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Für Erdogan wird es am Sonntag eng

In der Türkei finden am Sonntag Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt. Erdogan gilt als Favorit, doch die Opposition ist stark.

Heute Redaktion
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Noch nie fanden in der Türkei die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen am selben Tag statt. Präsident Recep Tayyip Erdogan hofft dabei auf ein weiteres Mandat im Präsidentenpalast in Ankara und eine neue Mehrheit für seine islamisch-konservative AKP in der Nationalversammlung. Der langjährige Staats- und Regierungschef geht als Favorit in die Wahl. Das Umfrageinstitut Gezici sah die AKP am Donnerstag bei 43,6 Prozent Zustimmung.

Doch die Opposition ist stark. Ihre Kandidaten sind ernst zu nehmen und bieten wirkliche Alternativen. Der Ausgang erscheint offen. Drei mögliche Szenarien:

• Die AKP verliert das Parlament

Das Referendum über das Präsidialsystem hat gezeigt, dass fast die Hälfte der Türken eine weitere Stärkung der Macht Erdogans ablehnt. Insbesondere wenn die prokurdische HDP über die 10-Prozent-Hürde gelangt, dürfte dies der AKP die Mehrheit kosten. Es wäre daher möglich, dass die Türken Erdogan im Amt bestätigen, aber seiner AKP eine Mehrheit im Parlament verweigern.

Wenn er die absolute Mehrheit in der ersten Runde verfehlt, müsste er am 8. Juli in die Stichwahl – vermutlich gegen Muharrem Ince, den Kandidaten der säkularen CHP, der sich im Wahlkampf gut geschlagen hat. "In diesem Szenario würde Präsident Erdogan die Präsidentschaftswahlen spätestens in der zweiten Runde für sich entscheiden", so Türkei-Experte Brakel.

Ein harter Schlag wäre es dennoch: Obwohl der Präsident mit dem neuen Präsidialsystem viel ohne das Parlament entscheiden kann, müsste er etwa beim Haushalt mit der Opposition kooperieren. Ob er dies hinnehmen würde oder neu wählen ließe, ist unklar.

Wahrscheinlichkeit laut Brakel: hoch

• Erdogan gewinnt klar

Wenn Erdogan die Präsidentschaftswahl in der ersten Runde gewinnt und auch eine Mehrheit im Parlament erhält, ist sein Kalkül voll aufgegangen, mit den vorgezogenen Wahlen die Opposition zu überrumpeln. In diesem Fall profitiert er von den erweiterten Befugnissen unter dem Präsidialsystem, das bei einem umstrittenen Volksentscheid im April 2017 mit knapper Mehrheit gebilligt worden war und nach der Wahl voll in Kraft tritt. Da in diesem Fall Erdogans Macht auf lange Sicht gesichert wäre, könnte er die Zügel etwas lockerlassen, sich aber auch in seinem harten Kurs bestärkt sehen.

Bei einem solchen Ausgang sei der Anreiz für die Opposition groß, "die Wahlen nicht anzuerkennen", schreibt Kristian Brakel, Türkei-Experte bei der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in seiner jüngsten Analyse.

Die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios stuft Brakel als mittel ein.

• Die Opposition gewinnt

Sollte die Opposition die Parlamentswahl gewinnen, könnte dies bei einer Stichwahl eine Dynamik zu ihren Gunsten erzeugen. Wenn der Oppositionskandidat dann siegt, hätte dies einen tiefgreifenden Kurswechsel in der Türkei zur Folge. Die Opposition hat versprochen, das Präsidialsystem wieder zurückzunehmen, den Ausnahmezustand aufzuheben, inhaftierte Journalisten freizulassen und das Verhältnis zum Westen zu kitten. Allerdings gibt es Sorgen, dass nicht alle AKP-Anhänger einen Machtwechsel akzeptieren und sich mit der Oppositionsrolle abfinden würden.

Gewalttätige Auseinandersetzungen schließt Brakel bei diesem Szenario angesichts der stark polarisierenden Stimmung nicht aus. Die Wirtschaft würde darauf zwar vorsichtig optimistisch reagieren. "Es ist aber unklar, ob die neue Regierung die nötige Stärke für eine mittelfristige Beruhigung der wirtschaftlichen Situation aufbringen würde", so Brakel. "Allein der politische Wechsel wird nicht ausreichen, um dringend benötigte Investitionen anzuziehen."

Die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios stuft der Türkei-Experte als niedrig ein.

Drei Tage vor den Wahlen hat Erdogan ein weiteres Szenario gezeichnet. Er hat erstmals öffentlich die Möglichkeit einer größeren Koalition in Betracht gezogen, sollte seine AKP die absolute Mehrheit im Parlament verfehlen. Dem Radiosender Kral FM sagte er in der Nacht auf Donnerstag: "Falls es weniger als 300 (Parlamentssitze) werden, würden wir uns vielleicht nach einer Koalition umsehen."

Die Wahrscheinlichkeit dieses Falls nennt Erdogan gleich selber: "Sehr, sehr gering."

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    (kko/afp)

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