Österreich

Biker fuhr Polizisten um: Prozess auf Herbst vertagt

Heute Redaktion
Teilen
Picture
Bild: Denise Auer

Erdinc. A raste im Vorjahr einen Polizisten um, der Mann lag zwei Wochen im Koma. Kurios: Am Mittwoch platzte der Prozess, weil ein Gutachter nicht erschien!

Prozess gegen Erdinc A. (30) am Mittwoch. Der gebürtige Türke hatte letzten Herbst bei einer Verfolgungsjagd mit der Polizei einen Beamten niedergefahren und schwer verletzt – wir berichteten. Die Verhandlung wurde am Nachmittag auf Oktober vertagt, weil ein Sachverständiger nicht erschienen war. Doch der Reihe nach: Geknickt schlurfte der wesentlich jünger aussehende Angeklagte Mittwoch um Punkt 9 Uhr in den Gerichtssaal. Dieser war randvoll mit Zusehern und Journalisten gefüllt. Alle wollten wissen: Hat Erdinc A. es bei seiner Flucht am 22. September in Wien-Floridsdorf bewusst in Kauf genommen, Menschenleben auf's Spiel zu setzen?

"Ich liebe Motorräder, als ich das Bike meines Bruders gesehen habe, erinnerte ich mich an meine alten Jugendtage. Ich wollte es nur kurz zur Werkstatt fahren. Da sah ich das Schild eines anderen Motorrads und kopierte die Nummer der Kennzeichentafel. Ich wollte nur ein bisschen rumfahren", rechtfertigte sich der Angeklagte für seine Spritztour. Vertreten wurde er von Anwalt Manfred Arbacher-Stöger.

In Widersprüchen verwickelt

Auf der Tankstelle sei ihm aufgefallen, dass er ins Visier der Gesetzeshüter geraten war – worauf er auf das Motorrad hüpfte und Gas gab. "Ich wollte keinen Ärger auf meinem Freigang", so Erdinc A. Eine Verfolgungsjagd mit der Polizei war die Folge.

In der Rußbergstraße (Wien-Floridsdorf) raste er dann mit der 175 PS-Maschine den Gruppeninspektor Anton F. (52) nieder. Laut Aussagen der Augenzeugen wurde der Beamte bis zu 20 Meter durch die Luft geschleudert.

"Ich weiß nur, dass ich immer wieder nach hinten geblickt habe, plötzlich stand dieser Mann vor mir. Zum Bremsen war es schon zu spät. Den Mann vor mir hab ich nicht einmal als Polizisten erkennen können. Den Lenker hab ich nach links gerissen um noch an ihm vorbeizukommen. Danach war alles schwarz."

Der Angeklagte gab an, in Panik geraten zu sein, als er das Blaulicht gesehen hatte: "Ich wollte niemanden verletzen. Ich wollte einfach weg von der Polizei, damit ich das Bike irgendwo stehen lassen und weglaufen kann."

Auch das Opfer sagte aus: Gruppeninspektor Anton F., welcher den Freigänger stoppen wollte, hat keinerlei Erinnerungen an den Unfall. Er musste vor Ort reanimiert werden und verbrachte über zwei Wochen im Koma. Die Ärzte schätzten seine "Überlebenschancen auf 5 bis 10 Prozent". Wie durch ein Wunder überlebte der Beamte, ist seither aber berufsunfähig.

Zeugen waren sich uneinig

Anhand der Zeugen-Aussagen bleibt der Unfallhergang weiterhin rätselhaft. Eine Zeugin, welche die Tragödie aus der Nähe beobachtete, sagte: "Der Polizist ging von der Seite auf ihn zu, weil er zuerst geglaubt hat, der Motorradfahrer hätte abgebremst. Dann beschleunigte er aber, weil er zwischen Fahrbahn und Verkehrsinsel noch eine Lücke gesehen hat." Andere wiederum gaben zu Protokoll, der Polizist hätte nicht aktiv versucht den Fluchtfahrer aufzuhalten. Beim Aufprall soll die Geschwindigkeit 95 km/h betragen haben.

Zu einem Urteil wird es nun erst im Oktober kommen, wenn auch der Sachverständige ausgesagt hat.

(bai)