Österreich

Prozess gegen steirischen Arzt wird neu aufgerollt

Der Prozess gegen einen oststeirischen Arzt, dessen Familie behauptet jahrelang durch ihn misshandelt worden zu sein, muss jetzt wiederholt werden.

Heute Redaktion
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 Der Angeklagte (M.) vor Richter Andreas Rom vor Prozessbeginn wegen Quälens und Vernachlässigens von Minderjährigen am Freitag, 13. Jänner 2017, am Straflandesgericht Graz.
Der Angeklagte (M.) vor Richter Andreas Rom vor Prozessbeginn wegen Quälens und Vernachlässigens von Minderjährigen am Freitag, 13. Jänner 2017, am Straflandesgericht Graz.
Bild: Erwin Scheriau

Eduard L., jener steirische Arzt mit prominenten Polit-Bruder der sich erst kürzlich vor Gericht wegen des Vorwurfs des Quälens seiner eigenen Kinder verantworten musste, steht eine Neuauflage des Prozesses ins Haus. Nachdem der steirische Arzt in einem Ersturteil nicht rechtskräftig freigesprochen worden war, legte die Staatsanwaltschaft umgehend Berufung gegen das Urteil ein. ("Heute" berichtete) Nachdem der Akt jetzt vom Oberlandesgericht Graz überprüft wurde entschieden die dortigen Richter auf eine zwingende Neuauflage des umstrittenen Prozesses.

Nägel in Penis gerammt

Die Vorwürfe gegen Eduard L. sind absolut schwerwiegend: So soll er seine Familie unter anderem dazu gezwungen haben, verdorbene Lebensmittel zu essen. Mit einer der Töchter habe er "geschmust", einer anderen Tochter habe er als Neunjährige eine geladene Waffe "zur Verteidigung vor Einbrechern" gegeben.

Beim Prozess am Landesgericht in Graz gab der Beschuldigte sogar zu, sich absichtlich einen Schraubenzieher in den Bauch gerammt zu haben, den eines der Mädchen herausziehen musste. Er habe sich Nägel in den Penis geschlagen (davon gibt es bizarrerweise sogar ein Foto) und sein Sohn musste ihm mit zehn Jahren Spritzen setzen. Eduard L. soll außerdem seinen Sprösslingen auch schon früh Zigaretten gegeben haben, damit sie später keine Lust mehr aufs Rauchen entwickeln würden.

Famliendrama nur ein "verspäteter Rosenkrieg"?

Die Kinder wünschten sich, dass sie nach dem Prozess endlich mit dem Thema abschließen könnten. Sie seien stark traumatisiert. Mit dem Erst-Urteil haben sie in keiner Form gerechnet.

Das Gericht sah in dem Prozess jedoch einen "verspäteten Rosenkrieg". Die Frau hätte mit den Kindern versucht, dem Mann Taten anzuhängen, die so gar nicht passiert seien. Richter Andreas Rom begründete sein Urteil folgendermaßen: "Es ist zwar in der Familie viel passiert, aber aus den Akten und den heutigen Aussagen findet man keinen Anhaltspunkt, dass die Handlungen mit derartiger Intensität begangen wurden, dass es strafbar ist."

Gericht ignorierte "erhebliche Beweisergebnisse"

Die Gründe für die Neuauflage des Prozesse liegen in der extrem selektiven Art, in der das Gericht unter der Leitung von Richter Andreas Rom Beweise gewürdigt hatte, bestätigte jetzt das Oberlandesgericht Graz. In dem Prozess sei es zu einer Vielzahl von Zeugenaussagen und Opfern gekommen, von denen einige jedoch vom Gericht, ohne ausreichende Begründung, schlichtweg ignoriert worden waren. Das Verfahren sei daher aber mangelhaft gewesen und müsse jetzt wiederholt werden, so die OLG-Sprecherin Elisabeth Dieber.

Fest steht auch, dass Richter Andreas Rom, der wegen seiner kontroversen Urteilsbegründung zum Abschluss des ersten Verfahrens auch von Rechtsexperten aus Justiz und Politik aufs Schärfste kritisiert worden war, im neuen Prozess keine Rolle mehr spielen wird. Der neue Prozesstermin und Richter sind jedoch noch nicht bekannt. Lediglich der Ort der Prozessaustragung steht mit dem Straflandesgericht Graz bereits fest.

(mat)

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