Monatelang sollen sich mehrere Jugendliche an der damals 12-jährigen Anna-Sophia (Name geändert) vergangen haben. Einer der Burschen, ein mittlerweile 17-jähriger Syrer, musste sich bereits vor Gericht verantworten. Vom Tatvorwurf der Vergewaltigung wurde der Jugendliche jedoch im Zweifel freigesprochen. Die zuständige Richterin kam zum Schluss, dass die "innere Ablehnung" des Mädchens gegenüber den Handlungen, nicht zwingend für den Angeklagten erkennbar gewesen sein müssen. Zudem konnte vor Gericht nicht geklärt werden, ob bei den vorgeworfenen Handlungen auch Gewalt angewendet worden sei.
Die vorsitzende Richterin musste seither vor allem in den Sozialen Medien heftige Kritik einstecken. Aufgrund des anhaltenden Shitstorms meldet sich nun Gerichtspräsident Friedrich Forsthuber zu Wort. Wie er gegenüber dem ORF klarstellt, seien bei den Anfeindungen "in mehrfacher Hinsicht rote Linien überschritten worden". Dies sei aus Sicht des 61-Jährigen "sehr beunruhigend".
"Dadurch wird ein Druck aufgebaut, der die Justiz und die unabhängige Rechtsprechung in Gefahr bringt", erklärt der Präsident des Landesgerichts für Strafsachen Wien weiter. Die emotionalen Anfeindungen weise er mit aller Deutlichkeit zurück.
Die Entscheidung der Vorsitzenden des Schöffengerichts sei in den Sozialen Medien teilweise verzehrt dargestellt worden. Zudem sei das Urteil auch durch Umstände getroffen worden, die im nicht öffentlichen Teil des Gerichtsprozesses bekannt wurden. "Da das Beweisverfahren zum Schutz des Opfers vor Eingriffen in die Persönlichkeitsrechte zur Gänze unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden musste, können und werden diese Details auch nachträglich nicht bekanntgegeben", stellt Forsthuber klar.
"Wenn Personen oder Gruppierungen aus persönlichen oder gar politischen Motiven durch aus dem Gesamtkontext der Urteilsverkündung herausgelöste Zitate Fehlinterpretationen in sozialen Medien provozieren und die vorsitzende Richterin sogar persönlich attackieren, gefährden sie damit nicht nur diese. Dann sind auch die Grundlagen unseres demokratischen Rechtsstaats gefährdet", schildert der Gerichtspräsident abschließend.