Politik

Reaktionen auf das Wehrpflicht-Ergebnis

Reaktionen zur Bundesheer-Volksbefragung. Was sagen SPÖ, ÖVP, die Opposition und Experten zum Ergebnis der ersten bundesweiten Volksbefragung?

Heute Redaktion
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SPÖ-Chef und Bundeskanzler Werner Faymann hat am Sonntagabend versichert, dass das Ergebnis der Bundesheer-Volksbefragung ab Montag umgesetzt wird. In Verteidigungsminister Norbert Darabos habe er weiterhin vollstes Vertrauen. Mit ernster Miene kommentierte der SPÖ-Vorsitzende den Ausgang der Befragung. Das Ergebnis nimmt er "sehr ernst". In vielen Fragen sei es "richtig", dass die Regierung Entscheidungen trifft, in der Frage über die Zukunft des Bundesheeres habe sich aber dieses Instrument der direkten Demokratie bewährt, das zeige die Teilnahme, so der Kanzler.

Der für die nun anstehende Reform der Wehrpflicht zuständige Minister heiße Darabos, hielt Faymann fest: "Ich habe volles Vertrauen zu ihm." Weiters erklärte er: "Heute hat keine Befragung stattgefunden für oder gegen einen Minister oder eine Regierung." "Jawoll", meinte er auf die Frage, ob Darabos bis zur Nationalratswahl im Amt bleiben wird. Den Ausgang der Volksbefragung begründete der Kanzler so: "Weil der Bürger, die Bürgerin diese Meinung vertritt." Man habe als Partei ausreichend Zeit gehabt, die Bedenken gegen das derzeitige System zu äußern bzw. die Vorschläge vorzubringen. "Das Volk, der Souverän hat entschieden."

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter: "Wir haben die Entscheidung der Bevölkerung selbstverständlich zur Kenntnis zu nehmen. Es zeichnet sich doch eine Mehrheit für die Beibehaltung des derzeitigen Systems ab, auch wenn Wien noch nicht ausgezählt ist. Die Volksbefragung hat aber nichts mit den Wahlen zu tun. Das Ergebnis wird uns nicht daran hindern, weiterhin auf den Reformkurs zu setzen. Manche Dinge dauern eben länger."

SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos: "Das war keine Abstimmung über meine Person. Ich werde im Amt bleiben. Das Ergebnis ist zu akzeptieren und wird umgesetzt. Ich bin natürlich enttäuscht. Die Reform der Wehrpflicht jetzt umzusetzen ist natürlich nicht leicht. Mir wäre die Umsetzung eines neuen Systems lieber gewesen, als ein altes System schwer zu ändern."

Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat am Sonntagabend den Ausgang der Volksbefragung und damit die Ablehnung seines Motivs für ein freiwilliges Sozialjahr akzeptiert: "Das ist halt so", meinte er gegenüber Journalisten im Kanzleramt. Es sei nicht geglückt, das SPÖ-Modell umzusetzen. Sein SPÖ-Kollege Norbert Darabos solle jedenfalls weiterhin im Amt bleiben.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat sich erfreut über den Ausgang der Volksbefragung pro Wehrpflicht gezeigt. "Das ist ein Sieg für Österreich" und für die Sicherheit, sagte sie nach der Verkündung des Ergebnisses in der Hofburg vor Journalisten. Auf Nachfrage sah die Innenministerin freilich auch einen "Sieg für die ÖVP". Mikl-Leitner will nun morgen Gespräche mit der SPÖ beginnen und eine Reform des Grundwehrdienstes bis Herbst umgesetzt sehen.

Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger hat sich hoch erfreut über den Ausgang der Volksbefragung zur Wehrpflicht gezeigt: "Wir können mehr als dankbar sein". Wenn die Österreicher etwas entscheiden müssten, gäbe es immer ein gutes Ergebnis. Indirekt reklamierte Spindelegger das Ergebnis auch als Wahlerfolg für die Volkspartei: "Wenn die ÖVP will, kann sie auch geschlossen kampagnisieren". Das Ergebnis übertreffe sogar die Erwartungen, er sei dankbar und demütig, sagte Spindelegger und kündigte an, dass man bereits morgen mit der Reform des Bundesheeres beginnen werde.

ÖVP-Vizeparteichef Reinhold Mitterlehner erkennt im vorläufigen Ergebnis der Bundesheer-Volksbefragung einen "Schwung" für die ÖVP im anstehenden Superwahljahr. "Ich sehe es demokratiepolitisch sehr positiv", weil die Beteiligung über den Annahmen der Meinungsforscher gelegen sei, so der Wirtschaftsminister. Ebenso positiv sei, dass es eine "klare Sachentscheidung", einen "klaren Auftrag" gebe. Als nächsten Schritt müsse man nun die Reform angehen. Das Ergebnis spreche auch für die Reife der Bevölkerung, die sich im Vorfeld nicht beeinflussen habe lassen.

ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch: "Als Sieg der ÖVP wollte der Generalsekretär die Volksbefragung nicht werten. Es habe sich nämlich um eine Grundsatzentscheidung zwischen Wehrpflicht und Berufsheer gehandelt. Es sei aber besser, mit einem solchen Ergebnis als mit einem anderen in ein Wahljahr zu starten.

Zu erwarten war das Ergebnis für Seniorenbund-Obmann Andreas Kohl. Als Motiv der Österreicher vermutete er eine "Mischung aus Patriotismus, Heimatliebe und Kostendenken". Zur Frage, ob Darabos eine Reform selbst noch umsetzen sollte, meinte Kohl:: "Wenn er es sich zutraut."

FPÖ-Chef Heinz Christian Strache, einem Befürworter der Wehrpflicht, ist der Ausgang der Bundesheer-Volksbefragung ein "großartiger Tag für Österreich" und ein starkes Zeichen für Eigenverantwortung. Vor Journalisten forderte Strache Sonntagnachmittag in der Hofburg den Rücktritt von Verteidigungsminister Norbert Darabos. Die Wahlbeteiligung zeige Interesse, erklärte Strache. Die Menschen wollten kein Stillstand oder Hick-Hack. Gefragt, ob es nun trotz Beibehaltung der Wehrpflicht Reformen geben könne, meinte Strache, die Menschen "wollen reformieren statt demontieren". Darabos müsste nun zurücktreten, denn ihm traue niemand zu, Reformen sicherzustellen.

Der Leiter des ÖVP-Personenkomitees für die Wehpflicht, Veit Sorger, sieht im voraussichtlichen Votum der Österreicher gegen ein Berufsheer einen "Sieg der Vernunft". Bestätigten sich die bisherigen Ergebnisse, gäbe es einen klaren Auftrag für die Zukunft. Was Verteidigungsminister Norbert Darabos nun tun sollte, wollte Sorger nicht beantworten. Dies müsste der Ressortchef selbst entscheiden.

Hannes Androsch, Vorsitzender des Pro-Berufsheer-Komitees, hat sich etwas zerknirscht gezeigt: "Es freut mich nicht", erklärte er zum voraussichtlichen Votum für die Beibehaltung der Wehrpflicht. Das Ergebnis "war nicht überraschend. Angesichts der kurzen Vorbereitungszeit konnte man nicht die emotionalen Nebelgranaten abwenden", meinte Androsch. Die Sicherheitspolitik etwa sei ausgeblendet worden im Vorfeld, kritisierte er Aussagen der ÖVP wie etwa, "Die Rettung kommt nicht". Wie im Bereich der Umwelt- und Energiepolitik sei Österreich aber ein "Nachzügler" und das Ergebnis nicht "in Stein gemeißelt", so der Berufsheer-Verfechter.

Die Grünen machen den "unklaren Kurs der SPÖ" für das sich abzeichnende Ergebnis der Volksbefragung für die Beibehaltung der Wehrpflicht verantwortlich. Bundessprecherin Eva Glawischnig meinte, die SPÖ habe keine einheitliche Linie vertreten und ihren Schwenk zum Berufsheer nicht überzeugend argumentiert. Das habe "sehr geschadet". Die Grünen hätten hingegen eine eindeutige Linie gehabt und "keine Fehler" gemacht und auch nicht die "manipulative Fragestellung" formuliert. Die Grünen hätten sich ein anderes Ergebnis erhofft, würden das nun vorliegende aber "selbstverständlich akzeptieren".

Glawischnig hat nun "die große Sorge", dass sich beim Bundesheer nichts ändert und "Alles beim Alten bleibt". Vor allem bei der ÖVP hat die Grüne Bundessprecherin die Sorge, dass diese nun zur Tagesordnung übergehen will. Die Grünen würden nun in erster Linie der ÖVP "sehr genau auf die Finger schauen", ob sie zu Reformen bereit sei.

Generalstabschef Edmund Entacher hat sich über den Ausgang der Volksbefragung pro Wehrpflicht erfreut gezeigt. Das sei die beste Lösung für das Bundesheer, und nur das sei für ihn das Ausschlaggebende gewesen. Für ihn sei "im Mittelpunkt immer nur das Funktionieren des Bundesheeres" gestanden und nicht mit der Konflikt mit dem Minister, sagte der höchste Offizier des Bundesheeres.

Was die künftige Zusammenarbeit mit Minister Norbert Darabos betrifft, gab sich Entacher gelassen. An den Generalstab und ihn als Person werde es nicht scheitern. "Wir wollen nur ein funktionierendes Bundesheer und sonst nichts", sagte Entacher, der im März in Pension geht. Über das Ergebnis der Volksbefragung sei er "froh". "Ich freue mich aufrichtig, fast wie ein Schneekönig." Er freue sich über den Erfolg, weil die Bevölkerung damit auch "wieder einmal dem Boulevard widerstanden hat". Das Ergebnis sei "die beste Lösung für das Bundesheer".

"Die SPÖ hat es absolut vergeigt", sagte BZÖ-Obmann Josef Bucher. Sie habe es nicht geschafft, die Alternativen zur Wehrpflicht deutlich zu machen.

Das Team Stronach sah das Resultat als "Abstimmung gegen Reformen".

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Wiens Bürgermeister Michael Häupl betonte in einer ersten Reaktion: "Als Demokrat habe ich das zur Kenntnis zu nehmen, auch wenn ich anderer Meinung bin.“ Ob er enttäuscht ist, wollte er nicht sagen, denn: "Es ist wie es ist", Emotionen hätten da gar nichts verloren, sagte er vor Journalisten in der SPÖ-Zentrale in der Löwelstraße, wo er die Hochrechnungen und Ergebnisbekanntgabe verfolgte.

Für ihn sei es kein Fehler gewesen, vor gut zwei Jahren - kurz vor der Wien-Wahl 2010 - die Heeresdebatte losgetreten zu haben: „Ich bereue das überhaupt nicht, denn für mich war diese Diskussion eine lebensbegleitende Diskussion und jetzt ist sie einmal entschieden.“ Er betonte weiters: „Für mich ist völlig klar: Das war es wert, weil nun ist eine Entscheidung getroffen.“ Selbstverständlich trage er die Verantwortung dafür mit. Dem Ergebnis sei Rechnung zu tragen, aber auf Basis dieses Entscheids brauche es nun eine Reform des Bundesheeres und des Zivildienstes.

Erwin Pröll, Landeshauptmann in Niederösterreich, ist vom Ergebnis begeistert: "Eine derartige Klarheit spricht für die Sicherheit und den Zusammenhalt in unserem Staat. Niederösterreich hat mit dem Ergebnis und der hohen Wahlbeteiligung von 62 bis 63 Prozent gezeigt, dass seine Bevölkerung eine demokratische Reife besitzt."

Der steirischen Landeshauptmann Franz Voves meinte, er hätte es "viel lieber gesehen, wenn die Bundesregierung diese wichtige sicherheits- und gesellschaftspolitische Frage nach intensiver Diskussion mit Experten und betroffenen Institutionen auf politischer Ebene einer Entscheidung zugeführt hätte. Konsequenterweise möchte ich das Ergebnis daher auch nicht öffentlich kommentieren." Voves meinte weiters, er habe "stets die parteipolitisch motivierte Inszenierung dieses komplexen Themas abgelehnt. Ich bin der Meinung, dass diese wichtige Frage nicht so kurzfristig einer Volksbefragung zugeführt werden hätte sollen".

Vorarlbergs ÖVP-Chef Landeshauptmann Markus Wallner nannte am Sonntagnachmittag das deutliche Votum für die Wehrpflicht einen klaren Auftrag des Bürgers, das System auf Basis der Wehrpflicht zu reformieren. Eine Auswirkung auf die Koalition in Wien müsse das Ergebnis der Volksbefragung nicht haben, "man soll das demokratisch zur Kenntnis nehmen", so Wallner.

Der frühere Verteidigungsminister und jetzige Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (V) hat sich in einer ersten Reaktion "sehr zufrieden" über den Ausgang der Volksbefragung gezeigt. Er sehe das Ergebnis als Handlungsauftrag, "eine echte Reform der Landesverteidigung in Angriff zu nehmen“, erklärte er in einer Aussendung. Es gehe um ein effizientes Bundesheer und um weitere Verbesserungen beim Zivildienst. Das Bundesheer müsse seinen militärischen Aufgaben genauso gerecht werden wie den Herausforderungen beim Katastrophenschutz. Mit dem Ergebnis der Volksbefragung bleibe auch der Zivildienst als Teil der umfassenden Landesverteidigung erhalten, meinte Platter.

Wie Kärntens Landeshauptmann und Katastrophenschutzreferent Gerhard Dörfler feststellt, habe nun das monatelange Geplänkel und jämmerliche Schauspiel innerhalb der Bundesregierung endlich ein Ende gefunden: "Die Kärntner Bevölkerung hat nun ein klares Zeichen der Ablehnung gegen diese erbärmliche "Unsicherheitspolitik" rund um das Österreichische Bundesheer gesetzt. Die Bürgerinnen und Bürger in unserem Bundesland haben mit dem klaren Ergebnis von 65,1 Prozent für die Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht und des Zivildienstes ein klares und unmissverständliches Zeichen in Auftrag gegeben", erklärt Dörfler.