Nach Messerstich bat Opfer um Milde für Ex-Frau

Als Erich G. (57) im November den Notruf wählte, steckte ein Messer in seinem Rücken. Am Mittwoch stand seine Ex-Frau (59) wegen Mordversuchs vor Gericht.

Beim Start ins Leben von Lieselotte G. (59) schien nie die Sonne: tristes Elternhaus, Sonderschule, mit 15 verheiratet, mit 21 geschieden, alkoholkrank, nach zwei Entzügen mit 29 trocken.

Dafür wurde der Himmel für die Wienerin blau. Denn sie traf Erich, und die Lovestory mit ihrem zweiten Gemahl dauerte fast 30 Jahre. Lieselotte zog seine Tochter aus einer früheren Beziehung groß, war immer berufstätig und trug so zur Eigentumswohnung bei, die bis zur Pension des Paares ausbezahlt sein sollte.

Doch 2017 war Erich plötzlich weg (bei einer Jüngeren) – und nach der Scheidung (2018) auch die Wohnung. Zurück blieb Lieselotte. Einsam, gekränkt und verzweifelt "begann ich wieder zu trinken", flüsterte sie gestern vor Gericht. Die Angeklagte kam vom Ex-Partner nicht los, kontaktierte ihn oft ("Ich wollte ihn zurück"), um dann doch nur zu streiten.

"Sie ist eine gute Frau"

Bei einem Treffen am 12. November ging sie betrunken mit einem Messer auf ihn los. Die Klinge traf ihn im Rücken und blieb in seiner Winterjacke stecken – laut Anklage ein Mordversuch. Gutachter Christian Reiter aber schwächte ab: "Die Verletzung war nicht imposant. Die Wunde musste nicht einmal genäht werden."

Und auch Opfer Erich überraschte: "Strafen Sie bitte milde", wandte er sich mit einem Kloß im Hals an die Geschworenen: "Sie ist eine gute Frau. Ich habe ihr mehr wehgetan als sie mir." Lieselotte G. schluchzte auf.

Trost für sie aber dann das Urteil: keine Tötungsabsicht, zwei Jahre teilbedingt wegen Körperverletzung. Nur acht Monate muss die Wienerin ins Gefängnis.

Die Bilder des Tages: