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Proteste in Frankreich eskalieren – Rathaus angezündet

Millionen von Menschen gingen am Donnerstag erneut gegen die Pensions-Pläne auf die Straße. Vielerorts schlugen die Proteste in Gewaltentladungen um.

Bei erneuten Protesten gegen die umstrittene Pensionsreform in Frankreich sind am Donnerstag deutlich mehr Menschen als zuletzt auf die Straße gegangen. Das Innenministerium sprach am Abend des neunten Aktionstags von 1,08 Millionen Demonstranten, die Gewerkschaft CGT meldete landesweit sogar 3,5 Millionen Teilnehmer. Vielerorts kam es zu Gewaltausschreitungen und Sachbeschädigungen, die Demonstrierenden lieferten sich Gefechte mit der Polizei.

In Bordeaux setzten die Demonstranten offenbar das Rathaus in Brand, Videos in den sozialen Medien zeigen, wie hohe Flammen an den Säülen hochzüngeln. Auch in Paris, wo das Innenministerium von 119.000 Demonstranten und die CGT von 800.000 Teilnehmern sprach, schlugen die Proteste teilweise in Gewalt um.

Proteste werden zu Flächenbrand

Pflastersteine, Flaschen und Feuerwerkskörper wurden auf Sicherheitskräfte geworfen, außerdem wurden Schaufenster und Bushaltestellen zerstört. Nach Angaben von Innenminister Gérald Darmanin waren rund 12.000 Polizisten im Einsatz – 5.000 davon alleine in Paris. Die Polizei setzte bereits am Nachmittag Tränengas ein, alleine in der Hauptstadt sollen bereits mehr als 234 Polizisten verletzt worden sein.

Aktivisten blockierten am Donnerstag einzelne Bahnhöfe, Straßen und auch einen Teil des Pariser Flughafens Charles-de-Gaulle, wie Medien berichteten. Mehrere Menschen wurden festgenommen.

Regierung ließ Parlament außen vor

Es war der erste Protesttag gegen die Reform, seit Premierministerin Elisabeth Borne auf Anweisung Macrons zur Durchsetzung der Reform auf den Verfassungsparagrafen 49.3 zurückgegriffen hatte. Demnach kann ein Gesetz ohne Schlussabstimmung im Parlament verabschiedet werden, wenn die Regierung ein anschließendes Misstrauensvotum übersteht. Am Montag war die Regierung bei einem solchen Votum knapp ihrem Sturz entgangen. Die Reform sieht insbesondere vor, das Renteneintrittsalter bis 2030 von 62 auf 64 Jahre anzuheben.

Die Streik- und Protesttage waren wochenlang überwiegend friedlich verlaufen. In den vergangenen Tagen kam es aber bei spontanen Demonstrationen immer öfter zu Gewalt. "Wir wollen nicht-gewaltvolle Aktionen, die Güter und Menschen respektieren", forderte Laurent Berger von der Gewerkschaft CFDT.

Sorge vor einer weiteren Eskalation

Wie er in einem Interview mit der "Neuen Zürcher Zeitung" sagt, drückte der Meinungsforscher und Soziologe Hugo Touzet seine Sorge über diese Entwicklung aus: "Hunderte wurden in den letzten Tagen verhaftet, die Polizei hat Schlagstöcke und Tränengas eingesetzt. Es machen Videos davon die Runde, wie die Polizei offenbar ohne Grund auf Demonstrierende einprügelt. Ich befürchte, dass sich dadurch die Proteste weiter radikalisieren."

Die Regierung gieße in dieser Situation noch weiter Öl ins Feuer, indem Macron etwa die Protestbewegung mit dem Sturm aufs Capitol in Washington am 6. Januar 2021 verglichen habe. Dabei sei die Bewegung breit getragen, die Proteste würden von allen Schichten befürwortet. "Sie sind nicht einverstanden damit, dass die Rentenreform nicht nur über ihre Köpfe hinweg, sondern auch an den Parlamentariern vorbei beschlossen wurde", so Touzet.

Was derzeit abgehe, vereine "alle Protestformen der letzten Jahre", inklusive der Gelbwesten-Bewegung. "Das alles ist eine explosive Mischung", sagt er. "Ich will nicht den Teufel an die Wand malen, aber wenn die Gewaltspirale einmal angefangen hat zu drehen – und das ist bereits der Fall –, dann ist es nicht einfach, sie zu stoppen."

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