauptmann hatte er sich in den Kopf gesetzt, das Kulturbewusstsein zu stärken. "Das kann eine Trägerrakete für das Selbstbewusstsein von Niederösterreich sein. Das war eigentlich das Oberziel, das wir uns gesetzt haben!"

Wettlauf mit Wien um "Haus der Geschichte"

Eines seiner Motive sei die Emanzipation von Wien gewesen: "Das hat mich schon als Student gewurmt, dass man Niederösterreich in Wien als hinterwäldlerisch abgetan hat – ich habe mir gedacht: Das kann es doch nicht sein!" Dass dadurch mitunter Doppelgleisigkeiten entstehen – derzeit sind in 60 Kilometern Entfernung zwei Häuser der Geschichte in Planung – erklärte Pröll so: "Man dachte sich schon, das wird dort eh nichts. Als wir uns dann deklariert haben, sind die Wiener plötzlich aktiv geworden." Natürlich werde man sich thematisch absprechen und nicht konkurrieren. Nachsatz: "Wir eröffnen das Haus der Geschichte heuer am 9. September. Ich bin gespannt, wann wir die Eröffnung in Wien erleben werden!"

Von der Blasmusik bis zu provokanter Kunst

Für Pröll war stets beides wichtig: Das klare Bekenntnis zur Volkskultur, aber auch der Fokus auf zeitgenössische Kunst mit eigenen Formaten wie dem provokanten Donaufestival oder dem Nitsch-Museum. Niederösterreich wurde für zahlreiche Künstler wie Erwin Wurm, Peter Turrini, Daniel Spoerri und Hermann Nitsch zur kulturellen Heimat. "Man kann über Nitsch und sein künstlerisches Wirken denken was man will. Aber der Stolz darüber, dass er sich zu Niederösterreich bekennt, hat schon eine unglaubliche Breitenwirkung entwickelt", betonte der Radlbrunner.

70 Bauten wurden eröffnet

Von der Kunsthalle bis zum Festspielhaus und vom Museumsdorf bis zu den 15 Landesausstellungen – in den zurückliegenden Jahrzehnten flossen in Niederösterreich 360 Millionen Euro in Kunst und Kultur. 70 Bauten sowie 25.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche wurden errichtet. Das Kulturbudget des Landes entwickelte sich von 37 Millionen Euro im Jahr 1992 auf 130 Millionen Euro im Jahr 2016. Rückblickend haben ihm zwar einige Projekte Kopfweh bereitet, so Pröll abschließend: "Aber es hat sich gelohnt, dieses Risiko auf sich zu nehmen!" Als Top-3-Lieblingsprojekte nannte er Grafenegg, MedAustron und die Elite-Uni IST in Klosterneuburg.

Kein Gemälde für Ahnengalerie

Überraschendes Detail am Rande: Für die Ahnengalerie im Landhaus lässt Pröll kein Ölporträt anfertigen wie seine Vorgänger, sondern bevorzugt eine Fotografie. "Es ist auch eine Kostenfrage."